Duell am Rhein

von Christoph Bieber

Am kommenden Montag findet in Düsseldorf das “Das Duell” zwischen Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) und der SPD-Spitzenkandidatin Hannelore Kraft statt. Veranstaltender Sender ist der WDR, die Debatte beginnt um 20.15 Uhr und dauert 60 Minuten – die Sprint-Variante wie bereits 2008 in Niedersachsen (Duell-Trivia: wer kann ohne digitale Hilfsmittel den Namen des damaligen SPD-Kandidaten aufsagen? Und welcher heutige Bundesminister ging damals im so genannten “kleinen Duell” an den Start?).

Die in der Kölner Vulkanhalle ausgetragene Diskussion wird moderiert von Jörg Schönenborn und Gabi Ludwig – warum nur stellt der WDR ein Duo an den Fragetisch? Gerade die schlechten Erfahrungen aus dem “Kanzlerduell” vom vergangenen Herbst sollte Abschreckung genug vor zu vielen Moderationsposten sein. Sicher ist, dass dadurch die ohnehin schon knapp bemessene Redezeit von Rüttgers und Kraft noch weiter reduziert wird. Es ist davon auszugehen, dass die Kandidaten von Thema zu Thema hetzen, dabei wenig Überraschendes von sich geben und die Moderation selbst dann noch störend wirkt, wenn sie nur lenkend eingreifen möchte.

Insgesamt kommt der vermeintliche Wahlkampfhöhepunkt jedoch eher unscheinbar daher – die mediale Orientierung auf ein zentrales Kampagnen-Ereignis lässt lange auf sich warten. Eine ordentliche “Debatte vor der Debatte” fand (bisher) nicht statt, wenn doch noch etwas folgt, dann wird es nur ein kleines Vorgeplänkel sein – und keine groß inszenierte Positionierung der Kandidaten als gute oder schlechte Rethoriker.

Dennoch wollen wir am kommenden Montag ein kleines Experiment durchführen – gemeinsam mit Thomas Pfeiffer (@codeispoetry) von webevangelisten.de habe ich einen kleinen Versuchsaufbau entwickelt, um möglichst viele Tweets mit debattenbezogenen Inhalten für eine unmittelbare Kommentierung sowie für eine wissenschaftliche Nachbearbeitung zu sichern. Das wichtigste Hashtag dafür dürfte #nrwduell sein, außerdem beachten wir natürlich die Namen der Teilnehmer, Parteikürzel sowie den zuständigen TV-Sender. Eine kleine Sammlung der wichtigsten Twitterthemen zur Landtagswahl ist ebenfalls in Vorbereitung.

Ein paar Fingerübungen im Umfeld der britischen Prime Minister Debates haben schon recht spannende Daten hervor gebracht, auch die zeitnahe Abbildung wesentlicher Themen und Trends scheint gut möglich. Am Montag sollen erste Ergebnisse unmittelbar nach der Debatte an der NRW School of Governance in Duisburg präsentiert werden, ebenfalls dort führt  Thorsten Faas (Uni Mannheim) eine Real-Time-Response-Messung durch. Es wird spannend sein zu beobachten, wie sich die Resultate des zweigleisigen Debatten-Monitoring ergänzen (oder auch nicht).

Das Duell am Rhein wird am Montag nicht annähernd die Dimension der britischen Debatten erreichen: während der Debattenpremiere am 15. April sammelte der Dienstleister Tweetminster insgesamt 184.396 Tweets von 36.483 Nutzern. Bei der zweiten Auflage am 22. April ging das 140-Zeichen-Aufkommen ein wenig zurück, gesichert wurden “nur” noch 142,795 Tweets (-41,601) von 28,790 Nutzern (-7,693). Diese Größenordnung führte auch zu erheblichen Reichweiten-Erfolgen der britischen Politik – während und kurz nach den Debatten erschienen die Namen der drei Teilnehmer sowie das allgemeine Hashtag #leadersdebate in den trending topics bei Twitter. Dort sind politische Themen eher selten zu Gast, europäische Ereignisse erst recht.

Auch wenn das Aufeinandertreffen von Rüttgers und Kraft bei weitem nicht die mediale Prominenz erreicht wie die Debattenserie vor den Unterhauswahlen, so wird sich auch hier der Trend zur Echtzeit-Begleitung eines wichtigen Wahlkampf-Ereignisses im Internet fortsetzen.

Dieser Beitrag erschien zuerst im Blog des Autors.

Bilder: flickr tgoldkamp und nrwspd

Unterstützerkampagnen und Parteien: Das Kraftvoll in NRW

Nur selten bekommen Direktkandidaten in Wahlkämpfen öffentliche Aufmerksamkeit, die über den eigenen Wahlkreis hinaus geht. Sie treten als örtliche Gesichter ihrer Partei auf und arbeiten scheinbar nur in zweiter Linie für sich selbst. Im ‚Webrestaurant Kraftvoll‘ wird nun das Scheinwerferlicht auf die Kämpfer aus der zweiten Reihe gerichtet. In jeder Episode stellt der virtuelle Restaurantchef Stephan Braun einen oder mehrere Direktkandidaten aus der NRW-SPD vor. Die Arbeit hinter den Kulissen macht sich aber nicht die SPD, sondern Stephan Braun mit einigen Freiwilligen selbst. Ein Überblick über Unterstützerkampagnen in Deutschland.

schroeder98.de

Unterstützerkampagnen im Internet sind nicht erst seit Barack Obama zu finden, wie man als junger Mensch heute schon fast vermuten könnte. Schon im Bundestagswahlkampf 1998 fanden sich drei Sympathisanten von Gerhard Schröder zusammen und bauten mit schroeder98.de eine „nicht-autorisierte Schröder-Homepage“.  Die Kölner Illustrierte berichtete im August ’98:

„Der Wunsch, etwas über die Person Gerhard Schröder zu erfahren, wächst mit jedem Tag, den die Wahl im September näherrückt“, erklärt Oliver Zeisberger. Aus diesem Grund hat der Diplomkaufmann und selbständige Multimedia-Berater zusammen mit den Studenten Tim Bonnemann und Florian Koller die Initiative schroeder98.de gegründet. Das Ergebnis der Arbeit der drei Kölner kann im Internet unter www.schroeder98.de abgerufen werden. „Das Bild, das wir von Schröder aus den Kategorien Person, Crew, Politik und Unterstützer zusammensetzen“, so Zeisberger, „ist jetzt schon vielfältiger als alles, was im Internet derzeit gesammelt verfügbar ist.“

Für die politische Wissenschaft war die Trennung von offiziellen Parteistrukturen schon damals von Interesse. Dr. Christoph Bieber schreibt dazu in seinem 1999 erschienen Buch “Politische Projekte im Internet”:

“Eine kommerzielle ‘digitale Agentur’ aus Köln sicherte sich die Namensrechte und entwickelte das Angebot ohne direkten Kontakt zur SPD-Wahlkampfzentrale. Dieses Modell folgt dem Muster der amerikanischen ‘Political Action Comittees’, die als externe Unterstützergruppen in nahezu allen personenbezogenen Wahlkampagnen fungieren. Daß [sic!] dies in Deutschland erstmals in prominenter Stelle via Internet geschieht, liegt in den vergleichsweise geringen Kosten für die Entwicklung und Unterhaltung einer solchen Web-Site und dem damit verbundenen Werbeeffekt. Aus einer analytischen Perspektive ist hier aber vor allem das Aufbrechen der klassischen Akteursverteilung innerhalb einer Wahlkampagne von Bedeutung” (Bieber 1999: 143).

Für die Parteien waren die Unterstützerkampagnen also ein zweischneidiges Schwert. Während sie sicherlich begeistert waren, dass Begeisterung für ihre Kandidaten in eigenes Engagement umschlug, verloren sie doch die Kontrolle über einzelne Elemente ihres Wahlkampfes. Springen wir einige Jahre vorwärts und werfen einen Blick auf das Webcamp09, das sich für die Wiederwahl des hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch (CDU) stark machte.

Webcamp09

Als nach der gescheiterten Regierungsbildung von Andrea Ypsilanti im Herbst 2008 klar wurde, dass es sehr bald zu Neuwahlen kommen würde, kam auch im Umfeld der hessischen CDU die Idee einer Unterstützerkampagne auf. Im Gegensatz zu bisherigen Prototypen von Unterstützerkampagnen aber kam der Impuls nicht unmittelbar von Außerhalb, sondern ging von Mitgliedern der Jungen Union aus. Innerhalb weniger Wochen wurde das Webcamp09 auf die Beine gestellt – mit tatkräftiger Unterstützung der Landes-CDU. In unserem Bericht der Kampagnenpraxis zum Webcamp zeigten wir, wie nahe das Webcamp auch im Kampagnenalltag an die CDU angebunden war:

„Das Webcamp steigerte seine Bekanntheit durch gezielte und medienwirksame Provokationen wie einem Webvideo. Vor allem aber war die Internetkampagne Teil der Gesamtstrategie und erhielt darin einen klar definierten Platz. Die CDU bewarb das Webcamp auf allen eigenen Kanälen und baute es in ihre Kommunikation ein. Andererseits berichtete die Webcamp-Website über die Aktivitäten der CDU, insbesondere diejenigen im Internet, und machte sie zu einem Teil des Austauschs und der Auseinandersetzung auf der Plattform.“

Das erfolgreiche Konzept des Webcamps findet sich auch im Landtagswahlkampf 2010 in Nordrhein-Westfalen wieder. Ein Blick auf NRW für Rüttgers zeigt die Ähnlichkeiten auf. Wieder bloggen, twittern und schreiben Mitglieder der Jungen Union über den Wahlkampf und statt Roland Koch nun über Jürgen Rüttgers.

Kraftvoll – Das Webrestaurant

Mit dem Kraftvoll zeigt sich in NRW nun eine dritte Ausbaustufe der Unterstützerkampagnen. Nach der völlig eigenständig agierenden Kampagnenseite schroeder98.de und dem stark an die Partei gebundenen webcamp09 bildet das Kraftvoll wieder eine größere Eigenständigkeit – wird aber von der NRW-SPD mit Freude aufgegriffen. Die Videos von Stephan Braun und seinem Team finden sich im offiziellen Youtube-Kanal der SPD Nordrhein-Westfalen und werden im parteieigenen Blog und über Twitter prominent weiterempfohlen. In regelmäßigen Abständen werden im Kraftvoll in meist sechs bis sieben Minuten langen Videos die SPD-Direktkandidaten vorgestellt. Man hat sich für die Interviews das fiktive Setting eines Restaurants ausgedacht, in dem die Kandidaten von einem Kellner interviewt werden.

Stephan Braun, der den Kellner spielt und dessen Agentur die Videos produziert, hat schon im Kommunalwahlkampf mit diesem Konzept eine Unterstützerkampagne für den Wuppertaler Oberbürgermeisterkandidaten von der SPD umgesetzt. „Wir sind Bell“ hieß die Kampagne 2009 und suchte mit kreativen Ideen nach Unterstützern für Dietmar Bell. Im Vorfeld der Landtagswahl 2010 wurde Braun nun von der NRWSPD gefragt, ob er sich eine änhliche Arbeit auch für die Landtagswahl vorstellen könne. Drei konkrete Ideen wurden verfolgt: vom Supermarktverkäufer, über einen rasenden Reporter bis hin zum letztlich ausgewählten Restaurantbesitzer. Die Ideen seien zwar gemeinsam mit der SPD erörtert worden, doch seit dem genieße er völlige Freiheit, was seine Unterstützerkampagene angeht.

„Das ist schon enorm, nur wenige Parteien machen so etwas und sind so mutig, auf einen Teil ihres Einflusses zu verzichten.“

Die SPD wolle zwar natürlich wissen, was „mit ihren Namen passiert“, aber das ist für Braun nur verständlich. In allem anderen sei man aber völlig frei. Die NRWSPD gibt damit den Unterstützerkampagnen wieder mehr Freiheit und realisiert, dass so wertvolle Arbeit für ihren anvisierten Wahlerfolg auch außerhalb der eigenen Kapazitäten geschehen kann. Unterstützerkampagnen werden nicht mehr ignoriert oder ins eigene Team eingebunden, sondern als Ergänzung verstanden.

Mit dem iPhone in den Landtagswahlkampf

Heute ist die wohl erste iPhone-App in einem deutschen Landtagswahlkampf erschienen. Die Grünen in NRW wollen damit scheinbar ihrer Führungsrolle im Online-Wahlkampf noch die Krone aufsetzen. Aber was muss eine iPhone-App können, um in Landtagswahlkampf nützlich zu sein? Wir haben uns die App „GRÜNE NRW“ angeschaut.

In der Beschreibung im AppStore beschreiben die Grünen den Funktionsumfang der App so:

„Begrüne dein iPhone oder deinen iPod touch! Mit der App der GRÜNEN NRW bleibst Du immer auf dem Laufenden, was in Nordrhein-Westfalen gerade politisch passiert. Mit den News von unserer Website, Neues aus dem Blog und den letzten Tweets bist Du immer up-to-date – auch unterwegs! Mit dem interaktiven Grün-O-Maten kannst Du herausfinden, wie GRÜN Du bist – mach den Test und lass dich überraschen. Ausserdem haben wir nützliche Informationen zur Landtagswahl zusammegestellt, zum Beispiel unsere „12 Gründe für GRÜN“.

Keine Mitmachtools, dafür News

Im Gegensatz zur iSPD-App aus dem vergangenen Bundestagswahlkampf setzt man also in NRW nicht auf eine Einbindung von Unterstützern, die sich mit einem kurzen Tonschnipsel für einen SPD-Wahlsieg stark machen. Wie erfolgreich diese doch eher kleinteilige Kampagne für die SPD im vergangenen Jahr, ist ohnehin schwierig zu bewerten. Darüber hinaus waren natürlich Soziale Netzwerke und die neuesten Nachrichten aus der Wahlkampfzentrale eingebunden. Immerhin in diesem Punkt folgen die NRW-Grünen dem SPD-Vorbild. Doch auch in NRW will es nicht so richtig Sinn machen, mit dem iPhone über Nachrichten aus dem Landesverband informiert zu werden. Da wäre sicherlich ein E-Mail-Verteiler sinnvoller.

Parteieigener Wahl-O-Mat

Die wohl beste Funktion der GRUENE NRW-App ist aber der parteieigene Wahl-O-Mat. Traditionsreich als Grün-O-Mat beschriftet kann man hier mit zwölf Fragen heraus finden, wie sehr man mit grünen Positionen überein stimmt. Damit hat die Funktion nicht nur einen Anwendungszweck für den Besitzer des iPhones oder iPods, sondern kann im besten Falle noch zur Überzeugungsarbeit eingesetzt werden. Der ungläubige Bekannte, der sich nicht mit den Grünen anfreunden kann, bekommt beim Kneipenabend mal schnell vorgeführt, dass er eigentlich zu 88% Grün ist. Ein nettes Spielzeug.

Unter die Kategorie ‚Wenn man schonmal dabei ist‘ fallen dann noch die iPhone-tauglich aufbereiteten Versionen von „12 Grüne für Grün“, also das Kurzwahlprogramm der Grünen in NRW und eine recht deplaziert wirkende Wahlkampfansprache zur Verhinderung der „großen Koalition in NRW“.

Mobil dabei sein mit wenig Geld

Anfang der Woche haben wir mit Benjamin Müller, dem Webmaster des grünen Landesverbands, über den Online-Wahlkampf seiner Partei gesprochen. Im Bezug auf die iPhone-App erklärte er uns, dass es sich hier wie bei allen Investitionen im Onlinewahlkampf um eine langfristigere Plattform handle. Auch die iPhone-App wird nicht am Wahlabend wieder aus dem AppStore entfernt, sondern soll die NRW-Grünen weiter zu den mobilen Internetnutzern bringen. Benjamin sagte dazu:

„Mobiles Internet hat auch die politische Kommunikation beschleunigt – dem tragen wir mit unserer App Rechnung, indem wir Echtzeitnachrichten in den Mittelpunkt rücken. Als kleine Partei müssen für uns aber auch Kosten und Nutzen im Rahmen stehen, uns ist klar das wir hier nicht mit der Bild-App oder ähnlichen konkurrieren können.“

Macht Mehr Möglich – Die GRÜNE Dauerkampagne im Netz

Der Online-Wahlkampf deutscher Parteien ist in der Regel sehr durchschaubar: Spätestens einige Wochen vor der entsprechenden Wahl relauncht Agentur X die neue Parteiseite, der oder die Spitzenkandidatin erhält neue digitale Kleider, zwei bis drei Akteure mittlerer Hierarchieebene werden dazu verpflichtet spätestens bis zum Wahltag zu twittern und eine Schar von Freiwilligen darf auf einem eigens eingerichteten Freiwilligenportal Videos online stellen. Bis zum Wahlabend stehen die Parteien diese Peinlichkeiten tapfer durch, nicht müde zu erklärend, dass es in Deutschland keinen Obama-Wahlkampf geben könnte und alles ganz anders sei. Zwei Wochen später, wenn der letzte Wahlaufruf von der Startseite beseitigt ist, geht dann alles wieder seinen normalen Gang. Der ein oder andere neue Abgeordnete hat vielleicht Spaß an Twitter oder Facebook gefunden und wird die Dienste auch weiterhin nutzen, ansonsten bleibt alles so wie vor dem Wahlkampf – ein Glück.

Mentalitätswechsel von Innen

Die Strategie der GRÜNEN in Nordrhein-Westfalen ist eine grundlegend andere. Statt kurzfristigem Wahlkampfgetöse steht die nachhaltige Öffnung der Parteikommunikation im Fokus, politische Entscheidungsprozesse sollen transparent dargestellt werden und BürgerInnen leicht in den konstruktiven Dialog mit politischen Akteuren treten können. Das Internet ist für diese urgrüne Art der bürger- und basisnahen Politik ein zentrales Werkzeug.

Mit einem dreimonatigen Korsett einer externen Agentur kann eine nachhaltige Transformation der Öffentlichkeitsarbeit nicht gelingen und funktionsfähige Rückkanäle nicht erfolgreich etabliert werden. Strategie und auch die technische Realisation sind deshalb fast ausschließlich in der GRÜNEN Landesgeschäftsstelle entstanden – in enger Zusammenarbeit mit den politisch Verantwortlichen. Nur wenige Tools wurden extern realisiert, bei denen dann jedoch die langfristige Nutzbarkeit ein wichtiges Kriterium war.

Zentrales GRÜNES Online-Portal

Dreh- und Angelpunkt aller Onlineaktivitäten ist die Website des Landesverbandes, die mehreren Ansprüchen genügen muss:  Konzipiert als Dialogplattform, soll sie interessierten BürgerInnen eine Kommunikation mit und über GRÜNE Politik in NRW leicht machen und Diskussionen ermöglichen. Zeitgleich erfüllt die Website Portalcharakter, da sie alle Aktivitäten und Profile im Social Web des Landesverbandes (und seiner aktiven Mitglieder!) an einer zentralen Stelle bündelt und aggregiert. Dabei dürfen aber die grundlegenden Informationen der Parteiarbeit nicht hinten runterfallen. Der im Februar erfolgte Relaunch schaffte die Grundlage dafür, beendet jedoch nicht die Entwicklungsarbeit. Die Website wird permanent weiterentwickelt, einen Entwicklungsstopp gibt es nicht.

Grüne in sozialen Netzwerken

Die Nutzung sozialer Netzwerke wurde in den letzten Jahren zu einem natürlichen Werkzeug der GRÜNEN Öffentlichkeitsarbeit. Im Wahlkampf ist dies ein ungeheurer Vorteil, da sich durch die längjährige Nutzung bereit ein Netzwerk aus Freunden und Followern entwickelt hat. Die Glaubwürdigkeit darf an dieser Stelle auch nicht unterschätzt werden, denn die GRÜNEN NRW nutzen diese Kanäle um ernsthaft zu kommunizieren (nicht um ihre Pamphlete zu verbreiten) und das auch über den 9. Mai hinaus. Ob Facebook, Twitter, YouTube, FlickR oder StudiVZ – die GRÜNEN bewegen sich in den sozialen Räumen ihrer Wählerinnen und Wähler. Nicht nur um Freunde zu sammeln, sondern weil es neue Möglichkeiten eröffnet. Jedes genutzte Portal erfüllt dabei einen spezifischen Zweck.

Grüne Meinungsführerschaft im Netz

Der GRÜNE Anspruch an die eigene Online-Kommunikation ist es nicht auf fahrende Züge aufzuspringen, sondern vielmehr die Züge ins Rollen zu bringen. Das dieser Anspruch auch bei den politischen Spitzenakteuren fest verankert ist, zeigt das Grüne Männermanifest, welches exklusiv im Blog der GRÜNEN NRW veröffentlicht worden ist. Durch das Blogsystem ist automatisch ein Rückkanal für Diskussionen gegeben, was für die Entscheidung das Mannifest im Blog zu veröffentlichen ausschlaggebend war. Mehrere hundert Kommentare, Berichterstattungen in sämtlichen Print- und Onlinemedien und direkte Backlinks von Spiegel Online erkennen die Glaubwürdigkeit GRÜNER Online-Kommunikation an.

Schnelligkeit der Kommunikation

Das Internet hat die Kommunikation erheblich beschleunigt, dies müssen auch politische Akteure zur Kenntnis nehmen. Auch Spitzenakteure müssen sich auf einen Kontrollverlust des Nachrichtenflusses einlassesn, sie haben lediglich die Wahl ob sie komplett die Kontrolle verlieren oder bei einem „kontrollierten Kontrollverlust“  mitgestalten wollen.

Durch die langfristige und tiefe Verankerung der Online-Strategie, sind Entscheidungszyklen und Bewusstsein für eine schnelle Reaktionsfähigkeit ausgelegt.

Permanentes Social Media Monitoring und Auswertungen der zahlreichen Rückkanäle ermöglichen es uns, schon früh Trends und Stimmungen der (Online-)Bevölkerung zu identifizieren und gegebenenfalls darauf zu reagieren.

Authentizität

Alle Anstrengungen im Online-Bereich sind vergebens, wenn die Glaubwürdigkeit fehlt. Nutzt man Profile in den sozialen Medien nur als weitere RSS-Schleuder und verweigert sich jeder Kommunikation, werden diese Angebote schnell als Wahlkampfgetöse entlarvt und das Interesse daran bleibt gering.

Authentizität in der Kommunikation und die langfristige Präsenz in sozialen Netzwerken machen sich bezahlt: Sowohl auf Facebook, als auch auf Twitter haben die Grünen NRW die größte Reichweite aller etablierten Landesparteien.

Die Selbstverständlichkeit im Umgang mit den neuen Medien zeigt sich auch beispielhaft an den Landesparteitagen. Als einzige Partei bieten wir für jeden Parteitag eine eigene Microsite inklusive Blog, Livestream und FlickR-Integration an. Delegierte nehmen am Videocounter eigene Botschaften auf, es wird natürlich viel getwittert und die Ausstattung mit Twitter-Wall und freiem W-Lan für alle ist besser (und stabiler!) als auf einigen Barcamps.

Spezielle Tools zur Landtagswahl

Auch wenn grundsätzlich sämtliche Tools über den Wahlkampf hinaus bestehen sollen, sind einige speziell auf die Zeit des Wahlkampfes beschränkt. Dazu gehört die Möglichkeit über das Tool „Mein Plakat“ ein Grünes Großflächenplakat zu spenden und NRW zu begrünen. Bis zum Ende der Buchungsfrist wurden so über 300 Großflächen von UnterstützerInnen und Mitgliedern gespendet.

Das aus der Europa- und Bundestagswahl bekannte „Drei Tage Wach“ wird in einer erneuerten und verbesserten Version die letzten 72 Stunden des Wahlkampfes begrünen – wieder stehen GRÜNE rund um die Uhr bereit, die Fragen der WählerInnen zu beantworten. Sämtliche Prominenz auf Landes- und Bundesebene hat auch einen Stopp zu „Drei Tage Wach“ eingeplant, für ein interessantes Programm im Livestream ist damit gesorgt.

Datenschutz – nicht nur fordern, sondern auch umsetzen

Die politischen Forderungen der GRÜNEN nach mehr Datenschutz und Selbstbestimmung über die eigenen Daten werden auch praktisch umgesetzt. Das Mit-Mach-Tool „Meine Kampagne“ genügt höchsten datenschutztechnischen Ansprüchen, der Benutzer hat jederzeit volle Kontrolle über seine Daten und kann zu jeder Zeit Daten löschen oder den Zugriff beschränken. Dies ist in Deutschland einmalig für ein Tool dieser Art.

Die eigenen Plattformen stehen dem in Nichts nach. Auf den Einsatz externer Tracking-Tools wie Google Analytics wird verzichtet, stattdessen wird eine Open-Source-Alternative eingesetzt. Serverseitig und in jedem einzelnen Tool ist die Speicherung der IP-Adressen deaktiviert, selbst Mailadressen werden z.B. im GRÜNEN Blog nur md5-codiert gespeichert und sind für uns nicht einsehbar. Um den größtmöglichen Datenschutz zu gewährleisten, wir der Landesverband von einem geprüften Datenschutzbeauftragen beraten.

Benjamin Müller ist Webmaster beim Landesverband NRW der Grünen. Dort entwickelt und betreut er Internetseiten und Online-Wahlkämpfe.

Plakate zur NRW-Wahl 2010

von Achim Schaffrinna

Die Landtagswahl am 09. Mai 2010 in Nordrhein-Westfalen sorgt für großes Interesse seitens der Medien. Verliert die schwarz-gelbe Regierung unter Rüttgers in 4 Wochen ihre Mehrheit, wonach es derzeit laut Wahlforschungsinstitute aussieht, ändert sich auch das Mehrheitsverhältnis im Bundesrat. Die Bürger in NRW wählen also nicht nur ihre zukünftige Landesregierung, ihre Stimme wirkt sich auch direkt auf die Bundespolitik aus, was ja eigentlich die beste Voraussetzung für eine hohe Wahlbeteiligung sein sollte.

Aus diesem Grund habe ich mir einmal angeschaut, wie es um die Mobilisierung der Wähler mit Hilfe der jeweiligen Werbekampagne respektive der Wahlplakate bestellt ist.

CDU

„NRW muss stabil bleiben“, mit dieser Aussage geht die CDU in den Wahlkampf. Wenig stabil ist zumindest die Gestaltung der Wahlplakate, denn auffällig ist die Unterschiedlichkeit von Großplakat und Themenplakat schon. Während Ministerpräsident Rüttgers grobkörnig in schwarzweiß und durchaus fotografisch gekonnt in Szene gesetzt wird, sind die Themenplakate allesamt blau gehalten. Auch zwei unterschiedliche Absender zieren jeweils am unteren rechten Bildrand die Plakate. Man fragt sich, ob die Verantwortlichen tatsächlich aus Gründen der Gestaltung die NRW-Farben Grün-Weiß-Rot auf dem Großplakat gestrichen haben. Oder wollte man gar die Kosten für die dritte Farbe beim Druck einsparen? Kaum vorstellbar. Die Plakate sehen jedenfalls aus, als stammten sie von unterschiedlichen Agenturen. Wieso muss ich bei den blauen CDU-Plakaten eigentlich ständig an Wick denken? Seis drum.

Stabiler ist die Gestaltung in Bezug auf die Typographie, denn hier kommt die Hausschrift „Kievit“ zum Einsatz. Beständig ist die CDU auch in Bezug auf die verwendeten Schlagwörter. „Arbeit. Kinder. Sicherheit.“ Darauf ist Verlass.

SPD

Hannelore Kraft ist als Spitzenkandidatin im Einsatz für die SPD, drum sieht man sie auf Plakaten. Bemerkenswert ist bei der Kampagne der SPD der Umgang mit Farben. So bunt sah man die SPD wohl noch nie. Wenn die SPD so viele Stimmen erhalten würde, wie sie Farben in ihrer Kampagne verwendet, gewänne sie die absolute Mehrheit. Stimmenjagd mit dem Farbfächer. Wenns so einfach wäre. Die Wirksamkeit von Wahlplakaten ist kaum messbar. Weder lässt sich benennen, ob oder welchen Einfluss sie auf ein Wahlergebnis ausüben, noch lässt sich herausfinden, ob beispielsweise ein gut gestaltetes Plakat mehr Wähler zu mobilisieren im Stande vermag, als ein mieses Design.

Zumindest machen die SPD-Plakate die Straßenzüge bunter. Handwerklich kann man den Plakaten nichts ankreiden. Die Hausschrift Thesis macht in kurzen Sätzen ihren Job. War der SPD-Würfel zur Bundestagswahl rechts oben positioniert, sitzt er diesmal einheitlich auf der linken Seite. Ein Schelm, wer darin eine Koalitionsaussage zu erkennen glaubt.

Mit einem schräg gesetzten weißen “Störer“ wird (erstmals?) ein neues Gestaltungselement genutzt. Der jeweils erste Begriff einer Aussage wird mit Hilfe der weißen, schattierten Fläche besonders hervor gehoben. Auf einem der Plakate heißt es: „Sicherheit Für ein NRW ohne Atomkraft“. Wohl ein Flüchtigkeitsfehler, denn ansonsten werden alle anderen Sätze klein weiter geschrieben. Gewagt bunt. Wer gestalterische Vielfalt sucht, kommt in NRW mit der SPD auf seine Kosten.

Wer will, kann der SPD ein Wahlplakat spenden.

Die Grünen

Vergleichende Werbung in der Politik ist zumindest unterhaltsam. Zuletzt sorgte die SPD mit ihren Motiven zur Europawahl für Aufregung, mit denen man den politischen Gegner anging. Weniger der brillante Illustrationsstil war es, der bei vielen Menschen für Verstimmung sorgte, sondern vielmehr der politische Stil. Das Unterstellen der Fehler Anderer ist einfach weniger elegant, als die Hervorhebung eigener Stärken. Nun schlagen die Grünen in NRW in die gleiche Kerbe. Einige der Themenmotive sind als Vorwurf an die amtierende Landesregierung konzipiert. Mit einer Aussage wie: „A, B, CDU UND RAUS BIST DU“, gesetzt in Versalien und in der Hausschrift „Benton Sans Condensed“, übt man sich in Zynismus, wohl mit einem Augenzwinkern.

“MACHT MEHR MÖGLICH” ist das Motto der Kampagne, in der Spitzenkandidatin Sylvia Löhrmann ohne eigenes Motiv auskommen muss. Anders als die Plakate zur Bundestagswahl mit ihrem Airbrush-Look, erscheinen die NRW-Motive “cleaner”; zwar nicht langweilig aber doch gewöhnlicher. Die dargestellte Form der Verquickung der Themen “Arbeit” und “Natur”, erscheint mir ein cleverer Zug zu sein. Was sich bei einem Firmenlogo fast schon verbietet – gemeint ist das Ersetzen eines Buchstabens, in diesem Beispiel ein “A”, durch eine Bildmarke –, ist in diesem Fall eine „gute Gestaltung“, weil es nämlich zwei komplexe Themen leicht verständlich und vor allem schnell zu einem Lösungsansatz verdichtet. Gerade Wahlplakat müssen bedarfsgerecht aufbereitet sein, sprich die Botschaft muss in 3 Sekunden ihren Rezipienten gefunden haben. Darüber hinaus sind die Plakate der Grünen handwerklich solide.

Auch bei den Grünen kann man “Mein Plakat” erstellen, ein Trend mit dem man offensichtlich den Plakatmixern, die zugegebenermaßen eher die Konservativen auf dem Kieker haben, den Wind aus dem Segel nehmen möchte.

FDP

Aufstieg im Aufsteigerland NRW. Geht es nur mir so? Die Verwendung des Begriffs „Aufstieg“ klingt in meinen Ohren wie ein Bekenntnis zur Bewahrung einer Klassengesellschaft. Dort wo jemand aufsteigt, muss irgend wer anders ab- oder aussteigen. Das ist im Beruf so und auch in der Fußball Bundesliga sorgt dieses Prinzip für Bewegung. Wäre ja noch schöner, wenn alle oben mitspielen könnten. Sicherlich bleibe ich an diesem Begriff auch deshalb kleben, weil die Gestaltung recht wenig Angriffsfläche bietet. Zwischen der typisch liberalen gestalterischen Schonkost fällt lediglich eine diffuse Form im Absender auf. Der Umriss von Nordrhein-Westfalen macht stilistisch auf Expo-2000-Logo. Ansonsten gibt es mit blauer Schrift auf gelber Fläche keine Überraschungen. Die FDP steht für Kontinuität, denn die Gestaltung ist kontinuierlich langweilig.

Fazit

Design spielt in Bezug auf den Wahlausgang keine Rolle. Anders ist der Erfolg der FDP bei der Bundestagswahl 2009 nicht zu erklären, waren die Plakate der Liberalen doch durchweg miserabel. Auch wenn kein Wahlplakat es jemals zu einem Effi bringen wird, ist es immer wieder spannend, sich mit den unterschiedlichen Wahlplakaten und ihrer Gestaltung zu beschäftigen, da sie als Zeitzeugnis die Befindlichkeiten der Gesellschaften dokumentieren.

Aufsehenerregend ist keine der hier vorgestellten Kampagnen. Die poppigsten Motive steuern diesmal nicht die Grünen, sondern die SPD bei. Die Gestaltung bei der CDU wirkt eher „unstabil“ und seltsam zweigleisig. Bin mal gespannt, ob die Seitenhiebe der Grünen auf die Landesregierung von den Bürgern als charmant oder doch eher unverschämt eingestuft werden. Und natürlich werde ich die Wahl in meiner alten Heimat aufmerksam verfolgen.

Die Plakate der PDS hätte ich auch gerne vorgestellt, wenn denn die Kampagnenmotive auf der Website der NRW-Die Linke eingestellt gewesen wären oder deren Presseabteilung geantwortet hätte.

Dieser Beitrag erschien zuerst im Designtagebuch, wo sich auch Detailgalerien der Motive finden lassen. Wir veröffentlichen ihn mit freundlicher Genehmigung des Autors.