100 Tage @RegSprecher: Ein Rückblick

Seit 100 Tagen twittert Regierungssprecher Steffen Seibert als @RegSprecher – Zeit also für einen kleinen Rückblick und die Kurzanalyse seiner Aktivitäten bei Twitter.

Klassischerweise erfolgt in den Medien 100 Tage nach der Bildung einer neuen Regierung eine umfassende Bestandsaufnahme ihrer Arbeit. Was ist gut und was ist schlecht gelaufen, wofür stand die Regierung in der Startphase ihrer Amtszeit?

Warum nicht also auch einen Blick auf die Aktivitäten von @RegSprecher Steffen Seibert nach seinen ersten 100 Tagen bei Twitter werfen?

Rückblick: Vom Twitterkritiker zum Vorzeigetwitterer

Es war fast schon eine kleine Sensation, als am 28. Februar 2011 ein Tweet, angeblich geschrieben von Steffen Seibert, die Runde machte. Nachdem auf ähnlichen Wegen in den vergangenen Jahren bereits mehrfach Fakeprofile von Politikern (vgl. @muentefering) aufgetaucht und wieder verschwunden waren, hielten es die meisten mit einer ordentlichen Portion Skepsis. Doch bereits kurze Zeit später wurde der Fakeverdacht mit einer offiziellen Pressemitteilung und der Einbindung eines Twittercontainers auf der Internetseite der Bundesregierung ausgeräumt. Das alleine sorgte noch vor 100 Tagen für ungläubige Gesichter.

Trotzdem wurde vielfach an der Ernsthaftigkeit Seiberts gezweifelt. So war er einige Zeit zuvor in einer Talkrunde bei „Twitterhasser“ Johannes B. Kerner als Kritiker, des sich immer weiter ausbreitenden Kommunikationsinstruments, aufgefallen. Auch wir haben uns an dieser Stelle sehr verwundert über den Sinneswandel von Seibert gezeigt und an der Ernsthaftigkeit des Projektes gezweifelt. Doch obwohl die Kritik an manchen Stellen sehr harsch ausfiel ließ sich Steffen Seibert nicht beirren und machte einfach weiter. Auch wir kamen deshalb wenig später zu einer Korrektur unserer Meinung.

Statistik: 344 Tweets, 28.799 Follower

Inzwischen hat Seibert 28.799 Follower gesammelt, folgt selbst 15 Twitterern und hat 344 Tweets verschickt.

In der Monatsübersicht zeigt sich, dass Seibert insbesondere in seinen ersten Wochen (März 2011) sehr aktiv getwittert hat.

Dadurch kommt er auf einen Durchschnitt von 3,6 Tweets täglich und 68 Tweets im Monat. Sein Versprechen, jeden Tag einen Tweet abzusetzen, hat er damit also locker eingehalten. In den Wochenstatistiken zeigt sich, dass es am Wochenende zwar deutlich ruhiger wird, Seibert sein iPad, von dem er meistens twittert (292 von 344 Tweets hat er von diesem Gerät abgeschickt), jedoch nicht in der Aktentasche verschwinden lässt, sondern auch zu durchaus außerhalb klassischer Arbeitszeiten absetzt – falls man bei einem Regierungssprecher überhaupt von Arbeitszeiten sprechen kann.

Besonders schön ist, dass Seibert Twitter glücklicherweise nicht als reine Einbahnkommunikation begriffen hat, sondern zusammen mit seinem Team – dies hat von Anfang an offen und ehrlich kommuniziert – beantwortet. So sind 18,6 % seiner Tweets @replies, also Antworten auf Tweets anderer Nutzer. Seiberts Tweets haben im Durchschnitt übrigens eine Länge von 129 Zeichen.

Thematisch hat sich Seibert vor allem mit den Themen Japan, Libyen, Ägypten und Barack Obama auseinandergesetzt, wie die Betrachtung seiner Hashtagcloud zeigt. Aber auch die Innenpolitik hat eine durchaus große Rolle gespielt.

Interessant ist auch die Betrachtung der Gewinne und Verluste von Followern. Während Seibert nach dem Tweet „Wunderbares Konzert mit dt. u. indischer klassischer Musik eröffnet das Deutschlandjahr in Indien. Beziehungen sind so viel mehr als Handel.“ über 300 Follower verlor, konnte er mit dem Tweet „Kanzlerin u. span. Ministerpräs. Zapatero telefonieren zu #EHEC: gemeinsame Suche nach Infektionsquelle hat Priorität. http://t.co/l3i31lg“ deutlich über 200 Follower auf einmal hinzugewinnen.

Die Hauptstadt-Presse ausgespielt

Dass man es als twitternder Regierungssprecher nicht leicht hat und sich sowohl online als auch offline rechtfertigen muss, erfuhr Seibert bereits wenige Wochen nach dem Beginn seiner Twitteraktivitäten. In einer fast schon monumentalen Bundespressekonferenz (Video von Carta) versuchte die versammelte Journalistenprominenz in Berlin, Seiberts Stellvertreter Christoph Steegmans rund zu machen. Die Angst der Journalisten: Ihnen würden zukünftig wichtige Informationen entgehen, da sie nicht Mitglieder „dieses Twitters“ seien. Spätestens an dieser Stelle zeigte sich, dass sich Steffen Seibert und sein Team sehr genaue Gedanken vor dem Start des eigenen Profils gemacht hatten, da Steegmans die Kritik sachlich informiert ins leere Laufen ließ. Man war sich möglichen Problemen und Fragen scheinbar bereits im Vorfeld bewusst gewesen.

Frage eines Journalisten: „Diese Twitter-Nachrichten haben einen Nachrichtenwert. Sie sind auch durchaus schon in Mitteilungen aufgegangen. Der Nachrichtendienst Twitter ist nicht sicher. Ich habe vorhin im Internet nachgeschaut.“

In einem Rückblick auftauchen muss jedoch auch der bislang weitreichendste Fehler Seiberts im Laufe seiner Twitterkarriere. Am Morgen des 2. Mai vertippte er sich beim Verfassen eines Tweets zum Tod von Osama bin Laden und brach damit einen wahren Sturm los, als er „Obama“ dem Mord tausender Menschen beschuldigte. Insbesondere die klassischen Medien stürzten sich auf diesen Lapsus, obwohl sie sich teilweise selbst sehr schwer taten mit der Obama/Osama-Unterscheidung.

Als hätte Seibert selbst bereits seinen 100 Tage-Rückblick vorbereitet, hat er vor zwei Wochen einen sehr offenen und ehrlichen Artikel im ZEIT-Magazin veröffentlicht. Der Artikel gleichte einem Eingeständnis, ist in seiner Art und Weise aber so offen und ehrlich, dass Seibert deutlich an Sympathie gewonnen haben sollte. So verschweigt er auch nicht seine Aussagen bei Kerner und relativierte diese:

„Um es vorwegzusagen: Ich habe über Twitter schon einmal anders gedacht. Als ich noch Fernsehjournalist war, habe ich bei Kerner behauptet, wenn Politiker twitterten, sei das Ranschmeiße ans junge Publikum. 272 eigene Tweets als »RegSprecher« später fühle ich mich nicht ranschmeißerisch, habe allerdings auch keine Ahnung, ob die über 26.000 Menschen, die mir »folgen«, jung, mittel oder alt sind. Twitter ist für mich heute ein Kommunikationskanal unter vielen, einer, den viele Regierungen weltweit schon nutzten, als ich ins Amt kam.“

Fazit und Perspektive

Steffen Seibert hat also alle überrascht. Die Planung für sein Twitter-Debüt müssen schon weit im Voraus begonnen worden sein und wurden gründlich durchgeführt. Doch es bleiben noch Herausforderungen für die Zukunft. Seibert hat zu Recht sein Twitter-Profil auf sich persönlich zugeschnitten. Aber gerade daraus resultieren Schwierigkeiten:

  • Beispielsweise ist der Twitter-Account @RegSprecher der direkteste Zugang für Fragen, Kritik und Anregungen, den die Bundesregierung bietet. Im Vergleich zu anonymen Kontakt-Formularen und Poststellen des Bundeskanzleramts ist das Kommunikationsangebot des @RegSprecher weit überlegen. Persönlicher Ansprechpartner, direkter Zugang zur Regierung und die recht hohe Chance, dass die eigenen Nachrichten tatsächlich gehört werden und nicht schon beim Pförtner versanden – das bieten die anderen Kontaktangebote nicht. Aber gerade diese neue, Twitter-vermittelte Kommunikation wird die Bundesregierung noch vor Probleme stellen. Weil ihre Twitter-Nutzung einen so hohen Anspruch erhebt, verblassen die anderen Angebote. Aber weder kann Twitter zum allgemeinen Zugang zur Bundesregierung werden, da schlicht nicht alle Bundesbürger bei Twitter aktiv sind, noch kann ein personalisierter Account des Regierungssprechers dem potenziellen Ansturm Herr werden. Die gekonnte Umsetzung des Twitter-Accounts kann also nur der Anfang sein; fordert die Bundesregierung indirekt auf, sich stärker für die Bevölkerung zu öffnen – auf leichte und für alle Bürger zugängliche Art.
  • 2013 wird ein neuer Bundestag gewählt und die Chancen sind nicht klein, dass Angela Merkel ihre Kanzlerschaft verliert. Damit wird aber mit ziemlicher Sicherheit auch Steffen Seibert aus seinem Amt als Regierungssprecher ausscheiden. Und einen Twitter-Account zurück lassen, der so stark auf ihn selbst zugeschnitten ist, dass ein Anschluss schwer fallen wird. Was wird passieren, sobald es einen neuen Regierungssprecher gibt? Das Profil ist so stark auf die Person Seibert fixiert, dass es schwer fallen wird, die sich ohne ihn öffnende Lücke durch eine neue Person zu schließen. Worst Case wäre natürlich die Situation, dass Seiberts Nachfolger die Chancen des weiteren Kommunikationskanals nicht erkennt und das Profil dichtmachen oder irgendeinen x-Beliebigen Mitarbeiter für dieses abstellen wird.
  • Und nicht zuletzt ließe sich auch über die herausgehobene Stellung von Twitter diskutieren. Steffen Seibert hat nicht völlig zu unrecht vor seiner Amtszeit ein eher ambivalentes Verhältnis zu Twitter gehabt. Natürlich hat Twitter seine Vorteile, bietet Zugang zu einer großen Zahl von Bürgern, von Pressevertretern, anderen Politikern. Darüber hinaus ist Twitter-Kommunikation schnell und direkt, erfordert wenig Aufwand. Doch gibt es nicht mal 500.000 Twitter-Nutzer in Deutschland, während Facebook mittlerweile fast 19 Millionen aktive Nutzer hat.

Ein mutiger Schritt, gut geplant und ausgeführt: Die ersten 100 Tage @RegSprecher waren ein voller Erfolg. Aber sie legen auch die Messlatte hoch für eine dringend nötige Kommunikationsstrategie der Bundesregierung, die Wahlperioden und Plattformen überschreiten kann. Es bleibt viel zu tun, Herr Seibert.

Die Analysen wurden mit folgenden Twittertools durchgeführt: tweetstats.com, foller.me, stats.brandtweet.com, tweeteffect.com. Dabei muss jedoch beachtet werden, es gibt kein 100% perfektes Tool, Abweichungen oder Messfehler können immer wieder auftreten. Aus diesem Grund kann ich auch bei meiner „Erhebung“ Fehler nicht vollständig ausschließen. Die Daten sollen in diesem Zusammenhang lediglich zur Einordnung dienen.

Der Obama-Tweet des RegSprecher

Die Nachrichten sind heute morgen beherrscht von einem Thema: Die USA haben Osama bin Laden getötet. Fast 10 Jahre nach den Anschlägen vom elften September ist der mutmaßlich hauptverantwortliche Terrorist tot, Amerikas Nemesis besiegt. Doch abseits aller moralischer Fragen, ob eine gezielte Tötung eines Terroristen wirklich die Verteidigung des Rechtsstaates darstellen kann – wir wollen den Blick auf eine Nebenerscheinung richten. Der Regierungssprecher Steffen Seibert kommentierte das Ereignis zeitnah auf Twitter.

Dabei ist ihm offensichtlich ein kleiner Fehler unterlaufen. Wohl kaum entspricht es der Position der Bundesregierung, US-Präsident Obama solcher Taten zu bezichtigen. Und in der Tat, die Korrektur des Tweets folgte auf dem Fuß. Nicht Obama war gemeint, sondern natürlich Osama bin Laden. Nur wenige Minuten später war der Tweet gelöscht, stattdessen erschien ein korrigierter Tweet mit korrektem Subjekt.

Damit verstößt der @RegSprecher gegen eine sonst eherne Regel auf Twitter: Du sollst nicht löschen deine falschen Tweets – oder so ähnlich. Doch an dieser Stelle scheint es tatstächlich angebracht gewesen zu sein, den Tweet zu löschen. Man denke nur an die Twitter-unbedarften Hauptstadtjournalisten, die einen solchen Tweet zitieren könnten. Auch so wird noch genügen Häme über Seibert herein brechen.

Ein weiterer interessanter Aspekt: Die Rückmeldungen, die Seibert auf die Stellungnahme zum Tode Osama bin Ladens bekommt, sprechen eine deutliche Sprache:

Nachbemerkung: Übrigens unterläuft die Verwechslung vom Obama und Osama nicht nur dem @RegSprecher, sondern auch SpiegelOnline

Prämie oder Abmahnung? Hessens Regierung auf Twitter

Und auf einmal ging alles ganz schnell. Nachdem heute Mittag hr-online berichtet hatte, dass sich auf Twitter unter dem Namen @hessenredaktion ein bis dato noch unbekannter Mitarbeiter der Landesregierung unter dem Landes-Wappen twittere, hat sich die Situation nur wenige Stunden später gedreht. Die Landesregierung hat den Trittbrettfahrer nicht nur enttarnt und verwarnt, sondern handstreichartig ein eigenes Angebot bei Twitter gestartet.

Damit hat der Trittbrettfahrer sein Ziel erreicht. hr-online schrieb über seine Motivation:

“Enttäuschung über die Öffentlichkeitsarbeit seines Arbeitgebers, der im interaktiven „Web 2.0″ bislang so gut wie nicht in Erscheinung getreten ist. Weder auf Facebook noch über Twitter informiert Regierungssprecher Bußer über aktuelle Regierungsanliegen. Er setzt bislang auf das klassische Internet (hessen.de), E-Mails und FAX – anders als beispielsweise der Sprecher der Bundesregierung, Steffen Seibert.“

Die Landesregierung reagierte prompt:

Hier startet der offizielle Twitteraccount der Hessischen #Staatskanzlei. Herzlich Willkommen! #Hessen #Landesregierung

Ein neuer Steffen Seibert wird Michael Bußer so aber nicht. Denn während Seibert die meiste Zeit selbst twittert und nur von Zeit zu Zeit bei ergänzenden Hinweisen seine Mitarbeiter dazwischen funken lässt – stets gekennzeichnet mit dem Hinweis BPA für Bundespresseamt – twittert Bußer überhaupt nicht selbst, sondern lässt das von Mitarbeiterinnen erledigen:

@chris_politicus …sein Stab u das sind die „Twittertwins“ Simone Koch (sek) und Silvia Sämann (sis). Ab jetzt Tweets mit Kürzeln ;-) (sek)

Immerhin schreibt sich die Landesregierung den Dialog so erstmals auch im sozialen Internet auf die Fahnen. Explizit fordern die „Twittertwins“ die BürgerInnen auf, sich auch mit Fragen an sie zu wenden. Vielleicht sollte man auch einmal fragen, ob dem Trittbrettfahrer von der HessenRedaktion jetzt ein Disziplinarverfahren droht oder ob er nicht doch eine Prämie bekommen sollte. Schließlich war er es, der die Aufmerksamkeit der Landesregierung auf das Web 2.0 gelenkt hat.

Zeiten ändern sich

Mit der Bekanntgabe seines Twitterprofils sorgte Regierungssprecher Steffen Seibert heute für einige Aufmerksamkeit im Internet und sammelt seitdem in rasantem Tempo Follower. Seibert hat also allem Anschein nach Twitter für sich entdeckt und darin einen neuen, sinnvollen Informationsweg  für die Bundesregierung gefunden. Doch das war nicht immer so.

Zeiten ändern sich und Menschen auch. Steffen Seibert, seit August 2010 Sprecher der Bundesregierung, ist heute mit einem eigenen Twitteraccount online gegangen und schaffte es durch unzählige Retweets sofort in die Timeline der halben deutschen Twittergemeinde. Und so blickt Seibert nach nicht einmal vier Stunden auf 2,803 Follower (Update 21:20 Uhr: 3,584).

Twitteraccount von Steffen Seibert

Durch die unglaubliche Aufmerksamkeit ist Seiberts Profil derzeit nur über die Twitter-API bzw. über die mobile Twitterseite abrufbar.

Nicht uninteressant erscheint Steffen Seiberts Twitterstart aber aus ganz anderer Perspektive. Vor seinem Karrieresprung nach Berlin war er den meisten als Anchorman der ZDF Nachrichtensendung „heute“  bekannt. Außerdem moderierte er im Herbst 2009 und Frühjahr 2010 die Sendung „Erst fragen, dann wählen“, zur Bundestagswahl und Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen. In dieser Sendung war ich selbst damals, zusammen mit @Herr_Marx und @fabianpingel, als sogenannter Twitterscout mit von der Partie und hatte die Aufgabe während der Sendung Fragen und Kommentare der Zuschauer zu beantworten und zu sammeln (hier, hier und hier gab es bei uns im Blog bereits Beiträge dazu). Steffen Seibert zeigte sich im Rahmen der Sendung äußert kritisch gegenüber dieser, damals in Deutschland allgemein noch unbekannteren Kommunikationsplattform. So bezeichnete er Twitter als buntes Rauschen und fragte, ob da nicht hauptsächlich Wichtigtuer am Werk seien.

In einer Sendung von Johannes B. Kerner einige Zeit nach der ersten „Erst fragen, dann wählen“-Sendung hatte Seibert sich zwar etwas auf die Seite von Twitter gestellt – so erkannte er den Bedeutungsgewinn von Twitter durch die Proteste im Iran und gestand, dass ihm selbst, als Journalisten, die Plattform wichtige Informationen liefern würde. Trotzdem pflichtete er Kerner bei, der Twitter in seiner Sendung von A bis Z herunterputzte und wüst beschimpfte. Zitat Kerner: „Ich habe auch nicht vor, das anzufangen, weil (…) ich es für die Pest halte“ (Anm.: Die Sendungsmitschnitte bei YouTube wurden inzwischen leider alle entfernt). Seibert selbst stellte sich dem nicht wirklich entgegen und zeigte sich eher auch besorgt angesichts des Mißbrauchspotentials durch Fakeprofile und und dem hohen Maß an Unkontrollierbarkeit.

Woher also der Sinneswandel?
Insgesamt kein neuer Effekt, schon eine ganze Reihe von Medien und Politikern hatten über Twitter abgezogen und waren kurze Zeit später bereits die größten Anhänger der Plattform. So machte sich Spiegel-Online bspw. noch im Herbst 2008 über den twitternden SPD-Generalsekretär Hubertus Heil lustig, um später in den eigenen Follower Wettbewerb mit @saschalobo einzusteigen und sich in seiner Berichterstattung über die Proteste in Libyen, Ägypten und Tunesien in jüngster Vergangenheit immer häufiger auf Twitternachrichten zu berufen.
Und auch Johannes B. Kerner scheint seine Schimpftiraden schnell vergessen zu haben, so twittert er inzwischen bereits seit einiger Zeit mit seinem Redaktionsteam unter @kernersat1 und macht Werbung für seine Twitteraktivitäten, so als habe er nie eine andere Meinung vertreten.

Doch zurück zu Steffen Seibert: Viel spannender als die Frage nach seinem Sinneswandel, ist derzeit die Frage, was er zukünftig mit seinem neu geschaffenen Twitteraccount vorhat. Wird er über Twitter wirklich einen neuen Kommunikationsweg hin zur Bundesregierung etablieren? Wird er als Regierungssprecher zukünftig auf @replies reagieren und verfolgen (lassen), was die Menschen bei Twitter gerade bewegt? Oder wird Seibert lediglich einen weiteren Kanal aufbauen, über den von oben nach unten, im Stil eines kurzweiligen E-Mail-Verteilers, kommuniziert wird? Derzeit spricht die Anzahl der Profile, denen er folgt jedenfalls Bände: „0“. Zumindest den Twitterern aus dem direkten und indirekten Regierungsumfeld, wie @kristinakoehler, hätte er durchaus folgen können.

Vor allem aber bleibt spannend, ob die Erstellung der Twitteraccount Seiberts erster und letzter Ausflug in die sozialen Medien war oder ob wir ihn bald auch auf Facebook „liken“ können. Die Vanity-URL ist zumindest noch nicht vergeben.