Kolumne: Das ungeliebte Kind

Die E-Mail ist und bleibt das ungeliebte Kind der deutschen Campaigner. Die unterhalten sich viel lieber über die Möglichkeiten, die Facebook, Twitter und neuerdings auch Google+ für die politische Kommunikation eröffnen. Wenn sie E-Mails als Kampagneninstrument hinzuziehen, dann nur, weil sie eben dazu gehören. Dabei gilt fast immer: Je schicker der Newsletter, desto größer der Erfolg.

Beim Blick über den Atlantik, wo sich die US-Politiker gerade für den Präsidentschaftswahlkampf warmlaufen, findet man eine völlig andere Denkweise vor. Nicht nur – mal wieder – Barack Obama, sondern beispielsweise auch Michele Bachmann arbeitet mit schlichten und kurzen E-Mails, in denen aber allem Anschein nach sehr viel Zeit und Energie steckt. Der Inhalt ist die Nachricht, nicht ein ausgefallenes Design. Die wenigsten Unterstützer freuen sich, wenn sie ein visuelles Feuerwerk im Posteingang vorfinden, das spätestens auf dem Mobiltelefon nur wie ein ausgelaufener Farbeimer aussieht. Per E-Mail möchte man über die wichtigsten Neuigkeiten auf dem Laufenden gehalten werden und bei Interesse über einen Link alles Weitere erfahren. Es wird Zeit, dass auch die Deutschen die E-Mail in der politischen Kommunikation wiederentdecken. Richtig eingesetzt, kann sie viel mehr bewirken als die gehypten Sozialen Medien.

[Erschien zuerst in: politik&kommunikation, September 2011]

In eigener Sache: Kampagnenpraxis

Vor knapp zwei Jahren haben wir an dieser Stelle den Start der Kampagnenpraxis verkündet. Genau 50 Reports später, erschien heute die vorerst letzte Ausgabe unserer 14-täglichen Kampagnenvorstellungen.

Nach zwei Jahren ist es an der Zeit, Raum für neue Ideen und Projekte zu schaffen. Wir freuen uns, dass wir mit unserer Arbeit anscheinend einen Nerv getroffen haben, wie die vielen positiven Rückmeldungen auf unsere Reports deutlich machten. Und so hoffen wir, dass wir mit unserer Begeisterung für gute (Internet-)Kampagnen auch insbesondere diejenigen erreicht haben und etwas positiver stimmen konnten, die noch vor zwei Jahren das Internet als kaum relevant für Kampagnen angesehen haben oder aber eine Fokusierung auf einzelne Werkzeuge für nicht notwendig hielten.

Vorerst denken wir, dass wir unseren Dienst als „Entwicklungshelfer“ getan haben. Und damit unsere Arbeit nicht einfach in den Weiten des Cyberspace verloren geht, haben wir zum Abschluss unsere Internetseite kampagnenpraxis.de komplett überarbeitet. Dort stellen wir gebündelt alle Reports bereit, die wir in den letzten zwei Jahren geschrieben haben. Das Archiv kann chronologisch und anhand von Kategorien durchsucht werden. Außerdem besteht die Möglichkeit sich ein Gesamtdokument mit allen unseren Reports als pdf downzuloaden.

Die Wahl am Kiosk

Vor zwei Wochen berichteten wir von der Berliner CDU, die ihr Wahlprogramm am Kiosk verkaufen lässt. Ähnlich ungewöhnlich ist die Idee der Macher des Berliner Stadtmagazins zitty, die ihre aktuelle Ausgabe in zwei verschiedenen Varianten verkaufen. Einmal mit Klaus Wowereit und einmal mit Renate Künast auf dem Titelbild. Der Leser hat am Kiosk die Wahl, welche Version der Zeitung er bevorzugt. zitty kooperiert, nach eigener Aussage, dabei mit verschiedenen Verkaufsstellen in der Stadt und generiert aus den verkauften Ausgaben eine eigene Hochrechnung.

 

Etwas zuverlässiger sind da wohl die aktuellen Umfragen der Meinungsforschungsinstitute (eine Übersicht bietet wahlrecht.de). Aktueller Stand: Emnid (im Auftrag des Focus) = CDU 23%, SPD 32%, Grüne 20%, FDP 4%, Linke 11%, Piraten 4%, Sonstige 6%.

Wahlkampf auf Norwegisch: Hei, har du lyst på besøk av meg?

Gastbeitrag von Bastian Dietz

“Hallo, hast Du Lust auf einen Besuch von mir?” frägt der norwegische Premierminister Jens Stoltenberg auf der Wahl-Webseite “Til deg” (“zu Dir”). Am 12. September sind in Norwegen Kommunalwahlen und deshalb hat Stoltenbergs sozialdemokratische Arbeiterpartei (Arbeiderpartiet) eine Menge Geld und Online-Kommunikations-Know-How in die Hand genommen, um das Internet entsprechend zu nutzen: Bei “Til deg” gibt man seinen Wohnort ein und kann sich dann zwischen drei Filmen zu den Themen ältere Menschen, Arbeit und Wählen entscheiden. Einen Klick weiter und unter freundlicher Zuhilfenahme von Google Street View steht Jens Stoltenberg auch schon vor der angegebenen Adresse und hält seine Rede. Weiterlesen

Grünes Berlin rund um die Uhr

Ziemlich coole Aktion, die die Grünen Berlin da in knapp 4 Stunden starten – es scheint sogar einen Livestream davon zu geben. Belassen wir es für heute mal bei einem Zitat der Ankündigung:

Es sind jetzt noch gut zwei Wochen bis zur Berliner Wahl und die wollen wir füllen – mit Interaktion. Nicht die Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt sollen zu uns kommen müssen: Wir wollen zu euch kommen! Vom 2. auf den 3. September findet in diesem Sinne eine ganze besondere Aktion statt: 24 Stunden sind wir in ganz Berlin unterwegs.

Mit dabei sind Renate Künast, unsere Kandidatin für das Amt der Regierenden Bürgermeisterin, die Landesvorsitzenden Bettina Jarasch und Daniel Wesener sowie die Fraktionsvorsitzenden Ramona Pop und Volker Ratzmann und viele andere grüne Kandidatinnen und Kandidaten.

Von 14 bis 14 Uhr finden Veranstaltungen in allen Berliner Bezirken statt, die im gleichen Rhythmus atmen wie Berlin. Was wohl passiert, wenn die Geschäfte am Ku’damm geschlossen sind? Oder nachts auf dem Blumengroßmarkt, wenn sonst alle feiern oder schlafen? Schon mal auf dem ALBA-Müllmobil mitgefahren? Bei allen Terminen ist die Online-Redaktion von gruene-berlin.de vor Ort mit dabei und berichtet 24 Stunden lang live – auf Facebook, Twitter, YouTube und auf DIESER Seite. Lasst euch überraschen!