Dominanz der Senioren

Es ist nichts Neues: Die deutschen Großparteien haben ein massives Altersproblem. Das Deutsche Zentrum für Altersforschung hat sich der Thematik deshalb einmal genauer angenommen. Unter dem Titel „Wahlverhalten und politische Partizipation älterer Menschen“ (pdf!) wurde gleich ein ganzer Report veröffentlicht, der auch über die Parteiuntersuchung hinausgeht.

Dem Report zufolge waren Ende 2007  rund die Hälfte der Mitglieder von CDU, SPD und Linkspartei über 60 Jahre alt, Tendenz steigend. Zeitgleich habe der Anteil der unter 30-jährigen bei nur fünf bis sechs Prozent gelegen.

„Bereits seit einigen Jahren klaffen die Altersstrukturen der Parteien und die der Gesamtbevölkerung auseinander. Jüngere Parteimitglieder sind im Vergleich zu ihrem Bevölkerungsanteil unterrepräsentiert, ältere deutlich überrepräsentiert.“

Insgesamt legen die Autoren ihrer Veröffentlichung insbesondere eine Erhebung von Prof. Dr. Oskar Niedermayer (FU Berlin) (pdf!) zugrunde.

Wahlberechtigte

In den vergangenen Jahrzehnten ist, laut der Studie des Deutschen Zentrums für Altersforschung, die Anzahl der Wahlberechtigten bei Bundestagswahlen kontinuierlich gestiegen. Waren 1949 nur 31,2 Mio. Personen zur Wahl aufgerufen, ist die Anzahl im Jahr 2009 auf 62,2 Mio. gestiegen. 1949 waren zwei von drei Personen in Deutschland wahlberechtig. Zur letzten Bundestagswahl 2009 waren es inzwischen drei Viertel aller in Deutschland lebenden Menschen. Dies kann u.a. auf den sinkenden Anteil von Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren zurück geführt werden.

„Die Altersstruktur der Wahlberechtigten verändert sich mit der Alterung der Bevölkerung. Mit dem zunehmenden Anteil von älteren Erwachsenen an der Bevölkerung werden auch die Wahlberechtigten tendenziell älter. Im Jahr 1953 waren noch 22 Prozent aller Wahlberechtigten 60 Jahre alt und älter. 1990, zur ersten Bundestagswahl nach der Wiedervereinigung, waren 26 Prozent der Wahlberechtigten in diesem Alter, zur letzten Bundestagswahl im Jahr 2009 waren es bereits 32 Prozent.“

Insbesondere der Anteil der ältesten Wahlberechtigten (also über 70 Jahre) stieg in den vergangenen Jahren.

„Zur Bundestagswahl 1953 waren die über 70-Jährigen mit 9 Prozent aller Wahlberechtigten noch eine kleine Gruppe, im Jahr 2005 stellten sie mit 18 Prozent fast ein Fünftel aller Wahlberechtigten.“

Wahlbeteiligung

Ähnlich sieht es im Rahmen der Wahlbeteiligung aus. Zur Bundestagswahl 2005 waren bereits 31,3 Prozent alle Wähler 60 Jahre und älter. 1953 waren es erst 21,4 Prozent.

Entwicklung der Wahlbeteiligung (in %) für ausgewählte Altersgruppen –
© GeroStat, Deutsches Zentrum für Altersfragen, Berlin

„Die wachsende Dominanz der älteren Wähler ist zu einem großen Teil durch ihren steigenden Bevölkerungsanteil bedingt. Aber auch ihre im Vergleich zu jüngeren Altersgruppen höhere Wahlbeteiligung verschafft ihnen zunehmenden Einfluss auf das Wahlgeschehen, wenn auch in geringerem Umfang. Ein Vergleich mag das belegen: Im Jahr 2005 waren 30,6 Prozent aller Wahlberechtigten 60 Jahre und älter, diese Altersgruppe stellte aber 31,3 Prozent aller Wähler.“

Zur Wahl gehen also insbesondere die Altersgruppen des mittleren Erwachsenenalters ab 45 Jahren und die „jungen Alten“ bis zum 70. Lebensjahr. Mit der Bundestagswahl 1990 brach die Wahlbeteiligung insbesondere bei den „Jungwählern“ und den „Älteren“ über 70 Jahre ein.

Wahlpräferenz

Auch dies ist keine Neuheit: Laut der Studie wählen Ältere eher konservativ. Es reicht schon zu betrachten,welche Parteien Senioren als ihre Zielgruppe auserkoren haben. Sucht man beispielsweise bei Google nach den Begriffen Senioren und Politik wird man bereits relativ schnell auf Internetseiten der CDU/CSU verwiesen.

„Die CDU/CSU konnten in der Geschichte der Bundestagswahlen immer auf besonders viele Stimmen aus der älteren Wählerschaft bauen. Dies gilt auch für die Bundestagswahl 2005: 35,2 Prozent aller Wähler gaben der CDU/CSU ihre Zweitstimme, von den über 60-jährigen Wählern erhielt die CDU/CSU 43,3 Prozent der Zweitstimmen.“

Auf der anderen Seite werden die Grünen von Älteren beispielswiese nur zu einem sehr geringen Anteil gewählt. Zur Bundestagswahl gaben von den über 60ig-jährigen gerade einmal 3,9 Prozent ihre Stimme den Grünen (Insgesamt kamen die Grünen auf 8,1 Prozent).

Weitere zahlen liefern der Webauftritt des Bundeswahlleiters und des Statistischen Bundesamts (pdf!).

Abgeordnete

Interessant erscheint auch die aktuelle Altersverteilung im Bundestag. Hier fällt auf, dass neben jungen Abgeordneten auch ältere Abegeordnete die Ausnahme darstellen.

„Der Anteil älterer Abgeordneter ab 60 ist mit 16 Prozent relativ niedrig. Er spiegelt nicht die Altersstruktur der Bevölkerung wider. Im Jahr 2008 war etwa jeder vierte Einwohner Deutschlands 60 Jahre und älter. Die verschiedenen Parteien des Deutschen Bundestages haben allerdings unterschiedliche Anteile älterer Abgeordneter. Am geringsten sind die Anteile der über 60-jährigen Abgeordneten bei den Grünen und der FDP, die dafür überdurchschnittlich viele Abgeordnete unter 30 Jahren haben. In der SPD und der CSU gehört dagegen etwa jeder vierte Abgeordnete den 60-Jährigen und Älteren an.“

Eine genauere Darstellung der Altersverteilung der Bundestagsabgeordneten, über die hier dargestellte Studie hinaus, liefern die Internetangeboet des Bundestags, und von statista.de

Parteimitglieder

Das letzten Mal, dasss genauere Zahlen über Parteimitglieder veröffentlicht wurden liegt inzwischen schon 1 1/2 Jahre zurück. Die Daten wurden damals vom statistischen Bundesamt (pdf!) erhoben und veröffentlicht, u.a. berichtete Spiegel-Online. Auf diesen Stand bezieht sich auch das Deutschen Zentrums für Altersforschung in seiner Darstellung.

„1990 waren noch 3,8 Prozent der Wahlberechtigten in politischen Parteien organisiert, 2007 waren es nur noch 2,3 Prozent. In absoluten Zahlen haben die Parteien zwischen 1990 und 2007 etwa 865.000 Mitglieder verloren. Das entspricht fast 38 Prozent der Mitgliedschaft des Jahres 1990.“

Entwicklung des Anteils von Parteimitgliedern im Alter 60 Jahre und älter (Angaben in Prozent)
© GeroStat, Deutsches Zentrum für Altersfragen, Berlin

Wie zu Beginn bereits dargestellt waren Ende 2007  bereits rund die Hälfte der Mitglieder von CDU, SPD und Linkspartei über 60 Jahre alt.


Parteimitglieder nach Alter

© GeroStat, Deutsches Zentrum für Altersfragen, Berlin

„Im Jahr 1990 lag der Anteil der Älteren über 60 in den Parteien etwa noch im Bevölkerungsdurchschnitt. Die unter 30-Jährigen waren 1990 in den Parteien unterrepräsentiert und etwa zwei Drittel aller Parteimitglieder waren 1990 zwischen 30 und 59 Jahren alt. Bereits im Jahr 2000 lag der Anteil der Älteren ab 60 Jahren bei den meisten Parteien über dem Bevölkerungsanteil dieser Altersgruppe, ein Trend, der sich bis heute fortgesetzt hat.“

Eine Ausnahme stellen die Grünen dar. Insgesamt drei Viertel der Parteimitglieder sind im mittleren Erwachsenenalter (also zwischen 30 und 59 Jahre alt) und zumindest 13 Prozent jünger als 30 Jahre.

Fazit

Die Studie zeigt also ein schon längst vermutetes Problem in seiner Vielfältigkeit dar. Gerade Parteien wie CDU/CSU und SPD werden in den nächsten Jahren immer stärker von Altersproblemen betroffen sein und müssen sich in den nächsten Jahren dringender denn je Gedanken über ihren Nachwuchs machen.

Quelle: In diesem Artikel beziehen wir uns auf eine Studie von „GeroStat, Deutsches Zentrum für Altersfragen, Berlin“
Bild: Screenshot Seniorenunion