Sind Briefwahlen die Lösung?

In den bayrischen Diözesen waren am Sonntag alle Katholiken dazu aufgerufen ihre neuen Pfarrgemeinderäte zu wählen. Unter normalen Umständen eine Meldung, die über die Landesgrenze hinaus kaum für Aufmerksamkeit gesorgt hätte. Spannend ist jedoch, dass die Kirchenmitglieder in Bayern ihre Stimmen in diesem Jahr fast ausschließlich per Briefwahl abgegeben haben. Den Wahlberechtigten wurden die Wahlunterlagen bereits vor dem Wahltag per Post zugeschickt. Auf diese Weise erhoffte man sich eine höhere Wahlbeteiligung. Auf der Website des Erzbistums München und Freising hieß es im Vorfeld dazu:

„Für die Allgemeine Briefwahl sprechen die positiven Ergebnisse in den Diözesen Würzburg und Eichstätt: Während die Wahlbeteiligung bei den letzten PGR-Wahlen in Bayern durchschnittlich 15,6 % betrug, lag die Wahlbeteiligung in der Diözese Würzburg bei 33,4 %. Dort waren alle Wahlberechtigten eingeladen, per Allgemeiner Briefwahl abzustimmen. In der Diözese Eichstätt konnten die Pfarrgemeinden „wählen“, ob sie auf die Allgemeine Briefwahl zurückgreifen. Die Wahlbeteiligung war dort in den Pfarrgemeinden, die dies nutzten, signifikant höher.“

Auch die Kirchenwahl zeigt, dass sich allgemein etwas zu verändern scheint. Seit einigen Jahren nun sind Wahlen nicht mehr zwangsläufig räumlich und zeitlich fest gebunden. Bei der Bundestagswahl haben jüngst knapp 25 Prozent aller Wähler ihre Stimme außerhalb des Wahllokals abgegeben. Der Anteil steigt seit Jahren, von Wahl zu Wahl. Zwar haben es die Briefwähler-Rekorde im Anschluss an die Bundestagswahl für ein paar Tage in die Medienberichterstattung geschafft, aber eine weitreichender Diskussion blieb auch dieses Mal aus. Dabei wäre es längst an der Zeit, den Ablauf von Wahlen in Deutschland auf den Prüfstand zu stellen.

Fakt ist, immer mehr Menschen nutzen die Möglichkeit unabhängig vom Wahltag zu wählen. Seit der Wahlrechtsänderung im Jahr 2008 dürfen sie dies auch offiziell. Zuvor war die Stimmabgabe außerhalb des Wahllokals rechtlich nur möglich, sofern triftige Hinderungsgründe Vorlagen.
Klar ist aber auch, der größte Teil aller Wähler ist nach wie vor im Wahllokal anzutreffen. Berücksichtigt man jedoch das vermutete Altersgefälle, ist davon auszugehen, dass es eine Relevanzsteigerung für das Thema geben wird. Aber leider sind es trotzdem noch immer bloß Spekulationen, wenn davon ausgegangen wird, dass besonders junge Menschen die Möglichkeit der Briefwahl nutzen. Es stellt sich deshalb die Frage, warum sich die Demoskopie anscheinend nicht für das Thema interessiert? Es wäre sicherlich spannend, im Rahmen der Interviews für die Sonntagsfrage mit abzufragen, ob die vorzeitige Stimmabgabe geplant oder bereits erfolgt ist. Die Frage, die sich mir immer wieder stellt ist, ob die Wahlbeteiligung ohne die Möglichkeit der vorzeitigen Briefwahl seit Jahren kontinuierlich sinken würde.

Kaum jemand scheint sich zu fragen, welchen Einfluss Briefwahlen auf Wahlabläufe und -ergebnisse haben. Genauso scheint fast niemand die Briefwahl in Frage zu stellen. Sie ist als allgemeingültige Variante der Stimmabgabe inzwischen anscheinend voll anerkannt. Die gesetzlichen Sozialversicherungsträger in Deutschland führen die Sozialwahl als reine Briefwahl durch und Parteien stellen auf dem Postweg ihre personellen und politischen Entscheidungen zur Abstimmung. Doch kaum jemand äußert Angst vor Manipulationen – oder sie werden für den Komfort bewusst in Kauf genommen. Dabei sind die Möglichkeiten des Betrugs bei der Briefwahl vielfältig. An dem Prozess sind so viele Menschen beteiligt, dass Manipulationen nur schwer zu bemerken sind.

Klar ist, dass es einen Modernisierungsbedarf gibt, was die Möglichkeiten der Stimmabgabe angeht. Aber sind Briefwahlen die Lösung?

Snowden-Interview in Deutschland nicht im Originalton

Update siehe unten: Jetzt doch in Englisch.

In der ARD läuft gerade das von Hubert Seipel geführte Interview mit Edward Snowden. Eine gute Sache. Jedoch schon während der Sendung von Günther Jauch, in der es erste Ausschnitte zu sehen gab, haben mich die Übersetzungen gestört, die über den Originalton gesprochen wurden.

Deshalb habe ich per Twitter kurz beim Team der ARD-Mediathek nachgefragt, ob das Interview später auch im Originalton zu sehen sein wird.

Ich hatte fest mit einer positiven Antwort gerechnet, oder zumindest mit der Aussage, dass die Originalversion ab morgen bereit steht. Stattdessen kam eine ziemlich überraschende Antwort vom Twitteraccount der NDR-Netzwelt.

Wenig später wurde dann noch die Info nachgereicht, dass das Interview überhaupt nicht vom NDR produziert wurde, sondern nur die Rechte erworben wurden.

Brave New World.

*Update: 26.01.2014, 23:37 Uhr

Inzwischen hat der NDR mitgeteilt, dass die NDR-Tochter Cinecentrum den Beitrag produziert hat.

Außerdem hat der NDR anscheinend schon gestern Nachmittag ein FAQ zur Ausstrahlung veröffentlicht.

*Update: 27.01.2014, 15:59 Uhr

Jetzt gibt’s das Video doch auf Englisch. Danke an Florian für den Hinweis in den Kommentaren.

Big Data

Mal wieder ein Hinweis auf eine Veröffentlichung der Wissenschaftlichen Dienste des Bundestags. Dieses Mal zum Thema „Big Data“.

„Jüngste Enthüllungen um internationale Datenspionage haben den Blick auch auf die unter dem Stichwort „Big Data“ bekannt gewordenen neuen Möglichkeiten im Umgang mit großen Datenmengen gelenkt. Dabei geht es nicht um eine einzelne neue Technologie. Vielmehr bezeichnet Big Data ein Bündel neu entwickelter Methoden und Technologien, die die Erfassung, Speicherung und Analyse eines großen und beliebig erweiterbaren Volumens unterschiedlich strukturierter Daten ermöglicht. Für die IT-Branche wie auch die Anwender in Wirtschaft, Wissenschaft oder öffentlicher Verwaltung ist Big Data daher zum großen Innovationsthema der Informationstechnik geworden.“

Die Bundeswehr im Weltraum

Die wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages sind eine tolle Einrichtung. Nicht nur, weil sie Bundestagsabgeordnete mit Dossiers und Fachinformationen versorgen, sondern weil sie ihre Arbeiten zu einem großen Teil allgemein veröffentlichen. Häufig erfährt man so kompakt zusammengefasst alles zu einem aktuellen Thema. Sei es über die Bunderkanzlerwahl (pdf), das Internet der Dinge (pdf) oder das neue Wahlrecht (pdf).

Ab und an sind auch Themen dabei, die man nicht erwartet hätte, die dadurch aber umso interessanter sind. Eines dieser Beispiele ist die heute veröffentlichte Arbeit zum Thema „Die Nutzung des Weltraums durch die Bundeswehr“ (pdf)

 

Gedanken zur Briefwahl

Jeder vierte Wähler hat bei der Bundestagswahl seine Stimme per Briefwahl abgegeben (siehe handelsblatt.com). Nachdem bereits Tage vor dem Wahlsonntag ein neuer Rekord an Briefwählern erwartet wurde, gibt es damit nun die Bestätigung. Und spätestens jetzt wird klar, gewählt wird nicht mehr nur am Wahltag.

Von besonderer Relevanz ist diese Veränderung aber auch deshalb, da ich vermute, dass sich hier eine Generationenproblematik auftut. Per Brief gewählt wird in allen Altersgruppen, aber rein subjektiv betrachtet habe ich den Eindruck, dass insbesondere junge Wähler kaum noch im Wahllokal anzutreffen sind. Gewählt wird zu Hause. Es wäre also dringend an der Zeit zu untersuchen, wer per Brief wählt. Leider fehlt mir die Kenntnis, ob die Städte und Gemeinden Zahlen darüber erheben, bzw. erheben dürfen.

Dass immer mehr Menschen per Brief wählen ist das Eine. Das Andere sind die gleichzeitig vielfältig aufgetretenen Problem- und Beschwerdefälle – von der erwartbaren Dunkelziffer ganz abgesehen. Quer über die ganze Republik verteilt wird von Unregelmässigkeiten berichtet. Mal in harmloserer, mal in deutlich problematischerer Hinsicht (siehe Spiegel-Online). Ich hatte es schon vor der Wahl geschrieben: Die Briefwahl sollte in den Fokus genauerer Untersuchungen genommen werden. Man muss die Briefwahl ja nicht grundsätzlich verteufeln und sicher gibt es noch einige effektive Maßnahmen, die zu einer deutlichen Verbesserung führen würden.

Zwei lose Gedanken dazu von mir:

  1. Warum sind die Briefwahlunterlagen nicht halbwegs fälschungssicher? Die zu erwartenden Mehrkosten müssten es uns ja wert sein. Aktuell scheint man nur wenig Energie aufwenden zu müssen, um Briefwahlunterlagen zu fälschen (siehe golem.de).
  2. Warum habe ich als Wähler keine Möglichkeit zu erfahren, ob meine Briefwahlunterlagen im Wahllokal eingetroffen sind? Möglich wäre eine online abrufbare Empfangsbestätigung, wie es für Einschreiben bei der Post inzwischen Standard ist. Mein Vertrauen würde es in jedem Fall stärken, wenn ich wüsste, dass meine Briefwahlunterlagen ihr Ziel erreicht haben.