Live in getrennten Welten

Das TV-Duell von Angela Merkel und Frank-Walter Steinmeier wurde mit einer Flut von Nachrichten, Kommentaren und Beiträgen im Netz begleitet. Ein kleiner Überblick über Beispiele, Chancen und Gefahren der Netzkorrespondenten.

watchblog

Erstmals beteiligten sich auch Parteien und Politiker an der in Echtzeit geführten Debatte über die Debatte. Wie angekündigt nutzte die SPD zahlreiche Kanäle, um die Aussagen ihres Steinmeiers zu stützen und die von Merkel in Frage zu stellen. Im Schwarz-Gelb-Watchblog fanden sich hier kurze, aber aufschlussreiche Einwürfe zum Duell. Der hauseigene Twitter-Account wurde dagegen nur als Linkmaschine für den Watchblog benutzt und verschenkte so Potenzial. Wahlkampfchef Kajo Wasserhövel verabschiedete sich ganz aus der Online-Kommentierung, General Hubertus Heil meldete sich sporadisch. Bei der CDU war das Team Deutschland aktiv, ging aber nicht über das Bejubeln von Merkel-Aussagen hinaus. Im offiziellen Twitter-Account der Union trudelten ebenfalls nur ausgewählte Zitate ein. Seitenhiebe auf den Gegner finden sich kaum.

steffilemke

Steffi Lemke schoss für die Grünen ein regelrechtes Twitter-Feuerwerk ab und zeigte die Bissigkeit, die dem Duell der Regierenden fehlte. Auch der Parteikanal der Grünen mischte sich bei Twitter ein. Die Linke setzte mehr auf Facebook als Kommentarfeld und veröffentliche die Beiträge parallel bei Twitter. Da Facebook aber mehr Zeichen zulässt, verlor man durch die bei Twitter auf 140 Zeichen abgeschnittene Nachricht schnell die Lust am Mitlesen. Kurzentschlossen kommentierten die Jungen Liberalen dann doch noch bei Twitter mit dem Verbandsprofil und durch den Vorsitzenden. Vereinzelt äußerten sich auch Bundestagsabgeordnete der FDP.

Diverse Live-Blogs boten die wohl interessanteste Berichterstattung über das TV-Duell. Bei hingesehen.net konnte man auch ohne Fernsehgerät nah am Geschehen bleiben und der SPD-nahe Blog von Mathias Richel/Malte Welding zog zahlreiche Kommentatoren an. Der prominenteste Live-Blog kam vom ZDF, gefüllt direkt aus dem Studio in Berlin und den ZDF-Büros in Mainz. Angetreten mit 4 Live-Bloggern hätte man eigentlich während des Duells einiges mehr erwarten können. Zum Ende der Übertragung aber liefen die Experten zu Hochtouren auf und gaben früh sehr treffende Einordnungen ab.

wahlde

Tragisch war es schon fast, dass das eigentlich ambitionierteste Projekt des Abends schlicht unter den Anforderungen zusammen brach. Das Team von wahl.de hatte ein Live-Transcript auf die Beine gestellt und wollte nicht nur die Aussagen der Kandidaten direkt wiedergeben, sondern auch direkt von den Besuchern kommentieren lassen. Eine unfassbare Zahl an Zugriffen zeigte ein großes Interesse an dem Angebot, verhinderte aber gleichzeitig dessen Siegeszug. Vielleicht kann die Nachricht etwas trösten, dass auch das ZDF, Spiegel Online und Bild.de teilweise Probleme mit dem Datenverkehr hatten. Die halbe Nacht saß manbei wahl.de in Berlin noch an der Nacharbeit. Damit wird aber das Kanzlerduell-Transcript zu einem Teil der Nachbereitung des Duells und damit nicht weniger interessant. Seit heute morgen ist es komplett online und lädt zu Kommentaren ein.

Im TV kam von alldem nichts an. Das Internet schien ein Paralleluniversum zu sein. Doch ein Blick in die Kommentare hätte manche Fehler des Duells noch korrigieren können.

Die Sekundanten des Duells

Schaute man sich gestern auf den Internetseiten von ARD, ZDF, RTL und Sat.1 um – man wäre nicht auf die Idee gekommen, dass am Sonntag schon das wichtigste Wahlkampfereignis, das direkte Aufeinandertreffen von Merkel und Steinmeier im TV-Duell auf jenen vier Sendern gezeigt wird. Aber auch bei den Parteien war keine Vorankündigung zu finden, kein Hinweis auf eine entweder euphorische oder kritische Begleitung des Duells. Dieses etwas diffuse Bild lichtet sich mittlerweile und so kann man eine erste Prognose für die Debattenbegleitung stellen.

5074-tv-duell-profilbild1Erstaunlicherweise steigen in diesem Jahr nicht nur unabhängige Kommentatoren, sondern auch die Parteien selbst ins hektische Live-Geschäft ein. Die SPD kündigt groß auf ihrer Internetseite an, das Duell gleich auf drei Kanälen zu begleiten. Im noch recht jungen Schwarz-Gelb-Watchblog wird sich an Merkels Aussagen abgearbeitet werden, während Facebook und Twitter die wirklich direkte Rezeption übernehmen sollen. Die Sozialdemokraten statten ihre Anhänger sogar mit einem neuen Profilbild aus, mit dem in sozialen Netzwerken auf das Duell hingewiesen werden soll. Nette Idee.

Parteien mischen sich im Netz ein

Auch die CDU wird sich in die Diskussion einmischen. Andreas Jungherr vom Team Deutschland nennt Twitter und die „entsprechenden Foren“ als christdemokratische Werkzeuge. Hauptsächlich dürfte wohl das Team Deutschland den Ton angeben, möglicherweise schaltet sich auch die Online-Redaktion ein. Für die Grünen wird Bundesgeschäftsführerin Steffi Lemke direkt aus dem Umfeld des Studios twittern. In einer Mail aus der Unterstützerseite linksaktiv.de wies Die Linke ihre Unterstützer darauf hin, dass sie via Live-Ticker,  Twitter und Facebook die Behauptungen von Steinmeier und Merkel prüfen wollen. Einzig die FDP scheint sich aus der direkten Debatte heraushalten zu wollen, was angesichts der lauten Töne von Guido Westerwelle in den letzten Tagen etwas verwunderlich wirkt.

Redaktionelles Rundumpaket

Aus der weniger parteiischen Berichterstattung lassen sich nur einige Beispiele hervor heben. Co-Autor Malte wird gemeinsam mit Dr. Christoph Bieber und Christian Marx vom ZMI Gießen ein Live-Blog für das ZDF schreiben. Dort gibt es bereits eine sehr interessante Einführung zu lesen. Ein weiteres Highlight ist das Live-Transcript von wahl.de, wo in beeindruckender Kleinarbeit jede Aussage der beiden Kandidaten live mitgeschrieben wird und direkt kommentiert werden kann. Spiegel Online wagt ein für hiesige Verhältnisse beachtenswertes Experiment und lässt in einer Kooperation mit Facebook die Nutzer auf der eigenen Seite kommentieren.

Die große Bandbreite von Kommentierungen im Internet können den schlechten Eindruck aber nicht wett machen, den die Sender selbst verursacht haben. Aus Angst um die eigene Quote wird es weder eine Radioübertragung noch einen Online-Stream geben. Eine gute Begründung, warum man eine so große Zahl von Wählerinnen und Wählern vom TV-Duell ausschließen will, kann man auch nicht liefern.

Was passiert nach der Debatte?

Diese fehlende Live-Übertragung im Internet könnte sich als Hindernis für die sogenannte Post-Debate erweisen, also für die Nachbereitung des TV-Duells. Während es den Journalisten aus Print und Fernsehen relativ leicht fallen wird, ihre Anmerkungen zur Geltung zu bringen, fehlt den Internetnutzern voerst eine Aufzeichnung. Sobald aber ein Mitschnitt des Duells es bis auf YouTube schafft, werden auch hier möglicherweise interessante Verarbeitungsformen auftauchen. Alan Schroeder beschreibt als amerikanischer Experte für TV-Duelle, was zur Präsidentschaftswahl 2008 passierte:

In the American debates of 2008, video-sharing websites like YouTube became another very important tool in post-debate reactions, because they allowed people to go back and watch debate highlights.  The original debate was therefore compressed into a few selected clips, which took on a life of their own.

John McCains eigenes Team sezierte das Auftreten von Barack Obama und bearbeitete den Videomitschnitt auf sehr pointierte Art und Weise. Ob auch die Parteien sich trauen werden, so offensiv mit dem noch fast sakral behandelten Medium Fernsehen umzugehen, muss man offen lassen. Die deutsche Nutzerschaft jedenfalls hat ihre Zuneigung zum „Remixen“ von politischen Videos im Internet schon bewiesen.

Bild: ZDF

Wahlwerbespots 2009

Anfang der Woche starteten die Wahlwerbespots der Parteien. Wie auch die Wahlplakate wollen wir die Fernsehspots dieses Wahlkampfes genauer unter die Lupe nehmen. Immerhin ist das Fernsehen wohl eine der besten Möglichkeiten für die Wahlkämpfer, eine möglichst große Reichweite für ihre Botschaften zu bekommen. Ein erster Blick auf die Spots zeigt, wie gut sie in die Kampagnen der Parteien eingebunden sind.

CDU

Die Union tritt gleich mit drei verschiedenen Spots an, je einem für die Schwesterparteien CDU und CSU und einen besonderen für Angela Merkel, der wohl besonders in der Schlussphase des Wahlkampfes tendenziell häufiger ausgestrahlt werden dürfte. Der TV-Spot der CDU kommt dabei etwas deplaziert vor. In aneinandergereihten Portraits von Menschen werden die gewohnten, inhaltsleeren Slogans der diesjährigen christdemokratischen Kampagne wiederholt. Auffällig ist aber, dass jedes Portrait in einer Farbe der bundesdeutschen Flagge eingefärbt ist. So kommt es doch seltsam vor, dass man mehrfach ein nahezu ganz rotes oder gelbes Bild sieht. Man fühlt sich unweigerlich an die Farbensprachen von SPD und FDP erinnert. Und auch das schwarz der Bundesfahne führt zu einem etwas ungeschickten Effekt, nämlich einem Umwandeln der Fotos in Graustufen. Es hat etwas von Beerdigungsstimmung mit einem Hauch Optikerwerbung, dieser CDU-Spot. Der letzte Satz jedoch sprengt alle Dimensionen von Inhaltslosigkeit: „Wir haben die Kraft, Deutschland zu dem zu machen, was es sein kann“. Na gut, wenn Deutschland Fußballweltmeister sein kann, dann könnte Angela Merkel doch eine großartige Bundestrainerin abgeben, oder?

Und mit dem Stichwort Fußball ist man auch direkt im zweiten TV-Spot der CDU, der völlig  treffend mit „Angela Merkel“ überschrieben ist. Er klärt die Zuschauer darüber auf, dass Merkel nicht als Kanzlerin geboren wurde und sie nach der Einheit von dem starken Wunsch beseelt war, dem vereinten Land zu dienen. Außerdem lerne sie jeden Tag dazu, das Wichtige vom Unwichtigen zu trennen. Zum Beispiel wie wichtig eine Frisur sein kann. Und dann kommen die Bilder vom deutschen Fast-Fußballwunder in 2006, die hier auf schon verwunderliche Weise instrumentalisiert werden. „Gemeinsam können wir viel erreichen, wir alle zusammen“. Und wieder wird das „wir“ durch die nicht nur stilistisch fragwürdig platzierte Deutschlandfahne umrahmt

Der Wahlwerbespot der CSU soll hier einfach einmal vernachlässigt werden. Komprimierter Inhalt: „Bayern ist stark. Bayern muss stark bleiben. Darum gibt es in Bayern eine eigene Partei“. Danke, Herr Seehofer.

SPD

Ganz anders als die Spots der CDU steigt die Wahlwerbung der SPD gleich mit Inhalten ein. „Wie wollen wir leben und arbeiten? Wie schließen wir die Schere zwischen arm und reich? Wie schaffen und sichern wir Arbeit?“ Fragen, die der Spot sogleich beantwortet: Mit Frank-Walter Steinmeiers Deutschlandplan. Mit einer Reihe von Zeitungszitaten versucht die SPD dann schon fast verzweifelt, die ungläubigen Bürger von der Stichhaltigkeit des Plans zu überzeugen. Wenn sogar die Süddeutsche schreibt, der Plan habe Substanz, dann muss doch auch was dran sein. Dann der Schnitt auf Steinmeier, der wirklich sympathisch und engagiert seine Vorstellung von Zukunft präsentiert. Es klingt wirklich überzeugend und einladend wenn er sagt: „Wir können unser Land sozial gerechter und sicherer gestalten. Ich bin sicher, unser Land kann mehr“. Und er verspricht, hart dafür zu arbeiten. Das wird er wohl auch müssen, der Spot aber legt die Marke für die Konkurrenten ziemlich hoch.

FDP

Die FDP versucht in diesem Jahr einen etwas zweifelhaften Rekord aufzustellen, indem gleich zehnmal das Wort „Deutschland“ in 90 Sekunden auftaucht. Ansonsten hat der Spot nicht viel zu bieten, was nicht auch von einer anderen Partei stammen könnte. Die Kernforderungen der FDP in diesem Jahr wie lohnende Arbeit, Leistungsgerechtigkeit und Bildung als Bürgerrecht könnten schwierig nur einer Partei zuzuordnen zu sein. Und so passt es auch, dass die Aufnahme einer Solaranlage auf einem Dach verblüffelnd der im SPD-Spot ähnelt. Man vergleiche nurmal die Minuten 0:20 bei der FDP und 0:53 bei der SPD. Auch die Fußballweltmeisterschaft aus dem CDU-Spot hat sich bis zu den Liberalen herüber gerettet – FDP 0:56 und CDU 0:46.

Grüne

Der Wahlwerbespot der Grünen zeigt klar, dass es der Partei unter den Nägeln brennt, wieder selbst gestalten zu können. Unglücklicherweise geht aber unter der Masse von Themen etwas verloren, was im grünen Wahlprogramm alles zusammenhält. Am Ende des Spots hat man gar den Eindruck, als gehe es auch den Grünen nur noch um Arbeitsplätze. Längst sind die Grünen offenbar zu einer ebenso breit aufgestellten Partei wie die anderen geworden. Schade ist auch die etwas hastig und lieblose Optik des Videos. Wenn man sich nur an die Europawahl zurück erinnert: Dort hatten die Grünen mit Abstand die bestausehendste TV-Werbung, die noch dazu auf überzeugend einfache Art die Finanzkrise erklärte – und den grünen Weg aus ihr heraus. Ohne Worte dafür zu gebrauchen.

Linke

„Die Krise sollen diejenigen zahlen, die in den letzten Jahren die Profiteure des Finanzkapitalismus waren“ eröffnet Lafontaine gewohnt markig den TV-Spot der Linken. Auch den Linken muss man zugute halten, dass sie eine Vorstellung ihrer Ideen haben und dafür brennen. Doch an einem Punkt entlarvt sich der Spot, wenn ein Wahlkämpfer der Linkspartei meint: „Die etablierten Parteien brauchen eine starke Opposition von Links, damit sie ihr neoliberales Spiel nicht so weiter treiben können.“ Nur eine Bestätigung scheint das für die Vermutung zu sein, dass die Linke sich in der Opposition gerade ganz wohl fühlt. Besonders fasziniert hat mich aber der Bauer, der in Afghanistan das neue Vietnam sieht. Begründet wird das ganz überzeugt mit: „weil wir da nichts verloren haben“. Wie in der Regierung?

Bild: Screenshot DasErste

Onlinewahlkampf zu den Landtagswahlen Saarland, Sachsen und Thüringen

In drei Bundesländern wird am 30. August gewählt und überall dürfte es spannend werden. Ein Grund sich die Online Aktivitäten der Parteien mal anzusehen. Sylvia Braun hat bereits im April die Internetseiten der Spitzenkandidaten angesehen und kürzlich auch die Seiten der fünf im Bundestag vertretenen Parteien bezüglich ihrer Onlinekampagnen unter die Lupe genommen. Für Homopoliticus hat sie die Ergebnisse zusammengefasst und ein Fazit gezogen.

Saarland:

FireShot capture #002 - 'CDU Saar I CDU Saar I home' - www_cdu-saar_de_content_pages_home_htmFireShot capture #003 - 'Hauptseite - Peter Müller' - www_peter-mueller_de_content_pages_home_htmFireShot capture #004 - 'PMT-Camp-09 — Das Webcamp des Peter-Müller-Teams_' - www_pmt09_de

Die CDU setzt hier ganz auf den Landesvater Peter Müller, dessen persönliche Seite als Wahlkampfplattform genutzt wird. Peter Müller ist selbst nicht in den sozialen Netzwerken zu finden, hinterlässt jedoch mit seinem Peter-Müller-Team einen durchaus dynamischen Eindruck. Dadurch bleibt er selbst im Netz zwar etwas unpersönlich, was er aber wohl im „richtigen Leben“ gut ausgleichen kann.

FireShot capture #005 - 'SPD Saar_ Wir machen's_' - www_spd-saar_deFireShot capture #007 - 'Heiko Maas_ Der neue Mann' - www_heiko-maas_de

Die SPD hat eine ganz auf Wahlkampf ausgerichtete Seite und verkauft ihren etwas spröden Kandidaten Heiko Maas recht geschickt  als James Bond Verschnitt. Dieser setzt durch sein Engagement bei Twitter, Social Networks und einem Blog  persönlich eine ganz besondere Note und lässt damit das Unnahbare fast in Vergessenheit geraten.

FireShot capture #008 - 'Politik für dich_ FDP Saar - Die Saarliberalen' - www_fdpsaar_deFireShot capture #009 - 'Christoph Hartmann will ein lebenswerteres Saarland für dich, durch sichere Arbeitsplätze, bessere Bildung und niedrigere Steuern_ Du auch_' - www_christoph-hartmann_net

Die FDP startet mit Art Memory-Seite mit (wie ich finde peinlichen) Testimonials, einigen Inhalten und Verlinkungen zum Wahlkampf. Meiner Meinung nach ist die Bedienung der Seite nur etwas für fortgeschrittene Nutzer. Auf der Seite der Partei  im klassischen Desgin wird der Wahlkampf  fast ausblendet. Zwar ist ihr Spitzenkandidat Christoph Hartmann aktiv bei Facebook und Twitter, auf den Internetseiten bekommt dies aber keinen gebührenden Platz (nicht mal der Spitzenkandidat ist verlinkt) und so wird viel Aktivität hier einfach verpuffen, weil der Multiplikator fehlt.

FireShot capture #010 - 'Grüne Saar - Homepage' - partei_gruene-saar_deFireShot capture #011 - 'Saarland Verändern' - saarland-veraendern_de

Die Grünen haben eine veraltetet Präsenz, verweisen aber gleich auf  ihre Wahlkampfseite. Diese ist viel besser, aber auch keinen großer Wurf, alles wirkt etwas verkrampft und zu sehr gewollt. Aber man hat sich an dem Auftritt der Bundespartei orientiert, wo die Einbindung von interaktiven Elementen Standard ist.

FireShot capture #012 - 'DIE LINKE_ Landesverband Saarland_ Wahlen' - www_dielinke-saar_deFireShot capture #013 - 'DIE LINKE_ Oskar Lafontaine_ Startseite' - www_oskar-waehlen_de

Die Linke hat mit Oskar Lafontaine lange für eine eigene Internetpräsenz für ihren Spitzenkandidaten gebraucht, diese auch noch mindestens einmal komplett umkonzipiert. Er hat auch erst sehr spät Verlinkungen zu sozialen Netzwerken eingebunden.

Links:
Artikel über die Spitzenkandidaten (April 09)
Artikel über die Parteiseiten (August 09)

Sachsen:

FireShot capture #014 - 'Wahlstraße' - wissen_cdu-sachsen_de_go_htmlFireShot capture #015 - 'Stanislaw Tillich' - www_stanislaw-tillich_deFireShot capture #017 - 'Unser Sachsen_ Etwas ganz besonderes' - www_sachsenstark_de

Als ich mir im April die sächsischen Seiten zum ersten Mal angesehen habe, was das einfach nur gruselig oder nicht vorhanden. Hier hat sich tatsächlich viel getan. Die CDU setzt auch voll auf Wahlkampf und hat das interessantes Konzept einer Wahlstraße umgesetzt, wo man in einer umlaufenden Grafik themenbezogene Grafiken für mehr Informmationen auswählen kann. Gut gemacht, aber sicher auch etwas für den fortgschrittenen Nutzer mit guter Technik.  Der Spitzenkandidaten Stansilaw Tillich wird als „Der Sachse“ (ist er nicht Sorbe???) mit einem eigenen Portal in Szene gesetzt. Außerdem gibt es ein Wahlkampfteam „Sachsenstark„, da sich hier wie im Saarland der Spitzenkandidat nicht persönlich ins Zeug wirft (was natürlich auch, wie bei Peter Müller, mit der aktuellen Funktion als MP zu tun haben dürfte).  Alles in allem ein rundum verbessertes Angebot mit ein paar handwerklichen Fehlern und fehlender Transparenz an manchen Stellen.

FireShot capture #018 - 'SPD Sachsen I Anpacken_ Für Sachsen_' - spdsachsen_deFireShot capture #019 - 'Thomas Jurk I Wirtschafts- und Arbeitsminister' - www_thomas-jurk_de

Die SPD hat es in Sachsen natürlich schwer, entsprechend sparsam ist auch der Online Wahlkampf ausgefallen. Man baut auf vorgegebene Strukturen und kann wenig Akzente setzten. Zwar twittert der Spitzenkandidat  Thomas Jurk, reißt aber damit nicht wirklich mit. Und die Unterstützerliste ist auch ganz schön traurig.

FireShot capture #020 - 'Homepage' - www_fdp-sachsen_de

Die FDP in Sachsen hat eine übersichtliche Seite mit der klassischen Einbindung von sozialen Netzwerken, an manchen Stellen jedoch etwas unglücklich verlinkt. Ebenso unglücklich wird die Domain des Spitzenkandidaten Holger Zastrow auf die Startseite der FDP Sachsen Seite weitergeleitet, wo sich doch als Weiterleitungsziel die Rubrik des Kandidaten angeboten hätte.

FireShot capture #022 - 'Startseite - BÜNDNIS 90_DIE GRÜNEN Sachsen' - www_gruene-sachsen_deFireShot capture #023 - 'Landtagswahl 2009 - BÜNDNIS 90_DIE GRÜNEN Sachsen' - www_gruene-sachsen_de_wahlen_ltw2009_htmlFireShot capture #024 - 'Startseite - Antje Hermenau' - www_antje-hermenau_de

Die Grünen haben auf ihrer auffällig verlinkten Wahlkampfseite ein paar wirklich witzige und interessante Aktionen zum Mitmachen (Fotoaktion) und sind gewohnt netzwerklastig verlinkt. Auch deren Spitzenkandidatin Antje Hermenau hat ihre Seite in dieser Hinsicht gut gestaltet.

FireShot capture #025 - 'DIE LINKE_ Sachsen' - www_dielinke-in-sachsen_deFireShot capture #026 - 'Dr_ André Hahn – Ministerpräsident für Sachsen «' - www_andre-hahn_eu

Die Linke hat einen Twitterfeed (allerdings ganz weit unten) eingebunden, womit sich dann aber auch schon die Interaktivität erschöpft. Der Spitzenkandidat Andre Hahn ist prominent verlinkt und bloggt fleißig, lässt aber keine Kommentare zu seinen Erlebnissen und Standpunkten zu.

Links:
Artikel über die Spitzenkandidaten (April 09)
Artikel über die Parteiseiten (August 09)

Thüringen:

FireShot capture #027 - 'Ministerpräsident Dieter Althaus_ Herzlich Willkommen' - www_dieter-althaus_deFireShot capture #028 - 'CDU - die Thüringenpartei_ CDU Thüringen' - cdu-thueringen_deFireShot capture #029 - 'TEAM THÜRINGEN' - www_team-thueringen_de

Der etwas umstrittene Landesvater Dieter Althaus hatte schon im April seine Seite im  alten „Obama-Design“ online, am Konzept der Seite hat sich in den letzten Monaten auch nicht viel geändert. Er bloggt zwar hin und wieder, doch auch hier: keine Kommentarfunktion. Die CDU Thüringen setzt bei Interaktivität ganz auf ihre Team Thüringen. Dieses Team ist leider eine geschlossene Veranstaltung, ohne Anmeldung geht hier fast nichts – und das geht gar nicht!

FireShot capture #030 - 'Christoph Matschie' - www_christoph-matschie_de_blogFireShot capture #031 - 'Neue Kraft für Thüringen_' - www_thueringen09_de

Die SPD hat genauso wie ihr Spitzenkandidat Christoph Matschie eine solide, modernen Seite im Netz, mit den klassischen Verlinkungen zu den sozialen Netzwerken und einer nett gemachten Twitterfeed-Einbindung als Sprechblase bei Matschie.

FireShot capture #032 - 'FDP Thüringen - Die Liberalen online - Aktuelle News' - www_fdp-thueringen_deFireShot capture #033 - 'Aktuelles - Uwe Barth' - www_uwe-barth-thueringen_de

Die FDP macht auf den ersten Blick einen guten Eindruck, bei näherem Hinsehen wirkt dann doch alles etwas unstrukturiert und mehr auf den Bundestagswahlkampf konzentriert. Der Spitzenkandidat Uwe Barth hat dann auch eine ganz einfache Seite, die zu der anderen nicht recht passen will und soziale Netzwerke ganz außen vor lässt.

FireShot capture #034 - 'GRÜN rein! Alt raus!' - www_sommergruen_deFireShot capture #035 - 'Astrid Rothe-Beinlich_ GRÜN rein! Alt raus!' - www_rothe-beinlich_de

Die Grünen haben mit ihrem Slogan „Alt raus – Grün rein“ gleich einen genialen Eyecatcher, der Rest ist dann aber doch etwas unglücklich geraten mit unscheinbaren Twitterfeeds und Verlinkungen zu Facebook. Der Twitterlink ist bei der Spitzenkandidatin Astrid Rothe-Beinlich schon auffälliger gelungen, damit hat sich die Interaktivität dann aber auch schon erschöpft.

FireShot capture #037 - 'Die Linke Thüringen' - www_die-linke-thueringen_deFireShot capture #038 - 'Bodo Ramelow - Ministerpräsident für Thüringen' - www_bodo-ramelow_de

Die Linke setzt im Wahlkampf ganz auf ihren Spitzenkandidaten Bodo Ramelow. Dieser hat seine Seite in dieser Form offensichtlich nicht erst kurzfristig zu Wahlkampfzwecken und ist überall vernetzt, wobei das besser verlinkt sein könnte. Sein Blog wird gut gefüttert und er lässt tatsächlich Kommentare zu und antwortet auch darauf.

Links:
Artikel über die Spitzenkandidaten (April 09)
Artikel über die Parteiseiten (August 09)

Mein Fazit…

…für alle Bundesländer (und vermutlich nicht nur für diese):
Online-Wahlkampf bedeutet nicht die Anzahl der Unterstützer in den verschiedenen Netzwerken zu zählen. Es ist der Wille zur Kommunikation mit dem Wähler. Die Netzwerke können das nur erleichtern. Noch ist der Online-Wahlkampf über den Schwerpunkt des eingleisigen Informierens nicht wirklich hinaus gekommen. Eine Kommunikation findet in den seltensten Fällen statt, aus Angst vor Kontrollverlust lässt man zum Beispiel die Kommentarfunktion in einem Blog dann doch lieber deaktiviert. Wie man allerdings auch am Beispiel des Blogs von Bodo Ramelow an den doch recht dünn gesäten Kommentaren sehen kann, ist der Bedarf beim Wähler zur Kommunikation und der damit verbundenen öffentlichen Stellungnahme auch nicht besonders groß.

Erschwerend kommt hier noch hinzu, dass es sich gerade bei diesen drei Bundesländern um Länder handelt, die in der Nonliner-Studie in fast allen Bereichen auf den hinteren Plätzen rangieren, d.h. gerade hier die Nutzerzahlen von Online-Angeboten niedriger als in anderen Bundesländern sind.  Doch wie uns die vermittelte Nähe durch das Teilhaben am Leben der Kandidaten in unserer  Wahlentscheidung beeinflussen kann, ist schwer messbar. So kann mir ein Kandidat sympathischer oder unsympathischer werden, wenn ich z.B. über Twitter ein wenig an seinem Leben teilnehmen kann. Er wird in den aller meisten Fällen menschlicher werden und macht so eine pauschale Ablehnung wegen eines Parteibuches nicht so einfach. Einen ähnlichen Effekt kann ein funktionierendes Team (ein Weg, den die CDU offensichtlich gerne – mit unterschiedlichem Erfolg – geht) haben, dessen Engagement für den Kandidaten beeindrucken kann und diesen so besser aussehen lässt.

Einen Aha-Effekt wie ansatzweise im hessischen Onlinewahlkampf hat in diesen drei Wahlkämpfen auf jeden Fall gefehlt. Die Satire auf das Getwitter von Thorsten Schäfer-Gümbel durch Martin Sonneborn war eben diesbezüglich ein Glücksfall (oder eine geschickte Strategie??). Eine Aktion dieser Art hätte dem Onlinewahlkampf vielleicht noch einen Schub geben können, aber beeinflussen wird er auch diesmal wohl wieder kaum das Wahlergebnis.

Sylvia Braun ist Autorin des Blog Politik 2.0, das sich mit der Tauglichkeit von politischen Internetseiten im Hinblick auf deren Interaktivität beschäftigt. Sie ist selbstständig tätig, berät bei der Konzeption von politischen Internetseiten und führt Website-Checks durch.

Bilder: Die jeweiligen Parteien

Parteien im Web: Barrieren für Behinderte

Für blinde und sehbehinderte Menschen ist das Internet eine wichtige Informationsquelle. Mithilfe von Screenreader, Sprachausgabe und Braillezeile ist das Surfen möglich. Aber auch die Webseiten müssen einige Voraussetzungen mitbringen. Das Stichwort hierfür ist Barrierefreiheit. Wie sieht es in Sachen Zugänglichkeit bei den Kampagnen-Seiten der Parteien aus? Auch blinde und sehbehinderte Menschen möchten sich vor der Bundestagswahl über Personen, Programme und Themen informieren. Ist das möglich? Haben die Parteien an behinderte Bürger gedacht? Zusammen mit dem Accessibility-Experten Thomas Mayer habe ich die Startseiten der Parteien getestet.

CDU

CDU.de kommt sehr unübersichtlich daher. Es gibt keine Überschriften, die der Screenreader erkennen und anspringen kann. Ich muss mir die Seite komplett vorlesen lassen, weil ich auch keine Navigationsliste finde. Mich interessiert ein Video: „Eine Antwort auf die Angriffe der SPD“. Ich kann es nicht anklicken. Bei dem Kampagnen-Portal der CDU wurde offensichtlich nicht an Barrierefreiheit gedacht. Auffällig ist das Fehlen jeglicher HTML Strukturelemente. Die Schriftgröße kann im Internet Explorer nicht individuell eingestellt werden – das wäre für sehbehinderte User aber eine große Hilfe. Wichtige Inhalte, wie die Navigationsleiste in der rechten Spalte, sind als CSS-Hintergrundgrafiken angelegt. Damit sind diese Links für Nutzer von Screenreadern unzugänglich. Die Seite ist sehr Grafik-lastig, aber immerhin sind alle Bilder mit aussagekräftigen Alternativtexten versehen.

Fazit: Ungenügend.

SPD

Obwohl Parteien nicht gesetzlich zur Barrierefreiheit verpflichtet sind, erfüllt SPD.de viele Standards. Es wird neben der Standard-Version eine barrierefreie Ansicht ohne Animationen und JavaScript-Spielereien angeboten. Beide Versionen sind gut mit Überschriften und Listen strukturiert, alles lässt sich prima mit der Tastatur steuern und die Alternativtexte für Grafiken sind aussagekräftig. Als einzige Partei bietet die SPD Sprunglinks an, die es Tastaturbenutzern ermöglichen, direkt zum Inhalt der Seite zu springen.

Fazit: Gut.

FDP

Auch FDP.de hat strukturierte Listen und Überschriften, die mein Screenreader erkennt. Manche Grafiken und Überschriften bestehen für den blinden Leser aber nur aus Zahlen-Kolonnen. Es gibt kleinere Probleme im Zusammenhang mit der Verwendung von Hintergrundgrafiken. Als einzige Partei bietet die FDP einen Styleswitcher an, mit dem die Nutzer die Schriftgröße verändern können.

Fazit: Befriedigend.

Grüne

Gruene.de begrüßt mich mit einem Link „Großbanken wie die Deutsche Bank müssen zu Transparenz gezwungen werden“. Ich erwarte aber als erstes eine übersichtliche Linkliste, so dass ich schnell die gewünschten Inhalte ansteuern kann. Diese Liste erscheint auf meiner Braillezeile aber erst ganz unten. Außerdem fehlen strukturierende Überschriften. Es werden zahlreiche Banner und Animationen eingesetzt. Bis auf einige Schaltflächen mit englischen Texten sind die Alternativtexte der Grafiken aussagekräftig. Trotzdem sind grafische Banner problematisch: Sie funktionieren nur bei einem visuellen Zugang und lassen sich nicht an individuelle Anforderungen (z.B. Schriftgröße oder Farbe) anpassen – somit können sehbehinderte User die Seite kaum nutzen. Weitere Probleme gibt es bei der Schriftvergrößerung. Die Schrift lässt sich zwar vergrößern, aber schon bei geringer Vergrößerung werden Inhalte abgeschnitten und sind nicht mehr lesbar. Auch bei den Grünen ist der Einsatz von Hintergrundgrafiken problematisch. Einige Bereiche, wie „Meine Kampagne“ oder der komplette Kopfbereich der Seite, sind dadurch unzugänglich.

Fazit: Mangelhaft.

Linke

Die-Linke.de erfüllt einige Standards der Barrierefreiheit: Überschriften und Listen sind so strukturiert, dass sie ein Navigieren vereinfachen. Grafiken haben einen Alternativtext. Die Linke verwendet für einige grafische Banner das HTML longdesc-Attribut. Dadurch sagt mein Screenreader bei einer Grafik „Drücken Sie Eingabe für lange Beschreibung“. Wenn ich das tue, kommt aber keine lange Beschreibung. Das Attribut wird falsch eingesetzt. Durch die Verwendung einer bestimmten JavaScript-Funktion in den Links der Navigation, ist das Angebot für Menschen, die keine Maus nutzen können und stattdessen mit der Tabulator-Taste durch eine Seite navigieren, im Internet Explorer praktisch nicht mehr nutzbar – somit schließt die Partei alle motorisch eingeschränkten User aus, die z. B. durch eine Spastik keine Maus benutzen können. Davon abgesehen gibt es noch Probleme mit der Schriftvergrößerung im Internet Explorer. Einige Bereiche lassen sich nicht vergrößern. Bis auf das Logo der Partei sind alle Grafiken mit Alternativtexten versehen.

Fazit: Mangelhaft.

Piraten

Piratenpartei.de kommt ohne Schnörkel daher. Für blinde und sehbehinderte Nutzer ist das erfreulicher als die Grafik- und Animationslastigen Angebote anderer Parteien. Anscheinend wird das Standard-Template des Content-Managment-Systems Drupal eingesetzt. Das ist aber kein Nachteil. Im Gegenteil, diese valide und gut strukturierte Vorlage ist eine gute Voraussetzung für eine barrierefreie Website. Es gibt eine Navigation, Grafiken sind mit Alternativtext beschriftet. Spezielle Optimierungen bezüglich der Barrierefreiheit sind aber nicht erkennbar.

Fazit: Befriedigend.

Zusammenfassung

Bis auf das Angebot der SPD hat jede Website größere und kleinere Probleme mit der Barrierefreiheit. Nur bei der SPD ist erkennbar, dass das Thema Barrierefreiheit bei der Entwicklung berücksichtigt wurde. Befriedigend sind die Auftritte der FDP und der Piratenpartei. Diese Websites wurden nicht speziell auf Barrierefreiheit optimiert. Sie profitieren aber von ihrer zeitgemäßen Umsetzung, die eine Grundversorgung in Sachen Barrierefreiheit sicherstellt. Die Grünen haben vor allen Probleme mit der individuellen Anpassbarkeit ihrer Inhalte. Die Linke disqualifiziert sich durch nur einen kleinen aber sehr schwerwiegenden Fehler. Nicht akzeptabel ist das Angebot der CDU.

Die Autoren:

Heiko Kunert (33) ist Sprecher des Blinden- und Sehbehindertenvereins Hamburg (BSVH). Er erblindete mit sieben Jahren durch einen Tumor. In seinem Blog und bei Twitter schreibt er über seine Arbeit und das blinde Leben in Hamburg.

Thomas Mayer (41) arbeitet für den BSVH als Berater im Projekt „barrierefrei informieren und kommunizieren“. BIK testet Websites auf ihre Zugänglichkeit und informiert Agenturen, Unternehmen und Behörden bei der Gestaltung ihrer Internet-Angebote.