Viele Millionen Euro

Humor und Kreativität zeigen gerade die Berliner Piraten. Nachdem ihr Spitzenkandidat Andreas Baum in der RBB-Sendung „Klipp&Klar“ auf die Frage nach der Berliner Verschuldung keine richtige Antwort geben konnte, war bei YouTube ein Video unter dem Titel „Piraten Berlin: Voll auf Kurs, aber ohne jeden Plan“ aufgetaucht. Rasant verbreitete sich der Clip im Netz und erfreut sich seitdem insbesondere bei der politischen Konkurrenz großer Beliebtheit.

Die Piraten nehmen es mit Gelassenheit und programmierten kurzerhand eine Schuldenuhr-App für das iPhone, die es den eigenen Wahlkämpfern nun ermöglicht, jederzeit den gerade aktuellen Schuldenstand nennen zu können.

Durchaus bemerkenswert ist der Lerneffekt der Berliner Piraten. Keine Partei hat sich im Netz in den vergangenen Tagen so ausdauernd mit der Berliner Staatsverschuldung auseinandergesetzt, wie die Piraten es getan haben. Die Fähigkeit mit Kritik umgehen zu können scheinen sie jedenfalls zu besitzen.

10 Jahre 9/11

Gastbeitrag von Dr. Erik Meyer

Bereits direkt im Anschluss an die Anschläge vom 11. September 2001 entwickelte sich spontan eine Online-Erinnerungskultur, die dann unter dem Motto „Collecting Today for Tomorrow“ rasch institutionalisiert wurde. Ein Beispiel dafür ist The September 11 Digital Archive. Ebenso entstand etwa The Sonic Memorial Project: Die Aufzeichnungen wurden hier nicht nur archiviert, sondern auch als eine Art interaktives Audio-Denkmal arrangiert.

Zum zehnten Jahrestag wird nun nicht nur das 9/11 Memorial am ehemaligen Ground Zero eröffnet – es entstehen auch digitale sowie online verfügbare Angebote kommemorativer Kommunikation, von den einige hier kusorisch vorgestellt werden. Als Versuch einer vorläufigen Systematisierung soll es zuerst um Apps gehen, der zweite Teil befasst sich dann mit der Kompilation nutzergenerierter Inhalte. Weiterlesen

Wahlkampf auf Norwegisch: Hei, har du lyst på besøk av meg?

Gastbeitrag von Bastian Dietz

“Hallo, hast Du Lust auf einen Besuch von mir?” frägt der norwegische Premierminister Jens Stoltenberg auf der Wahl-Webseite “Til deg” (“zu Dir”). Am 12. September sind in Norwegen Kommunalwahlen und deshalb hat Stoltenbergs sozialdemokratische Arbeiterpartei (Arbeiderpartiet) eine Menge Geld und Online-Kommunikations-Know-How in die Hand genommen, um das Internet entsprechend zu nutzen: Bei “Til deg” gibt man seinen Wohnort ein und kann sich dann zwischen drei Filmen zu den Themen ältere Menschen, Arbeit und Wählen entscheiden. Einen Klick weiter und unter freundlicher Zuhilfenahme von Google Street View steht Jens Stoltenberg auch schon vor der angegebenen Adresse und hält seine Rede. Weiterlesen

Mit dem iPhone in den Landtagswahlkampf

Heute ist die wohl erste iPhone-App in einem deutschen Landtagswahlkampf erschienen. Die Grünen in NRW wollen damit scheinbar ihrer Führungsrolle im Online-Wahlkampf noch die Krone aufsetzen. Aber was muss eine iPhone-App können, um in Landtagswahlkampf nützlich zu sein? Wir haben uns die App „GRÜNE NRW“ angeschaut.

In der Beschreibung im AppStore beschreiben die Grünen den Funktionsumfang der App so:

„Begrüne dein iPhone oder deinen iPod touch! Mit der App der GRÜNEN NRW bleibst Du immer auf dem Laufenden, was in Nordrhein-Westfalen gerade politisch passiert. Mit den News von unserer Website, Neues aus dem Blog und den letzten Tweets bist Du immer up-to-date – auch unterwegs! Mit dem interaktiven Grün-O-Maten kannst Du herausfinden, wie GRÜN Du bist – mach den Test und lass dich überraschen. Ausserdem haben wir nützliche Informationen zur Landtagswahl zusammegestellt, zum Beispiel unsere „12 Gründe für GRÜN“.

Keine Mitmachtools, dafür News

Im Gegensatz zur iSPD-App aus dem vergangenen Bundestagswahlkampf setzt man also in NRW nicht auf eine Einbindung von Unterstützern, die sich mit einem kurzen Tonschnipsel für einen SPD-Wahlsieg stark machen. Wie erfolgreich diese doch eher kleinteilige Kampagne für die SPD im vergangenen Jahr, ist ohnehin schwierig zu bewerten. Darüber hinaus waren natürlich Soziale Netzwerke und die neuesten Nachrichten aus der Wahlkampfzentrale eingebunden. Immerhin in diesem Punkt folgen die NRW-Grünen dem SPD-Vorbild. Doch auch in NRW will es nicht so richtig Sinn machen, mit dem iPhone über Nachrichten aus dem Landesverband informiert zu werden. Da wäre sicherlich ein E-Mail-Verteiler sinnvoller.

Parteieigener Wahl-O-Mat

Die wohl beste Funktion der GRUENE NRW-App ist aber der parteieigene Wahl-O-Mat. Traditionsreich als Grün-O-Mat beschriftet kann man hier mit zwölf Fragen heraus finden, wie sehr man mit grünen Positionen überein stimmt. Damit hat die Funktion nicht nur einen Anwendungszweck für den Besitzer des iPhones oder iPods, sondern kann im besten Falle noch zur Überzeugungsarbeit eingesetzt werden. Der ungläubige Bekannte, der sich nicht mit den Grünen anfreunden kann, bekommt beim Kneipenabend mal schnell vorgeführt, dass er eigentlich zu 88% Grün ist. Ein nettes Spielzeug.

Unter die Kategorie ‚Wenn man schonmal dabei ist‘ fallen dann noch die iPhone-tauglich aufbereiteten Versionen von „12 Grüne für Grün“, also das Kurzwahlprogramm der Grünen in NRW und eine recht deplaziert wirkende Wahlkampfansprache zur Verhinderung der „großen Koalition in NRW“.

Mobil dabei sein mit wenig Geld

Anfang der Woche haben wir mit Benjamin Müller, dem Webmaster des grünen Landesverbands, über den Online-Wahlkampf seiner Partei gesprochen. Im Bezug auf die iPhone-App erklärte er uns, dass es sich hier wie bei allen Investitionen im Onlinewahlkampf um eine langfristigere Plattform handle. Auch die iPhone-App wird nicht am Wahlabend wieder aus dem AppStore entfernt, sondern soll die NRW-Grünen weiter zu den mobilen Internetnutzern bringen. Benjamin sagte dazu:

„Mobiles Internet hat auch die politische Kommunikation beschleunigt – dem tragen wir mit unserer App Rechnung, indem wir Echtzeitnachrichten in den Mittelpunkt rücken. Als kleine Partei müssen für uns aber auch Kosten und Nutzen im Rahmen stehen, uns ist klar das wir hier nicht mit der Bild-App oder ähnlichen konkurrieren können.“