OpenSource und Meinungsfreiheit

In Amerika regt sich Unmut gegen die Obrigkeit, die eine Verschärfung des Internetrechts plant. Besonders interessant ist der Widerstand aus der OpenSource-Community. Mark Jaquith ist WordPress-Entwickler und begründet seine Ablehnung mit seiner Begeisterung für die Meinungsfreiheit:

One of the reasons that I help make WordPress is because of my deeply held conviction that free speech is the most powerful and beneficial tool humans have ever had at their disposal. The Internet is a grand experiment that not only makes communications fast — it embraces freedom by design. This legislation is a low level attack against the system of trust upon which the Internet is based. It’s an attack on freedom of speech and on economic freedom. It’s corporate cynicism of the worst kind.

Einmal Zukunft und zurück

Bereits nach dem ersten Tag des Personal Democracy Forum („Technology is changing politics“) muss man sich als deutscher Konferenzteilnehmer mit der Frage auseinandersetzen, was bei uns derzeit alles falsch läuft.

Schon in der Begrüßungsrede rief Andrew Rasiej die Regierungen auf, entschieden gegen eine Zensur im Internet zu arbeiten. Mehrfach griffen auch andere Redner das Thema auf und teilten bewusst Seitenhiebe nach Europa aus. Gemeint war damit sicherlich auch Deutschland, das derzeit gefährlich Entwicklungen in dem Gebiet zeigt. Vielen Referenten und Teilnehmern scheint es aber auch nicht bewusst zu sein, welche Netzpolitik zur Zeit in Deutschland gemacht wird.

dana boyd stellt sich gar nicht mehr die Frage, ob jemand überhaupt Social Network Sites benutzt, sonder nur noch um die Auswahl aus dem reichhaltigen Angebot von MySpace bis Facebook.

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boyd, die genauso wie die beiden anderen Hauptacts des heutigen Tages Jeff Javis und David Weinberger ihr Können als Rednerin bewies, sprach deshalb zum Thema „Zweiklassengesellschaft in Social Network Sites“ anhand der beiden Plattformen Facebook und MySpace. Sie betonte innerhalb ihres Vortrages inbesondere, dass es keine „universelle Onlineöffentlichkeit“ gibt. Die Ursache dafür kann in der räumlichen Trennung der Social Network Sites gesehen werden. Während es bei der Email-Kommunikation egal ist, ob Freunde und Bekannte über Hotmail oder Yahoo miteinander kommunizieren entstehen durch Social Network Sites in den meisten Fällen räumlich von einander abgeschnittene Communitys. Für Deutschland besonders interessant: In diesem Gedankengang wird die vielfach postulierte „Netzcommunity“ wiederlegt.

Für die Konferenzteilnehmer nett war natürlich auch die Rede von New Yorks Bürgermeister Michael Bloomberg, der über Skype ins Auditorium geschaltet war und von Andrew Rasiej interviewt wurde.

So plauderten beide über Iphone-Apps für Einwohner und Touristen und auch eine Verbindungsunterbrechung wurde völlig problemlos und locker von den Gesprächspartnern hingenommen. Insgesamt fiel vor allem auf, dass Bloomberg als Bürgermeister weiß wovon er spricht und niemand dies für eine Besonderheit, sondern vielmehr für selbstverständlich hielt.

Den Rest des Tages füllten etliche weitere Sessions, die viele neue Erkenntnisse brachten. Doch erst der letzte Programmpunkt, verschiedene thematische Brainstormings, verdeutlichten endgültig den Unterschied zwischen US-amerikanischer und deutscher Netzpolitik. Zusammen mit vier weiteren Teilnehmern wurden Ideen zum Thema „international politics“ ausgetauscht. Und während in Deutschland derzeit verzweifelt alles daran gesetzt wird, Politiker und Bürger über das Internet in Kontakt zu bringen, ist dieser Schritt in den USA schon Schnee von gestern. Vielmehr überlegt man den Schritt weiter, wie Netzkommunikation zwischen verschiedenen Regierungen und noch viel spannender zwischen Regierungen und einer ausländischen Bevölkerung möglich werden. Ein konkretes Beispiel wäre, wie man es ermöglichen könnte, dass die deutsche Bevölkerung mit der US-amerikanischen Regierung kommuniziert? Eine für uns Deutsche wahnwitzig klingende Idee, die hier völlig ernsthaft diskutiert wird.

Wenn es danach geht, scheinen wir in Deutschland noch mitten in der Steinzeit zu stecken und erst langsam das Werkzeug zu entdecken, während in den Vereinigten Staaten mit dem weiterentwickelten Werkzeug inzwischen Eisen bearbeitet wird. Während man in Deutschland immer wieder Barack Obama und seinen Internetwahlkampf  wie eine Monstranz vor sich her trägt, zeigte sich bereits am ersten Konferenzkonferenztag das wahre Interesse der deutschen Parteien an dem Thema. Denn die deutschen Teilnehmer lassen sich mit Leichtigkeit an einer Hand abzählen.  Nachdem Joe Rospers (Obama ’08) mit der Frage „How many republicans are here today?“ und nur wenigen Meldungen die Lacher auf seiner Seite hatte, müsste man die Frage auch nach der Anzahl der deutschen Teilnehmer stellen bzw. noch besser der deutschen Parteimitarbeiter. Denn nirendwo würden sich so viele Tipps und Ideen sammeln lassen wie direkt vor Ort, aber die deutsche Parteielite ist derweil allen Anschein noch damit beschäftigt, das Netz zu filtern und Blogger zu verklagen.

Brave old world…

Bild: flickr Phil Hawksworth

Bahn bringt das Netz gegen sich auf

Ich zitiere in aller Kürze Till Westermayer:

2008/09 ist das Doppeljahr der Datenschutzskandale. Nach Lidl und der Telekom kam die Bahn dran, die ihre eigenen MitarbeiterInnen beschattete. Natürlich kann so ein Thema an einem netzpolitischen Blog nicht vorbeigehen. Markus Beckedahl hat deswegen auf netzpolitik.org u.a. ein ihm anonym zugeschicktes Dokument veröffentlicht, in dem es um ein Gespräch des Berliner Datenschutzbeauftragten mit der DB-Führung geht. Der Bahn scheint die bisherige Aufmerksamkeit, die auf ihr Datenschutzproblem (und auf die Uneinsichtigkeit von Harmut »Ich würde es wieder machen« Mehdorn) gelenkt wird, nicht zu reichen. Was machen sie also? netzpolitik.org eine Abmahnung schicken, die prompt zu der gewünschten viralen Aufmerksamkeitsgenerierung führt.

Meine Prognose: selbst wenn Markus sich gewzungen sieht, den Text zu entfernen – auf irgendwelchen Pfaden wird das Memo garantiert bei Wikileaks auftauchen. Erfolg für die Bahn im Sinne einer Kontrolle ihres öffentlichen Images also: keiner.

Ergänzend noch dazu die entsprechenden Meinungen auf Rivva.de. Das Bild zum Eintrag aus den Commons, der Auszug-Text zitiert dhaunsch.