Von Quoten und anderen Karrierebremsen

Um es vorweg zu sagen: Ich halte die Entscheidung von Angela Merkel, Horst Seehofer und Sigmar Gabriel für falsch, die Ministerinnen und Minister nicht schon jetzt zu verkünden. Dennoch fragt man sich ob der Berichterstattung dieser Tage, ob es keine wichtigeren Themen im Lande gibt. Allen voran Spiegel Online berichtet wieder ausführlich über die potenziellen Kandidatinnen und Kandidaten und macht ziemlich deutlich, was man dort von der geplanten Quotierung der Ministerposten auf Seiten der SPD hält:

„Zudem will Gabriel den roten Teil der Regierung mit drei Frauen und drei Männer besetzen. Die Männerplätze scheinen für Sigmar Gabriel, Frank-Walter Steinmeier und Thomas Oppermann reserviert. „Meine Quoten-Pluspunkte Nordrhein-Westfalen und Experte wiegen noch nicht schwerer als mein Quoten-Minus Nicht-Frau“, sagt er im aktuellen SPIEGEL.“

Und auch auf der linken Seite des journalistischen Spektrums rührt sich Unzufriedenheit – in der Frankfurter Rundschau, wieder am Beispiel von Karl Lauterbach:

„Im Grunde hätte der 50-jährige Professor keine schlechten Chancen, in das schwarz-rote Kabinett einzuziehen. Er ist ein ausgewiesener Experte, hat das SPD-Parteibuch und kommt sogar aus dem einflussreichen Landesverband Nordrhein-Westfalen. Doch er hat einen Makel: Er ist keine Frau. Deshalb wird es wahrscheinlich nichts werden mit dem Ministeramt.“

Suggeriert wird in allen Artikeln, dass es bei der Besetzung von Ministerien eben nicht um Kompetenzen ginge, sondern nur noch um Ausgewogenheit. X Minister aus Niedersachen, Y Minister mit Doppel-X-Chromosom. Aus 3 Punkten halte ich diese Verkürzung für gefährlich und bewusst irreführend:

  1. Ein Minister oder eine Ministerin führt ein Ministerium nicht als „wissenschaftlicher Mitarbeiter“ (Angela Merkel) oder Referent. Natürlich muss ein Umweltminister etwas von Erneuerbaren Energien verstehen, ein Verkehrsminister um den Zustand von Straßen und Schienen wissen. Aber genau dafür hat er ein Ministerium, um ihn auf wichtige Entscheidungen fachlich kompetent und objektiv vorzubereiten. An der Ministeriumsspitze ist viel mehr ein ausgebuffter Polit-Profi gefordert, der die Interessen seines Hauses durchzusetzen vermag. Und dieser Profi muss nicht schon am Tag der Vereidigung alle seine künftigen Mitarbeiter im Wissen überragen.
  2. Sollten die Gerüchte stimmen, werden mit Sigmar Gabriel, Frank-Walter Steinmeier und Thomas Oppermann drei Niedersachsen für die SPD am Kabinettstisch platz nehmen. Offensichtlich ist die Quote nicht alles, wenn es um die Platzierung der bekannten und (hoffentlich) fähigen Parteigesichter geht.
  3. An bestimmten Mehrheiten kommt man aber nicht vorbei. Eine sozialdemokratische Regierungsbeteiligung ohne Ministerinnen und Minister aus Nordrhein-Westfalen? Das kann Sigmar Gabriel versuchen, die Verstimmungen aber werden groß sein. Eine Regierungsbeteiligung ohne eine Ministerin? Das wäre nicht nur ein tragischer Lagebericht für die Emanzipation, sondern würde ihm auch jede Menge Ärger in der Partei einbringen. Also: Ganz frei kann keine Partei die Ministerien besetzen. Und daran ist nichts schlechtes.

Big Data

Mal wieder ein Hinweis auf eine Veröffentlichung der Wissenschaftlichen Dienste des Bundestags. Dieses Mal zum Thema „Big Data“.

„Jüngste Enthüllungen um internationale Datenspionage haben den Blick auch auf die unter dem Stichwort „Big Data“ bekannt gewordenen neuen Möglichkeiten im Umgang mit großen Datenmengen gelenkt. Dabei geht es nicht um eine einzelne neue Technologie. Vielmehr bezeichnet Big Data ein Bündel neu entwickelter Methoden und Technologien, die die Erfassung, Speicherung und Analyse eines großen und beliebig erweiterbaren Volumens unterschiedlich strukturierter Daten ermöglicht. Für die IT-Branche wie auch die Anwender in Wirtschaft, Wissenschaft oder öffentlicher Verwaltung ist Big Data daher zum großen Innovationsthema der Informationstechnik geworden.“

Die Bundeswehr im Weltraum

Die wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages sind eine tolle Einrichtung. Nicht nur, weil sie Bundestagsabgeordnete mit Dossiers und Fachinformationen versorgen, sondern weil sie ihre Arbeiten zu einem großen Teil allgemein veröffentlichen. Häufig erfährt man so kompakt zusammengefasst alles zu einem aktuellen Thema. Sei es über die Bunderkanzlerwahl (pdf), das Internet der Dinge (pdf) oder das neue Wahlrecht (pdf).

Ab und an sind auch Themen dabei, die man nicht erwartet hätte, die dadurch aber umso interessanter sind. Eines dieser Beispiele ist die heute veröffentlichte Arbeit zum Thema „Die Nutzung des Weltraums durch die Bundeswehr“ (pdf)

 

Gedanken zur Briefwahl

Jeder vierte Wähler hat bei der Bundestagswahl seine Stimme per Briefwahl abgegeben (siehe handelsblatt.com). Nachdem bereits Tage vor dem Wahlsonntag ein neuer Rekord an Briefwählern erwartet wurde, gibt es damit nun die Bestätigung. Und spätestens jetzt wird klar, gewählt wird nicht mehr nur am Wahltag.

Von besonderer Relevanz ist diese Veränderung aber auch deshalb, da ich vermute, dass sich hier eine Generationenproblematik auftut. Per Brief gewählt wird in allen Altersgruppen, aber rein subjektiv betrachtet habe ich den Eindruck, dass insbesondere junge Wähler kaum noch im Wahllokal anzutreffen sind. Gewählt wird zu Hause. Es wäre also dringend an der Zeit zu untersuchen, wer per Brief wählt. Leider fehlt mir die Kenntnis, ob die Städte und Gemeinden Zahlen darüber erheben, bzw. erheben dürfen.

Dass immer mehr Menschen per Brief wählen ist das Eine. Das Andere sind die gleichzeitig vielfältig aufgetretenen Problem- und Beschwerdefälle – von der erwartbaren Dunkelziffer ganz abgesehen. Quer über die ganze Republik verteilt wird von Unregelmässigkeiten berichtet. Mal in harmloserer, mal in deutlich problematischerer Hinsicht (siehe Spiegel-Online). Ich hatte es schon vor der Wahl geschrieben: Die Briefwahl sollte in den Fokus genauerer Untersuchungen genommen werden. Man muss die Briefwahl ja nicht grundsätzlich verteufeln und sicher gibt es noch einige effektive Maßnahmen, die zu einer deutlichen Verbesserung führen würden.

Zwei lose Gedanken dazu von mir:

  1. Warum sind die Briefwahlunterlagen nicht halbwegs fälschungssicher? Die zu erwartenden Mehrkosten müssten es uns ja wert sein. Aktuell scheint man nur wenig Energie aufwenden zu müssen, um Briefwahlunterlagen zu fälschen (siehe golem.de).
  2. Warum habe ich als Wähler keine Möglichkeit zu erfahren, ob meine Briefwahlunterlagen im Wahllokal eingetroffen sind? Möglich wäre eine online abrufbare Empfangsbestätigung, wie es für Einschreiben bei der Post inzwischen Standard ist. Mein Vertrauen würde es in jedem Fall stärken, wenn ich wüsste, dass meine Briefwahlunterlagen ihr Ziel erreicht haben.