Die Landtags-Streams und der hessische Sonderweg

Gastbeitrag/Cross-Post von Gregor Landwehr

In Hessen soll der Privatsender FFH künftig die Landtagsdebatten übertragen – auf einer externen Internetseite und mit eingebundener Werbung. Mit dieser eigenwilligen Konstruktion des Streamings stehen die Hessen alleine da. Alle anderen Landesparlamente bieten die Übertragungen auf Ihrer Seite an, oder über öffentlich-rechtliche Partner. Nur in Brandenburg gibt es noch keine Livestream aus dem Parlament. Ein Überblick.

Einige Landesparlamente haben auf ihren Internetseiten bereits ganze Mediatheken zusammengestellt. Dort kann man sich einzelne Reden oder ganze Debatten als Videos anschauen und nach Rednern oder Stichworten suchen. Fast alle bieten einen Livestream an, also die Möglichkeit, sich eine Übertragung der Landtagsdebatten über einen Livestream anzuschauen. Nur in Brandenburg gibt es diesen Service bislang noch nicht, aber spätestens mit dem anstehenden Umzug des Parlaments soll sich das ändern.

teaser_livestreamIn der Regel sind in den Plenarsälen Kameras fest installiert, darüber organisiert die Landtagsverwaltung die Übertragung. Für das Streaming selbst gibt es in einigen Parlamenten einen Dienstleister. Die andere Variante ist die Übertragung durch einen Partner, wie einen Öffentlich Rechtlicher Sender. Diese Variante gib es etwa im Saarland oder in Niedersachsen. InBremen übernimmt einen Lokalsender die Übertragung. Nur in Hessen ging man einen anderen Weg: Dier Übertragung wurde hier an den Privatsender FFH vergeben.

Privatisierte Debatten ?

„Der Ältestenrats des Hessischen Landtags hat am 13.11.2012 entschieden, einen Livestream mit der Radio/Tele FFH GmbH Co. Betriebs-KG umzusetzen“, erläutert Heike Dederer, Pressesprecherin des Landtags. Als weiter Anbieter sei noch der Hessische Rundfunk in der Auswahl gewesen. Ob es eine Ausschreibung gab ließ die Sprecherin offen. So bekam der Privatsender die Aufgabe, die Landtagsdebatten zu übertragen.

Der Sender FFH übernehme die „technische Organisation“ und platziere den Video Player auf einer gesonderten Internet-Seite. Diese gesonderte Internetseite befindet sich unterwww.ffh.de/landtaghessentv – inklusive Senderlogo, der Navigation des Senders und Onlinewerbung.
„Der Hessische Landtag verlinkt auf diese Seite“, so Heike Dederer. Das Signal stelle der Landtag zur Verfügung. „Die Einrichtungskosten teilen sich FFH und der Landtag hälftig. Die Kosten der DSL-Verbindung trägt der Landtag, nicht jedoch die Streamingkosten.“ Über die genauen Kosten will die Landtagsverwaltung nichts sagen.

Screenshot von FFH.de mit Sender-Logo und Display-Werbung für Online-Partnerbörsen und Private Krankenversicherungen.

Screenshot von FFH.de mit Sender-Logo und Display-Werbung für Online-Partnerbörsen und Private Krankenversicherungen.

Wird im Umfeld der Übertragung Werbung eingebunden werden? „Auf der Landingpage bei FFH erscheint beim Aufruf der Schriftzug des Providers, nicht jedoch im Bereich des bewegten Bildes. Während der Übertragung im Vollbildmodus werden keine Logos angezeigt“, betont die Pressesprecherin. Letzteres ist logisch. Doch bleibt das Fenster bei der normalen Größe, bleibt die Werbung erhalten.

Und es bleiben viele Fragen: Warum bindet der Landtag, wenn er das Signal schon selbst zur Verfügung stellt, die Übertragung nicht auf seiner eigenen Seite ein? Warum geht man in Hessen diesen Umweg über die Seite des Privatsenders?

Hessen bleibt eine Ausnahme

Das es auch anders geht sieht man in Schleswig-Hollstein: Seit Februar gibt es dort neu installierte Digitalkameras mit einer bessere Bildauflösung. Unter der eigenen Domain www.ParlaTV.de kann das Angebot abgerufen werden, auch speziell für mobile Endgeräte aufbereitet. Rund 100.000 Euro investierte die Verwaltung. Dabei war es den Verantwortlichen wichtig, dies selbst umzusetzen, um so auch die Rechte an dem Material zu haben. Eine Mediathek soll so aufgebaut und das Material auch den Abgeordneten für die eigenen Internetseiten zur Verfügung gestellt werden.

Damit löst man ein Problem: Wird die Übertragung durch Sender übernommen liegen die Rechte an dem Material in der Regel nicht beim Landtag. Einen weitreichenderen Weg geht man in Bremen: „Die Sitzungen Landtag werden von uns seit Juni 2011 auf dem Videoportal vimeo eingestellt. Dort können die Sitzungen dann gesehen, oder – nach Anmeldung bei vimeo – heruntergeladen werden“, so Christine Huchzermeier von der Bremischen Bürgerschaft. Dort sind die Videos nicht nur runterladbar, sondern lassen sich auch direkt in Internetseiten einbinden und so weiter nutzen. So gehören sie allen, in Hessen gehören sie noch nicht mal dem eigenen Parlament.

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