Parteien, die nicht gefunden werden wollen

Gastbeitrag von Hanns Kronenberg.

Das liebste Kind der deutschen Internet-Nutzer ist mit großem Abstand die Suchmaschine Google. Mit mehr als 3 Milliarden durchgeführten Suchen pro Monat in Deutschland beginnt die Internetnutzung bei vielen Nutzern immer wieder bei Google. Aber wie fit sind die Websites von CDU, CSU, SPD, FDP, Grüne und Linke für das Superwahljahr? Lassen sich die Inhalte und Botschaften der Parteien gut bei Google finden? Wer gewinnt den Internet-Wahlkampf bei Google?

Bürgernähe im Internet

Wenn Bürger nach wichtigen Begriffen wie z.B. „Familie“, „Arbeit“, „Steuern“ usw. suchen, sollten sie dabei idealerweise auch auf die Programme, Visionen und Botschaften der Parteien stoßen, die sich zur Wahl stellen. Schließlich gestalten diese Parteien die Politik und die Zukunft der Menschen in diesem Land. Die Parteien dürfen sich nicht einfach darauf verlassen, dass die Bürger aktiv nach ihren Parteiprogrammen suchen und ihre Websites besuchen. Vielmehr müssen sie mit ihren Botschaften und Themen dort präsent sein, wo sich die Internet-Nutzer im Jahr 2009 informieren, bei Google.

Wie gut gelingt es aber den Parteien zu verschiedenen Suchbegriffen bei Google gute Rankings zu erreichen, so dass die deutschen Internet-Nutzer auf deren Inhalte stoßen? Welche Partei hat bei der Suchmaschinenoptimierung die Nase vorn?

Um Antworten auf diese Fragen zu finden, habe ich die Daten aus der SISTRIX Toolbox für die bundesweiten Websites der sechs im Bundestag vertretenen Parteien analysiert: CDU, CSU, SPD, FDP, Bündnis 90 / Die Grünen und Die Linke.

Für den SISTRIX Sichtbarkeitsindex werden wöchentlich die Top 100 Treffer bei Google für 250.000 populäre Suchphrasen ermittelt und ausgewertet. Sie bilden ein gutes Abbild des deutschen Suchverhaltens und beinhalten zu 10 Prozent Keywords zu aktuellen Themen wie z.B. „Wahlen USA 2008“. Die Ergebnisse werden nach Position und Suchhäufigkeit gewichtet.

wahlkampf-1

Ergebnisse Google Test (Sichtbarkeit):

  • das erstaunlichste Ergebnis ist sicherlich, dass Die Linke mit 24,3 Prozent den höchsten Sichtbarkeitswert einer einzelnen Partei bei Google besitzt
  • die bayerische CSU hat mit 17,7 Prozent bundesweit einen besseren Sichtbarkeitswert als ihre Schwesterpartei CDU (13,6 Prozent), hier bewahrheitet sich anscheinend wieder einmal die Redewendung von „Laptop und Lederhose“
  • zusammen kommen CDU und CSU auf einen Anteil von 31,3 Prozent und haben damit den besten Sichtbarkeitswert für eine Bundestagsfraktion
  • die SPD kommt nach dem Relaunch der Website im Januar 2009 aktuell nur noch auf einen Anteil von 20,5 Prozent (hierzu weiter unten noch mehr)
  • die FDP hat mit 8,5 Prozent als einzige Partei ein einstelliges Ergebnis
  • die Grünen erreichen einen Wert von 15,4 Prozent

Auch wenn es sich hierbei nicht um echte Wahlergebnisse handelt, ist es doch interessant, wie in der folgenden Grafik dargestellt, mögliche Koalitionen durchzuspielen. Hierbei lässt sich erkennen, welches politische Lager die „Meinungsführerschaft“ bei Goolge besitzt. Das Wort „Meinungsführerschaft“ wir hierbei als Sichtbarkeit von Meinungen und Inhalten aufgrund eines häufigeren Erscheinens bei den angezeigten Suchtreffern verstanden.

Insgesamt agieren alle Parteien auf einem sehr niedrigen SEO-Niveau. Hier liegt einem schnell das Sprichwort auf der Zunge, dass unter den Blinden der Einäugige König ist. Bei allen sechs Parteien lässt bereits ein kurzer Blick auf die Website erkennen, dass es keiner Partei gelingt, klassische SEO-Fehler zu vermeiden. Angesichts des hohen Stellenwertes von SEO im Internet-Marketing und den hohen Wahlkampfbudgets der Parteien dürften solche Fehler eigentlich nicht passieren. Es ist erstaunlich, auf welch niedrigem SEO-Niveau sich die Websites einiger Parteien im Jahr 2009 noch befinden. Aber selbst die neue Website von Barack Obama (www.whitehouse.gov) zeigt trotz vieler guter Ansätze aus SEO-Sicht noch an einigen Stellen Optimierungspotential.

Die folgende Grafik zeigt abschließend, dass es auch politische Portale in Deutschland gibt, die über wesentlich höhere Werte für den Sichtbarkeitsindex verfügen.

wahlkampf-4

So kommt die Websites des deutschen Bundestages beispielsweise auf den 8,6-fachen Sichtbarkeitsindex von die-linke.de. Die Ausrede, dass man mit politischen Inhalten keine gute Sichtbarkeit bei Google erreichen könnte, zählt also nicht. Die Beispiele zeigen, dass die politischen Parteien in Deutschland nur ein Bruchteil des Potentials nutzen, welches Google ihnen bereitstellt.

Fazit

So modern und nützlich Facebook, Twitter und YouTube auch sind. Die Parteien sollten nicht nur das Social Web nutzen, sondern sich auch um die Basics des Internet-Marketings für ihren Wahlkampf kümmern. Und dort steht SEO ganz oben auf der To-Do-Liste. Schließlich gewinnen gut optimierte Websites meist mehr als die Hälfte ihrer Besucher über Suchmaschinen. Welche Partei kann es sich erlauben, dieses Potential nicht auszuschöpfen? Es wird Zeit, dass die Parteien und politischen Spin-Doctors SEO als erfolgreiches Werkzeug für den Wahlkampf entdecken.

Diplom-Kaufmann Hanns Kronenberg arbeitet als Berater für Suchmaschinenoptimierung und Marketing in Bonn. In dem von ihm betrieben SEO-Blog findet sich die hier als Gastbeitrag bei uns veröffentlichte Studie mit weiteren Details, unter anderem zum Relaunch von SPD.de. Außerdem kann man sich dort in einen Newsletter eintragen, denn Kronenberg plant die Studie weiter zu führen. Interessant wird dabei vor allem der Blick auf den gestern durchgeführten Relaunch von cdu.de sein. Also ein guter Tipp, diese Studie weiter zu verfolgen.

6 Gedanken zu „Parteien, die nicht gefunden werden wollen

  1. Die Frage, die sich mir hier stellt: Was ist wichtiger, bzw. was bringt den höheren Mehrwert? Soziale-Netzwerke oder die klassischen Internetportale der Parteien? Wenn man darauf in zukünftigen Studien weiter eingehen könnte, fände ich das sehr interessant.

  2. @Michael: Suchmaschinen sind die am häufigsten genutzte Anwendung im Internet. Laut ARD/ZDF-Onlinestudie 2008 nutzen 84% der deutschen Internet-Nutzer mindestens einmal pro Woche Suchmaschinen. Das liegt sogar noch über der Nutzung von E-Mail (82%). Die Nutzung von Web 2.0-Inhalten liegt deutlich darunter (z.B. Instant Messaging 30% und Videopodcasts 2%).

    Das heiß nicht, dass Politiker nicht das Social Web nutzen sollen. Man erreicht damit derzeit aber noch nicht massenhaft Menschen. Welcher Politiker oder welche Partei in Deutschland haben denn schon mehr als 10.000 Followers bei Twitter?

    Es gibt aber z.B. 2,7 Mio. Suchen nach „Politik“ pro Monat bei Google in Deutschland. In den Top 10 der Suchergebnisse findet man keine einzige Partei, ich glaube nicht einmal in den Top 100.

    Sucht man hingegen „Party“ bei Google, findet man gleich SPD, Linke und Grüne in den Top 20. Da läuft doch etwas falsch.

    Über 75% der Google-Nutzer klicken auf einen der ersten 5 Treffer und auf der ersten Ergebnisseite werden insgesamt nur 10 Treffer dargestellt. Pro Suchbegriff ist da vielleicht Platz für 6 Parteien und 4 sonstige Treffer, aber nicht für Hunderte von Politikern und Ortsvereinen.

    Ich glaube für einzelne Politiker, Landesverbände, Ortsvereine usw. macht das Social Web besonders viel Sinn, um auf sich aufmerksam zu machen und zu kommunizieren, ist im Internet oftmals vielleicht auch die einzige Chance, wenn man nicht in der höchsten Liga spielt.

    Die Bundesparteien müssen aber in der höchsten Liga spielen und die Masse erreichen. Wenn es im Web um Masse geht, dann ist Google der beste Freund.

    Je mehr Personen man erreichen will bzw. muss, um so mehr reden wir von Information (Push) und dann von Suchmaschinen. Wenn es auf den unteren Stufen immer kleinteiliger wird, dann entsteht der Mehrwert hauptsächlich durch Kommunikation und das Social Web wird immer wichtiger. Am besten ist es natürlich, wenn man beides schafft.

  3. Pingback: Readers Edition » Parteien-Websites unter der SEO-Lupe - Ein Lesetipp

  4. Pingback: Parteien-Websites unter der SEO-Lupe - Ein Lesetipp - Zurück zu den Basics, “Der deutsche Internetwahlkampf wird ’schwachbrüstig’”, Parteien, Basics, Wahlkampf, Hanns, Kronenberg, Friedrich - Womblog [Worte oder mehr]

  5. Mit einem professionellen Suchmaschinenmarketing könnten die Parteien Unmengen an Wahlkampfkosten sparen. Dazu zähle ich aber nicht nur Suchmaschinenoptimierung, sondern auch gezielte Suchmaschinenwerbung.

    //Werbe-Link entfernt

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.