Politisches Morgengezwitscher

Thorsten Schäfer-Gümbel wird für diejenigen, die sich für Politik im und mit dem Internet interessieren, wohl auf ewig mit dem Kurznachrichtendienst Twitter verknüpft bleiben. Er war der erste deutsche Politiker, der im Jahre 0 nach Barack Obama eine gewisse Prominenz mit seinem Zwitschern erlangen konnte. Dabei ging der Erfolg nicht wirklich auf das Konto einer ausgefeilten Inhalts-Strategie, vielmehr war er eben erst einmal dabei und redete auch tatsächlich mit diesen Twitterati. Das war genug für die Presse, um ausgiebig darüber zu berichten. Nach der Wahl in Hessen 2009 wurde dieser Sachverhalt noch offensichtlicher. Schon legendär sind Schäfer-Gümbels Tweets über den morgendlichen Kaffee – die nicht zuletzt zur Parodie der Titanic führten…

Irgendetwas hat sich seitdem verändert. Wenn man nun morgens das erste Mal in die Twitter-Nachrichten schaut, berichtet Schäfer-Gümbel immer noch gern über Kaffee oder gern auch mal über den morgendlichen Stau auf der A5. Aber damit hört es nicht auf. Schäfer-Gümbel zeigt vielmehr, wie man auch als Landespolitiker sinnvolle und tagesaktuelle Botschaften in 140 Zeichen versenden kann. Ein paar Beispiele: Weiterlesen

Schirrmacher und das Netzwerkbarometer

von Christoph Bieber

„Wer braucht im Wahlkampf eigentlich Freunde?“ lautete die Frage vor gut einem Jahr, als das Netzwerkbarometer erstmals an den Start ging – Anlass war damals die Landtagswahl in Hessen, der nicht unspektakuläre Start in das Superwahljahr 2009. Damals begab sich der Homo Politicus auf noch unvermessenes Gelände und setzte ein erstes Signal in Richtung innovativer Wahlkampfberichterstattung im Web 2.0.

Im Laufe des Jahres wurde es auf diesem Feld noch richtig eng, vor allem zahlreiche Agenturen nutzten die politische Aktivität im „Social Web“ als Bühne zum Schaulaufen für potenzielle Auftraggeber. Angebote wie wahl.de (compuccino), wahlradar.de (linkfluence/Publicis), politReport.de (cognita AG) oder der Wahl-imWeb-Monitor (Weber Shandwick) fügten der eher konventionellen Berichterstattung über den Online-Wahlkampf durch die üblichen Verdächtigen eine neue Facette hinzu: die automatisierte Erfassung der Politiker-Aktivität auf den Plattformen des Web 2.0. Solche „Aggregatoren“ sorgten damit erstmals für eine großflächige Abbildung der politischen Nutzung von Facebook, Twitter & Co. Weil die Abfragen (Frank Schirrmacher würde sagen: die Algorithmen) nicht allein auf die Beiträge der Politiker abgestimmt bleiben mussten, lenkten die verschiedenen Darstellungen häufig auch die Blicke auf bislang unbekannte Ausschnitte der politischen Online-Öffentlichkeit: wer vernetzt sich mit wem, wer teilt welche Informationen auf welcher Plattform, wer antwortet auf welchen Kommunikations-Anreiz innerhalb der eigenen Partei oder beim politischen Gegner?

Wenn nun das Netzwerkbarometer in seine zweite Auflage startet, orientiert es sich aber weniger an den Agentur-Algorithmen, sondern den eigenen Erfahrungen aus dem Vorjahr: der Ansatz auf Homo Politicus ist nämlich kein automatisierter, sondern setzt stets die eigenhändige Systematisierung, Kontrolle und Interpretation der Daten voraus. Genau das war im vergangenen Jahr die große Schwäche der aufwändig produzierten Aggretatoren: angesichts der Datenflut kapitulierten die Anbieter nicht selten vor tiefer schürfenden Analysen – auf eine ertragreiche Untersuchung zur Social Media-Nutzung im Online-Wahlkampf des Jahres 2009 müssen wir daher noch warten. Informationsüberlastung im Schirrmacher-Sinn scheint hier tatsächlich einmal das richtige Stichwort.

Womit wird sich nun das Netzwerk-Barometers in den nächsten Wochen und Monaten beschäftigen? Zunächst einmal ist es spannend zu beobachten, inwiefern die Landespolitiker Opfer des deutschen „Offline-Herbstes“ geworden sind. Haben die (wenigen) einen Vorteil, die auf die kontinuierliche Kommunikation mit ihren Fans, Freunden und Followern gesetzt haben? Oder können Versäumnisse aus den vergangenen Monaten rasch aufgeholt werden? Wirkt auch in 2010 noch so etwas wie der „Obama-Effekt“ oder besinnt man sich auf Landesebene eher auf „campaigning as usual“ (Wesselmänner, Handzettel, Tapeziertische)? Gibt es auch im Landtagswahlkampf wieder spektakuläre Ausrutscher, die umgehend im Internet dokumentiert werden und sich dort in Echtzeit verbreiten? Setzen erneut die Piraten die Maßstäbe im Social Web? Und schließlich: ist (oder: bleibt) das Netz eine abgeschottete Plattform für „Nerds“ oder zeigen sich „spill-over“-Effekte in Richtung der alten Medien?

Die Daten aus dem Netzwerkbarometer werden diese und andere Fragen sicher nicht vollständig beantworten können, aber sie tragen mit Sicherheit zum besseren Verständnis moderner politischer Kommunikation bei. Und das ist gut so.

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Dr. Christoph Bieber ist wissenschaftlicher Assistent an der JLU Gießen und beschäftigt sich mit den Auswirkungen der Neuen Medien auf politische und gesellschaftliche Prozesse. Zu seinen Veröffentlichungen zählen unter anderem Publikationen zum Thema Online-Wahlkampf, die Zukunft der Mediendemokratie und Interaktivität. Dr. Bieber betreibt das Blog Internet und Politik.

Onlinewahlkampf zu den Landtagswahlen Saarland, Sachsen und Thüringen

In drei Bundesländern wird am 30. August gewählt und überall dürfte es spannend werden. Ein Grund sich die Online Aktivitäten der Parteien mal anzusehen. Sylvia Braun hat bereits im April die Internetseiten der Spitzenkandidaten angesehen und kürzlich auch die Seiten der fünf im Bundestag vertretenen Parteien bezüglich ihrer Onlinekampagnen unter die Lupe genommen. Für Homopoliticus hat sie die Ergebnisse zusammengefasst und ein Fazit gezogen.

Saarland:

FireShot capture #002 - 'CDU Saar I CDU Saar I home' - www_cdu-saar_de_content_pages_home_htmFireShot capture #003 - 'Hauptseite - Peter Müller' - www_peter-mueller_de_content_pages_home_htmFireShot capture #004 - 'PMT-Camp-09 — Das Webcamp des Peter-Müller-Teams_' - www_pmt09_de

Die CDU setzt hier ganz auf den Landesvater Peter Müller, dessen persönliche Seite als Wahlkampfplattform genutzt wird. Peter Müller ist selbst nicht in den sozialen Netzwerken zu finden, hinterlässt jedoch mit seinem Peter-Müller-Team einen durchaus dynamischen Eindruck. Dadurch bleibt er selbst im Netz zwar etwas unpersönlich, was er aber wohl im „richtigen Leben“ gut ausgleichen kann.

FireShot capture #005 - 'SPD Saar_ Wir machen's_' - www_spd-saar_deFireShot capture #007 - 'Heiko Maas_ Der neue Mann' - www_heiko-maas_de

Die SPD hat eine ganz auf Wahlkampf ausgerichtete Seite und verkauft ihren etwas spröden Kandidaten Heiko Maas recht geschickt  als James Bond Verschnitt. Dieser setzt durch sein Engagement bei Twitter, Social Networks und einem Blog  persönlich eine ganz besondere Note und lässt damit das Unnahbare fast in Vergessenheit geraten.

FireShot capture #008 - 'Politik für dich_ FDP Saar - Die Saarliberalen' - www_fdpsaar_deFireShot capture #009 - 'Christoph Hartmann will ein lebenswerteres Saarland für dich, durch sichere Arbeitsplätze, bessere Bildung und niedrigere Steuern_ Du auch_' - www_christoph-hartmann_net

Die FDP startet mit Art Memory-Seite mit (wie ich finde peinlichen) Testimonials, einigen Inhalten und Verlinkungen zum Wahlkampf. Meiner Meinung nach ist die Bedienung der Seite nur etwas für fortgeschrittene Nutzer. Auf der Seite der Partei  im klassischen Desgin wird der Wahlkampf  fast ausblendet. Zwar ist ihr Spitzenkandidat Christoph Hartmann aktiv bei Facebook und Twitter, auf den Internetseiten bekommt dies aber keinen gebührenden Platz (nicht mal der Spitzenkandidat ist verlinkt) und so wird viel Aktivität hier einfach verpuffen, weil der Multiplikator fehlt.

FireShot capture #010 - 'Grüne Saar - Homepage' - partei_gruene-saar_deFireShot capture #011 - 'Saarland Verändern' - saarland-veraendern_de

Die Grünen haben eine veraltetet Präsenz, verweisen aber gleich auf  ihre Wahlkampfseite. Diese ist viel besser, aber auch keinen großer Wurf, alles wirkt etwas verkrampft und zu sehr gewollt. Aber man hat sich an dem Auftritt der Bundespartei orientiert, wo die Einbindung von interaktiven Elementen Standard ist.

FireShot capture #012 - 'DIE LINKE_ Landesverband Saarland_ Wahlen' - www_dielinke-saar_deFireShot capture #013 - 'DIE LINKE_ Oskar Lafontaine_ Startseite' - www_oskar-waehlen_de

Die Linke hat mit Oskar Lafontaine lange für eine eigene Internetpräsenz für ihren Spitzenkandidaten gebraucht, diese auch noch mindestens einmal komplett umkonzipiert. Er hat auch erst sehr spät Verlinkungen zu sozialen Netzwerken eingebunden.

Links:
Artikel über die Spitzenkandidaten (April 09)
Artikel über die Parteiseiten (August 09)

Sachsen:

FireShot capture #014 - 'Wahlstraße' - wissen_cdu-sachsen_de_go_htmlFireShot capture #015 - 'Stanislaw Tillich' - www_stanislaw-tillich_deFireShot capture #017 - 'Unser Sachsen_ Etwas ganz besonderes' - www_sachsenstark_de

Als ich mir im April die sächsischen Seiten zum ersten Mal angesehen habe, was das einfach nur gruselig oder nicht vorhanden. Hier hat sich tatsächlich viel getan. Die CDU setzt auch voll auf Wahlkampf und hat das interessantes Konzept einer Wahlstraße umgesetzt, wo man in einer umlaufenden Grafik themenbezogene Grafiken für mehr Informmationen auswählen kann. Gut gemacht, aber sicher auch etwas für den fortgschrittenen Nutzer mit guter Technik.  Der Spitzenkandidaten Stansilaw Tillich wird als „Der Sachse“ (ist er nicht Sorbe???) mit einem eigenen Portal in Szene gesetzt. Außerdem gibt es ein Wahlkampfteam „Sachsenstark„, da sich hier wie im Saarland der Spitzenkandidat nicht persönlich ins Zeug wirft (was natürlich auch, wie bei Peter Müller, mit der aktuellen Funktion als MP zu tun haben dürfte).  Alles in allem ein rundum verbessertes Angebot mit ein paar handwerklichen Fehlern und fehlender Transparenz an manchen Stellen.

FireShot capture #018 - 'SPD Sachsen I Anpacken_ Für Sachsen_' - spdsachsen_deFireShot capture #019 - 'Thomas Jurk I Wirtschafts- und Arbeitsminister' - www_thomas-jurk_de

Die SPD hat es in Sachsen natürlich schwer, entsprechend sparsam ist auch der Online Wahlkampf ausgefallen. Man baut auf vorgegebene Strukturen und kann wenig Akzente setzten. Zwar twittert der Spitzenkandidat  Thomas Jurk, reißt aber damit nicht wirklich mit. Und die Unterstützerliste ist auch ganz schön traurig.

FireShot capture #020 - 'Homepage' - www_fdp-sachsen_de

Die FDP in Sachsen hat eine übersichtliche Seite mit der klassischen Einbindung von sozialen Netzwerken, an manchen Stellen jedoch etwas unglücklich verlinkt. Ebenso unglücklich wird die Domain des Spitzenkandidaten Holger Zastrow auf die Startseite der FDP Sachsen Seite weitergeleitet, wo sich doch als Weiterleitungsziel die Rubrik des Kandidaten angeboten hätte.

FireShot capture #022 - 'Startseite - BÜNDNIS 90_DIE GRÜNEN Sachsen' - www_gruene-sachsen_deFireShot capture #023 - 'Landtagswahl 2009 - BÜNDNIS 90_DIE GRÜNEN Sachsen' - www_gruene-sachsen_de_wahlen_ltw2009_htmlFireShot capture #024 - 'Startseite - Antje Hermenau' - www_antje-hermenau_de

Die Grünen haben auf ihrer auffällig verlinkten Wahlkampfseite ein paar wirklich witzige und interessante Aktionen zum Mitmachen (Fotoaktion) und sind gewohnt netzwerklastig verlinkt. Auch deren Spitzenkandidatin Antje Hermenau hat ihre Seite in dieser Hinsicht gut gestaltet.

FireShot capture #025 - 'DIE LINKE_ Sachsen' - www_dielinke-in-sachsen_deFireShot capture #026 - 'Dr_ André Hahn – Ministerpräsident für Sachsen «' - www_andre-hahn_eu

Die Linke hat einen Twitterfeed (allerdings ganz weit unten) eingebunden, womit sich dann aber auch schon die Interaktivität erschöpft. Der Spitzenkandidat Andre Hahn ist prominent verlinkt und bloggt fleißig, lässt aber keine Kommentare zu seinen Erlebnissen und Standpunkten zu.

Links:
Artikel über die Spitzenkandidaten (April 09)
Artikel über die Parteiseiten (August 09)

Thüringen:

FireShot capture #027 - 'Ministerpräsident Dieter Althaus_ Herzlich Willkommen' - www_dieter-althaus_deFireShot capture #028 - 'CDU - die Thüringenpartei_ CDU Thüringen' - cdu-thueringen_deFireShot capture #029 - 'TEAM THÜRINGEN' - www_team-thueringen_de

Der etwas umstrittene Landesvater Dieter Althaus hatte schon im April seine Seite im  alten „Obama-Design“ online, am Konzept der Seite hat sich in den letzten Monaten auch nicht viel geändert. Er bloggt zwar hin und wieder, doch auch hier: keine Kommentarfunktion. Die CDU Thüringen setzt bei Interaktivität ganz auf ihre Team Thüringen. Dieses Team ist leider eine geschlossene Veranstaltung, ohne Anmeldung geht hier fast nichts – und das geht gar nicht!

FireShot capture #030 - 'Christoph Matschie' - www_christoph-matschie_de_blogFireShot capture #031 - 'Neue Kraft für Thüringen_' - www_thueringen09_de

Die SPD hat genauso wie ihr Spitzenkandidat Christoph Matschie eine solide, modernen Seite im Netz, mit den klassischen Verlinkungen zu den sozialen Netzwerken und einer nett gemachten Twitterfeed-Einbindung als Sprechblase bei Matschie.

FireShot capture #032 - 'FDP Thüringen - Die Liberalen online - Aktuelle News' - www_fdp-thueringen_deFireShot capture #033 - 'Aktuelles - Uwe Barth' - www_uwe-barth-thueringen_de

Die FDP macht auf den ersten Blick einen guten Eindruck, bei näherem Hinsehen wirkt dann doch alles etwas unstrukturiert und mehr auf den Bundestagswahlkampf konzentriert. Der Spitzenkandidat Uwe Barth hat dann auch eine ganz einfache Seite, die zu der anderen nicht recht passen will und soziale Netzwerke ganz außen vor lässt.

FireShot capture #034 - 'GRÜN rein! Alt raus!' - www_sommergruen_deFireShot capture #035 - 'Astrid Rothe-Beinlich_ GRÜN rein! Alt raus!' - www_rothe-beinlich_de

Die Grünen haben mit ihrem Slogan „Alt raus – Grün rein“ gleich einen genialen Eyecatcher, der Rest ist dann aber doch etwas unglücklich geraten mit unscheinbaren Twitterfeeds und Verlinkungen zu Facebook. Der Twitterlink ist bei der Spitzenkandidatin Astrid Rothe-Beinlich schon auffälliger gelungen, damit hat sich die Interaktivität dann aber auch schon erschöpft.

FireShot capture #037 - 'Die Linke Thüringen' - www_die-linke-thueringen_deFireShot capture #038 - 'Bodo Ramelow - Ministerpräsident für Thüringen' - www_bodo-ramelow_de

Die Linke setzt im Wahlkampf ganz auf ihren Spitzenkandidaten Bodo Ramelow. Dieser hat seine Seite in dieser Form offensichtlich nicht erst kurzfristig zu Wahlkampfzwecken und ist überall vernetzt, wobei das besser verlinkt sein könnte. Sein Blog wird gut gefüttert und er lässt tatsächlich Kommentare zu und antwortet auch darauf.

Links:
Artikel über die Spitzenkandidaten (April 09)
Artikel über die Parteiseiten (August 09)

Mein Fazit…

…für alle Bundesländer (und vermutlich nicht nur für diese):
Online-Wahlkampf bedeutet nicht die Anzahl der Unterstützer in den verschiedenen Netzwerken zu zählen. Es ist der Wille zur Kommunikation mit dem Wähler. Die Netzwerke können das nur erleichtern. Noch ist der Online-Wahlkampf über den Schwerpunkt des eingleisigen Informierens nicht wirklich hinaus gekommen. Eine Kommunikation findet in den seltensten Fällen statt, aus Angst vor Kontrollverlust lässt man zum Beispiel die Kommentarfunktion in einem Blog dann doch lieber deaktiviert. Wie man allerdings auch am Beispiel des Blogs von Bodo Ramelow an den doch recht dünn gesäten Kommentaren sehen kann, ist der Bedarf beim Wähler zur Kommunikation und der damit verbundenen öffentlichen Stellungnahme auch nicht besonders groß.

Erschwerend kommt hier noch hinzu, dass es sich gerade bei diesen drei Bundesländern um Länder handelt, die in der Nonliner-Studie in fast allen Bereichen auf den hinteren Plätzen rangieren, d.h. gerade hier die Nutzerzahlen von Online-Angeboten niedriger als in anderen Bundesländern sind.  Doch wie uns die vermittelte Nähe durch das Teilhaben am Leben der Kandidaten in unserer  Wahlentscheidung beeinflussen kann, ist schwer messbar. So kann mir ein Kandidat sympathischer oder unsympathischer werden, wenn ich z.B. über Twitter ein wenig an seinem Leben teilnehmen kann. Er wird in den aller meisten Fällen menschlicher werden und macht so eine pauschale Ablehnung wegen eines Parteibuches nicht so einfach. Einen ähnlichen Effekt kann ein funktionierendes Team (ein Weg, den die CDU offensichtlich gerne – mit unterschiedlichem Erfolg – geht) haben, dessen Engagement für den Kandidaten beeindrucken kann und diesen so besser aussehen lässt.

Einen Aha-Effekt wie ansatzweise im hessischen Onlinewahlkampf hat in diesen drei Wahlkämpfen auf jeden Fall gefehlt. Die Satire auf das Getwitter von Thorsten Schäfer-Gümbel durch Martin Sonneborn war eben diesbezüglich ein Glücksfall (oder eine geschickte Strategie??). Eine Aktion dieser Art hätte dem Onlinewahlkampf vielleicht noch einen Schub geben können, aber beeinflussen wird er auch diesmal wohl wieder kaum das Wahlergebnis.

Sylvia Braun ist Autorin des Blog Politik 2.0, das sich mit der Tauglichkeit von politischen Internetseiten im Hinblick auf deren Interaktivität beschäftigt. Sie ist selbstständig tätig, berät bei der Konzeption von politischen Internetseiten und führt Website-Checks durch.

Bilder: Die jeweiligen Parteien

Online-Wahlkampf im Saarland

rasereiDrüben bei politik-digital.de habe ich einen Artikel und eine kommentierte Linkliste zum Online-Wahlkampf im Saarland geschrieben. In der Linkliste finden sich natürlich alle offiziellen Kanäle, aber auch Nebenschauplätze werden erwähnt. Ein paar Auszüge gibts auch hier:

CDU-Spitzenkandidat Peter Müller

Nicht nur optisch gibt sich Peter Müller, Spitzenkandidat der CDU und amtierender Ministerpräsident, dynamisch und modern. In einem wöchentlichen Video-Blog spricht er direkt die Besucher seiner Internetseite an, die sich wiederum mit Wahlempfehlungen ebenfalls in Videoform bei ihrem Kandidaten bedanken können. Wer also schon immer wissen wollte, warum Stefan Brandt oder Elke Masurek wieder Peter Müller wählen, kann all das hier erfahren. Auch einen Videodialog mit Fragen der Bürger gibt es, allerdings glaubt die SPD, in nahezu allen Fragern CDU-Mitglieder entdeckt zu haben.

Peter Müller zu Gast bei ‚Spreeblick‘

Auf eigenen Wunsch hin besuchte der CDU-Spitzenkandidat und Ministerpräsident Peter Müller im Februar Johnny Haeusler bei Spreeblick. Ein erstaunlich offenes und neugierig machendes, halbstündiges Gespräch zwischen Blogger und Ministerpräsident gibt es hier als Videoaufzeichnung.

SPD-Landesverband Saarland

Die modernste Gestaltung der saarländischen Wahlkampfseiten hat die offizielle Internetseite der Saar SPD. Gleich oben sieht man einen Abreißkalender, der die verbleibenden Tage, Stunden, Minuten und Sekunden bis zum „Wechsel im Saarland“ verkündet. Auch die Aufforderung zum „Mitmachen“ im Wahlkampf findet sich an oberster Stelle. YouTube Videos aus dem parteieigenen Kanal „Wir machen’s.TV“, Bildergalerien aus dem Pool der SPD Saar beim Bildportal flickr und auf der Startseite eingebundener Twitter-Feed machen einen guten Eindruck.

Heiko Maas stoppt die Raserei

Unterhaltsames kleines Animations-Filmchen, das Peter Müller und Oskar Lafontaine im rücksichtlosen Auto-Rennen zeigt – bis Heiko Maas die Raserei stoppt. Selbst die Süddeutsche Zeitung berichtete über den Clip, der schon im November 2008 von der Saar SPD bei YouTube veröffentlicht wurde.

Den Rest der Linkliste gibt’s bei politik-digital.de

Ebenfalls erschienen ist ein einführender Artikel in den Online-Wahlkampf im Saarland, der sich besonders auf Video stützt:

Im Saarland begann der Online-Wahlkampf zur Landtagswahl erstaunlich früh und überrascht seitdem mit innovativen Einfällen. Ministerpräsident Peter Müller besuchte sogar das Blog Spreeblick für ein Videointerview. Doch nicht alle Parteien scheinen den Wahlkampf im Internet ernst zu nehmen.

Schon im November provozierte der SPD-Spitzenkandidat Heiko Maas mit einem animierten YouTube-Video, in dem Peter Müller (CDU) und Oskar Lafontaine (LINKE) ohne Rücksicht auf Verluste um den Sieg in einem Autorennen fahren. Maas erscheint am Ende des Clips auf dem Sofa sitzend und schaltet die Trickfiguren einfach mit der Fernbedienung ab. Unter dem Titel „Heiko Maas stoppt die Raserei“ hat das Video im SPD-Saar-Channel mittlerweile über 20.000 Aufrufe erreicht.

Peter Müller im Video-Dialog

Auch bei seinem Mitbewerber und amtierenden Ministerpräsidenten Peter Müller scheint Video das Format der Stunde zu sein. Ob er im Video-Dialog Fragen der Internetnutzer beantwortet oder sich in einem Video-Blog der Woche direkt an seine Bürger wendet – bei der CDU passiert nahezu der ganze Online-Wahlkampf in bewegten Bildern.

Den Rest des Artikels gibts bei politik-digital.de

Zum Abschluss des Netzwerk-Barometers

Sechs Wochen nach der Landtagswahl in Hessen haben wir die Aktualisierung des Netzwerk-Barometers eingestellt. Wir hoffen in den letzten Wochen einen interessanten und aufschlussreichen Überblick über die Performance der hessischen Spitzenkandidaten in den bekannten Social Networks gegeben zu haben.
Es wird deutlich, dass nach dem Wahltag am 18. Januar 2009 starke Entwicklungen zu verzeichnen waren. Nun scheint es jedoch ruhiger um die Profile der hessischen Spitzenkandidaten geworden zu sein. Trotzdem lohnt sich ein abschließender Blick:

Interview mit Dr. Christoph Bieber zum Abschluss des hessischen Netzwerk-Barometers

dr-christoph-bieber

Welchen Nutzen hatten und haben die Unterstützer für die Kandidaten?

Dr. Bieber: Das ist schwer zu sagen – wie man aus den Kampagnenumfeldern hört, war eine Vielzahl der Unterstützer nicht in Hessen wahlberechtigt. Die Zahl der Wählerstimmen dürfte sich so also nicht unbedingt erhöht haben. Ein wesentlicher Nutzen sind aber natürlich die Kontaktdaten der „Freunde“ bzw. „Follower“: in der nächsten Zeit werden sicherlich einige Anfragen und Aussendungen an die Unterstützer versendet werden. Für die Europa- und die Bundestagswahl kann so allmählich ein größerer Datenbestand aufgebaut werden. Weiterlesen