Facebook statt mybarackobama.com?

2012 möchte Barack Obama für weitere vier Jahre zum Präsidenten der USA gewählt werden. Deshalb starteten er und sein Team heute die offizielle Wahlkampagne „Obama for America„. Und wieder einmal steht ein YouTube-Video im Mittelpunkt der Kampagne.

Doch noch interessanter als der bekannte Einsatz von Videos ist die nun stärkere Integration von Facebook und die sich damit für die Kampagne öffnenden Kontaktdatenbanken. Mit nur drei Klicks kann man seine Unterstützung via Facebook bekunden und bekommt anschließend eine Auswahl seiner Facebookfreunde präsentiert, denen man mit nur einem weiteren Klick eine persönliche Nachricht mit dem Link zur Kampagne auf die Pinnwand posten kann.
Nachdem 2008 eigene Socialnetworksites der Kandidaten das Mittel der Wahl waren, bleibt nun zu beobachten, ob 2012 Facebook diese Rolle übernehmen wird.

Frag die bpb!

In jüngster Zeit fällt die Bundeszentrale für politische Bildung immer wieder mit recht interessanten Ideen im Internet auf. 2009 rappte Blumentopf für die bpb „Wenn die Sonntagsfrage mehr ist als Pizza oder Pommes“. Einige Zeit später folgte eine eigene Page bei Facebook, auf der politische Themen vorgestellt, besprochen und diskutiert werden.

Nun startete das nächste Projekt. Aus dem Twitteraccount der bpb wurde @frag_die_bpb. Zukünftig möchte hier die Bundeszentrale für politische Bildung Fragen beantworten und in 140 Zeichen die Welt der Politik erklären. Ob dies immer so möglich ist? Wir sind gespannt und freuen uns über dieses neue Angebot.

Wahlcomputereinsatz in Hessen

Zwar werden in Hessen seit 2008 keine Wahlen mehr mit Wahlcomputern durchgeführt und doch waren bei den Kommunalwahlen am Sonntag Computer bei der Stimmerfassung und -übermittlung involviert.

Am Sonntag durfte die hessische Wahlbevölkerung auf – je nach Wohnort – bis zu vier Stimmzettel weit über 100 Stimmen vergeben. Ein in seiner Macht nicht zu unterschätzendes Instrument für die Wähler. Doch gleichzeitig verkompliziert dieses Wahlsystem die Auszählung der Stimmzettel und erhöht damit die Fehleranfälligkeit bei der Stimmenauszählung. So wurden bereits wenige Tage nach der Wahl eine ganze Reihe von Unregelmäßigkeiten bekannt. Gleichzeitig vergrößerte sich der Auszählungsaufwand dermaßen, dass die Wahlhelfer im Wahllokal am Wahlabend es lediglich schaffen, die Listenkreuze auszuzählen und ein Trendergebnis zu erstellen. Alle Stimmzettel auf denen kumuliert und panaschiert wurde, werden in den Tagen nach der Wahl von Verwaltungsangestellten in den Rathäusern ausgezählt, wodurch die Wahl die Ämter für zwei bis drei Tage fast komplett lahmlegt.

In der Lokalzeitung war heute der kleine und unscheinbaren Satz zu lesen, dass die Stimmzettel von den Verwaltungsangestellten in jeweils Dreiergruppen in ein Computerprogramm übertragen und von dort aus dann über das Internet weiter übermittelt würden. Und auch der Hessische Rundfunk berichtet in einem kurzen Beitrag über die Auszählung, dass die Stimmen in ein Computerprogramm notiert würden. Dies mag jetzt nicht weiter verwunderlich klingen, gewinnt aber meiner Meinung nach an Brisanz, wenn man die Zeit etwas zurückspult.

Zur Landtagswahl 2008 waren in Hessen elektronische Wahlgeräte zugelassen worden. Während sich die Wahlleiter schon auf einen möglichen Einsatz bei den Kommunalwahlen 2011 freuten, sorgte die Testeinsätze (u.a. in Langen und Viernheim) (siehe dazu u.a. den Artikel von Christoph Bieber und Christian Marx bei Telepolis) für einen großen Proteststurm. Fast alle namhaften Medienvertreter berichteten über die Gefahren der Geräte. Und so waren am Wahltag auch eine Reihe von Wahlbeobachter des Chaos Computer Clubs in den Testwahllokalen vor Ort.

Während die Kritiker die Gefahren des Einsatzes von elektronischen Wahlgeräten hervorhoben (große Aufmerksamkeit erhielt insbesondere ein Video in dem gezeigt wurde, wie innerhalb einer Minute ein EPROM ausgetauscht werden kann) waren die Wahlleiter mit den Testdurchläufen im Großen und Ganzen sehr zufrieden, da sie bereits wenige Minuten nach Schließung der Wahllokale die Ergbenisse in den Händen hielten – während andernorts gerade einmal die ersten Stimmzettel auseinander gefaltet wurden. Hoffnung war es, gerader kompliziertere Auszählungsverfahren, wie beim Kumulieren und Panaschieren zukünftig durch den Einsatz von elektronischen Wahlgeräten zu umgehen.

Im Rahmen eines Lehrforschungsprojektes an der Uni Gießen hatte ich zusammen mit einer ehemaligen Kommilitonin damals in Gesprächen mit hessischen Wahlleitern erfahren, dass sie in den möglichen Einsätzen von elektronischen Wahlgeräten große Chancen sehen würden, um einer immer deutlichen „Wahlhelfermalaise“ (siehe Buchstein) entgegen zu wirken. Während anderswo bereits Fernseher und Reisegutscheine unter den Wahlhelfern verlost werden, um sie zur Mitwirkung zu überzeugen, sind in Hessen nämlich mehr und mehr (teure) Verwaltungsangestellte im Einsatz um die fehlenden Wahlhelfer auszugleichen. Hier stieß ein möglicher Einsatz von elektronischen Wahlgeräten – verständlicherweise – auf großes Interesse.

Doch dann kam der 3. März 2009. Das Bundesverfassungsgericht untersagte kurz gesagt, den Einsatz der bislang eingesetzten Geräte des Herstellers Nedap und mahnte deutliche Optimierungen der Geräte an. Dies war das letzte Mal das man in Deutschland in einem größeren Rahmen von elektronischen Wahlgeräten gehört hat. Seit dem herrscht Funkstille. Lediglich aus dem Ausland gibt es Neuigkeiten (jüngst bspw. aus Estland).

Das Thema Wahlcomputer scheint also von den Tagesordnungen verschwunden zu sein. Die Manipulationsgefahren und die Intransparenz der Geräte war für den Regelbetrieb zu hoch. Da verwundert umso mehr die gleichgültige Feststellung in den Medien, dass die Stimmen in Hessen am Sonntag zwar mit Stift und Papier abgegeben wurden, um dann anschließend von einer dem Wähler unbekannten Person in ein Computerprogramm eingetragen zu werden.

Haben hier die Wahlcomputer-Gegner eventuell einen Schritt zu kurz gedacht? Denn der Einsatz der diskutierten Geräte wurde zwar verhindert, gleichzeitig wurde in den Verwaltungen eine Art Ersatz geschaffen, der durchaus noch anfälliger für mögliche Manipulationen ist. Hier wurden nun keine geschlossenen Systeme eingesetzt, sondern normale Bürocomputer, die anscheinend sogar am Internet hängen.
Ich kann als Wähler also weder nachvollziehen, ob meine Stimmen korrekt vom Stimmzettel per Hand in den Computer übertragen wurden, noch kann ich nachvollziehen, ob die eingesetzte Software korrekt funktionierte und nicht vorab manipuliert wurde. Hat sich also unbemerkt eine neue Form des eVotings in Hessen eingeschlichen?

Ich für meinen Teil weiß jedenfalls nicht, ob der Computer, an dem mein Stimmzettel eingetragen wurde, korrekt funktionierte und nicht möglicherweise manipuliert war. Sollte wirklich flächendeckend eine Software zur Stimmerfassung und -übermittlung eingesetzt worden sein erscheint mir hier ein weitaus größere Schwachstelle für mögliche Manipulationen, als in geschlossenenen Systemen.

Und noch eine kurze Anekdote am Schluss. Folgende Nachricht ist auf hr-online.de zu lesen:

„In Sulzbach etwa zwangen Leitungsprobleme die Wahlhelfer an die frische Luft. Zu Fuß und mit Speicherstick mussten die Wahlergebnisse aus der Schule ins Rathaus gebracht werden. Auf ihr Computerprogramm mussten auch die Flörsheimer verzichten. Doch die Wahlhelfer wussten sich zu helfen: Sie schickten die Zahlen kurzerhand per E-Mail an das Statistische Landesamt.“

Bild: boerger-net/flickr.com

Wahl im Web: Stuttgart

Gastbeitrag von Dr. Christoph Bieber:

Okay, streng genommen gehörte Mainz auch in die Überschrift, doch der anstehende Doppelwahlsonntag dürfte eindeutig von den Ereignissen in Baden-Württemberg dominiert werden. Dementsprechend wird die nächste Ausgabe der „interaktivsten Wahlsendung“ (O-Ton zdf.de) auch vis-a-vis des Stuttgarter Hauptbahnhofs aufgezeichnet. Mit von der Partie sind selbstverständlich wieder Kollege Thorsten „Wahlforscher“ Faas und Malte „politicus“ Krohn.

Hier nun die übliche sneak preview auf die voraussichtlichen Online-Themen und -Schwerpunkte der insgesamt achten Wahl im Web-Sendung:

Obwohl im Jahr 2010 Rheinland-Pfalz unter den Flächenländern bundesweit den größten Zuwachs an Internet-Nutzern verzeichnen konnte, ist der Online-Wahlkampf nicht mitgewachsen. Besonders skeptisch ist man bei wahl.de, und auch die Kollegen von politik-digital.de sind nicht wirklich angetan von den Online-Performances an Rhein und Mosel. Einige Worte zu verlieren sind wohl über die Versuche, eine digitale Negativkampagne zu führen – Impulse lieferten hier die diversen Affären (Stichwort: Rheinland-Filz). Das eigentlich interessante ist dabei, dass diese „Schmutzkampagnen“ über die Jugendorganisationen der Parteien ausgetragen werden. Die Junge Union thematisiert den Rechtsbruch der SPD, auch die JuLis mokieren sich über SPD-Filz, während die JuSos ihrerseits schwarze Schafe zählen.

Ach ja: eine „verborgene“ Story des Online-Wahlkampfs in Rheinland-Pfalz ist das Schickal des regionalen sozialen Netzwerks Wer kennt wen? – dort sind (lt. wahl.de, siehe oben) respektable 27.000 Freunde von Kurt Beck registriert, ein Vielfaches der „Gefällt mir“-Daumenrecker. Angesichts des derzeitigen Facebook-Booms sind die „nativen Netzwerke“ wie StudiVZ und eben Wer-kennt-wen einer massiven Konvertierungswelle ausgesetzt: Facebook ist der neue Platzhirsch und wer seine Grundkenntnisse in einem anderen Netzwerk erworben hat, setzt sie nun immer häufiger auch beim Marktführer ein. Es bleiben damit die Fragen, ob sich bei WKW nur noch „Netzwerk-Zombies“ tummeln und ob bzw. wie die Wahlkampf-Strategen diese Entwicklung beurteilt haben. Ein klarer Fall für Social-Media-Malte, mit dem ich mir wohl wieder einen Stehtisch teilen werde. Am besten Frage ich ihn einfach, mal sehen, ob er die Zeit für eine Antwort findet.

Ein länderübergreifendes Thema ist die, sagen wir mal: ambivalente Nutzung von Online-Videos im Wahlkampf. Ein kleiner YouTube-Klassiker stammt dabei von Friedhelm Ernst, der mit immerhin mehr als 30.000 Zugriffen eine ordentliche Marke setzt. Der Online-Ruhm des Apothekers aus Bruchsal ist allerdings ein zweifelhafter, denn er resultiert zu weiten Teilen aus dem Fremdschäm-Effekt – vielleicht lässt sich Ernst damit in die Serie aus heftigst kommentierten Video-Fouls einreihen, die derzeit von Rebecca Black und Zachary Freiman angeführt wird.

Einige Wahlkampf-Videos sind weniger aufgrund des Formates interessant, sondern weil dabei Techniken kreativer Bildbearbeitung zum Einsatz kommen, die Henry Jenkins schon lange unter dem Begriff des Photoshop for Democracy diskutiert. Hierfür gibt es zahlreiche Beispiele, auch zum noch vor wenigen Monaten wichtigsten Wahlkampfthema, der Bahnhofskontroverse um das Projekt Stuttgart21.

Hier findet sich auch eine Verbindung zu einem weiteren Thema, das für die Organisation von Online-Wahlkämpfen hätte relevant sein können (und dies vielleicht auch war). Die Rede ist von der Affäre um den ehemaligen Verteidigungsminister Karl Theodor zu Guttenberg. Die Leistungsfähigkeit von Transparenz-Plattformen, die sich mit der Enthüllung und Verbreitung von geheim bzw. zurück gehaltenen Informationen befassen hat seit den verschiedenen WikiLeaks-Affären Konjunktur. Der immense Erfolg des Guttenplag-Wiki dürfte als eine Art Warnsignal in den Wahlkampfzentralen angekommen sein – Politiker-Fehltritte werden in Zeichen sozialer Netzwerke in Windeseile dokumentiert und weiterverbreitet (sofern dies zuvor nicht doch über die etablierten Kanäle der alten Massenmedien geschieht, wie etwa im Fall Brüderle).

Ergänzung (26.3.): Natürlich gibt es auch in Baden-Württemberg Beispiele für Negativ-Kampagnen, allen voran vermutlich Die aktuelle Restlaufzeit von Stefan Mappus (ein kleiner Eingriff aus Berlin in den Wahlkampf im Ländle) oder auch die Facebook-Seite Tschüss Schwarz-Gelb, die als Verlängerung der Online-Widerstände gegen den Stuttgarter Tiefbahnhof zu verstehen ist. Hier sammelt sich auch reichlich Material, das man unter dem Label Photoshop for Democracy betrachten könnte.

Neben diesen Themen und Ansatzpunkten stehen natürlich auch wieder die Ereignisse im so genannten Echtzeitweb im Vordergrund: wie reagieren die Parteien auf die Prognosen und Hochrechnungen ab 18 Uhr? Was sagen Freunde, Fans und Follower zur Sitzverteilung in Mainz und den Koalitionsoptionen in Stuttgart? Und wie bewertet wohl dieser Herr Twitter den Wahlabend?

In diesem Sinne: bis zum Sonntag!

Dr. Christoph Bieber ist wissenschaftlicher Assistent an der JLU Gießen und beschäftigt sich mit den Auswirkungen der Neuen Medien auf politische und gesellschaftliche Prozesse. Zu seinen Veröffentlichungen zählen unter anderem Publikationen zum Thema Online-Wahlkampf, die Zukunft der Mediendemokratie und Interaktivität. Dr. Bieber betreibt das Blog Internet und Politik.

Prämie oder Abmahnung? Hessens Regierung auf Twitter

Und auf einmal ging alles ganz schnell. Nachdem heute Mittag hr-online berichtet hatte, dass sich auf Twitter unter dem Namen @hessenredaktion ein bis dato noch unbekannter Mitarbeiter der Landesregierung unter dem Landes-Wappen twittere, hat sich die Situation nur wenige Stunden später gedreht. Die Landesregierung hat den Trittbrettfahrer nicht nur enttarnt und verwarnt, sondern handstreichartig ein eigenes Angebot bei Twitter gestartet.

Damit hat der Trittbrettfahrer sein Ziel erreicht. hr-online schrieb über seine Motivation:

“Enttäuschung über die Öffentlichkeitsarbeit seines Arbeitgebers, der im interaktiven „Web 2.0″ bislang so gut wie nicht in Erscheinung getreten ist. Weder auf Facebook noch über Twitter informiert Regierungssprecher Bußer über aktuelle Regierungsanliegen. Er setzt bislang auf das klassische Internet (hessen.de), E-Mails und FAX – anders als beispielsweise der Sprecher der Bundesregierung, Steffen Seibert.“

Die Landesregierung reagierte prompt:

Hier startet der offizielle Twitteraccount der Hessischen #Staatskanzlei. Herzlich Willkommen! #Hessen #Landesregierung

Ein neuer Steffen Seibert wird Michael Bußer so aber nicht. Denn während Seibert die meiste Zeit selbst twittert und nur von Zeit zu Zeit bei ergänzenden Hinweisen seine Mitarbeiter dazwischen funken lässt – stets gekennzeichnet mit dem Hinweis BPA für Bundespresseamt – twittert Bußer überhaupt nicht selbst, sondern lässt das von Mitarbeiterinnen erledigen:

@chris_politicus …sein Stab u das sind die „Twittertwins“ Simone Koch (sek) und Silvia Sämann (sis). Ab jetzt Tweets mit Kürzeln ;-) (sek)

Immerhin schreibt sich die Landesregierung den Dialog so erstmals auch im sozialen Internet auf die Fahnen. Explizit fordern die „Twittertwins“ die BürgerInnen auf, sich auch mit Fragen an sie zu wenden. Vielleicht sollte man auch einmal fragen, ob dem Trittbrettfahrer von der HessenRedaktion jetzt ein Disziplinarverfahren droht oder ob er nicht doch eine Prämie bekommen sollte. Schließlich war er es, der die Aufmerksamkeit der Landesregierung auf das Web 2.0 gelenkt hat.