Obama, Powell und die Farbfrage

Es sei ein „verbotenes Thema“, aber man komme nicht drum herum, schreibt der konservative Kommentator Patrick Buchanan heute in seinem Blog und fragt: Welche Rolle spielte die gemeinsame Hautfarbe, als Colin Powell am Wochenende öffentlich zur Wahl Barack Obamas aufrief?

So lautet der Anfang der heutigen Blogschau von Oskar Piegsa auf ZEIT Online. Der ehemailge US-Außenminister hatte am Sonntag seine Unterstützung für Obama verkündet – siehe mein Twitter-Eintrag dazu.

In der Blogschau wird der Radiomoderator Rush Limbaugh zitiert:

„Powell sagt, seine Wahlunterstützung hat nichts mit Hautfarbe zu tun“, wird Limbaugh in der Zeitung The Politico zitiert . „Okay, gut. Ich recherchiere jetzt seine früheren Wahlempfehlungen, um zu sehen, ob ich unerfahrene, linksliberale, weiße Kandidaten finden kann, die er unterstützt hat.“

Als ob seine Hautfarbe für Powell wichtiger gewesen sei, als eine große einende Begabung. Ein Charisma, das für eine hoffnungsvolle Zukunft steht – und solche Kandidaten dürften in den letzten Wahlempfehlungen von Powell sicherlich schwer zu finden sein. Schade, dass Befürchtungen über unterschwelligen Rassismus jetzt sogar denen vor einem offenkundigen Rassenhass weichen müssen.

Die Blogschau dagegen schließt mit der richtigen Interpretation des Powell-Endorsments:

Schon am Vortag hatte der außenpolitische Essayist Fareed Zakaria im Internet seine Wahlempfehlung veröffentlicht , die ähnlich endet: „Ich muss eingestehen, dass ich auch ein persönliches Interesse habe“, schrieb Zakaria, der in Indien als Sohn eines islamischen Schriftgelehrten geboren und aufgewachsen ist und an den Eliteuniversitäten Yale und Harvard studiert hat, bevor er amerikanischer Staatsbürger wurde. „Mein neunjähriger Sohn heißt Omar. Ich glaube fest daran, dass er in der Lage sein wird, in diesem Land absolut alles zu erreichen, was er will. Aber ich muss zugeben, dass ich zuversichtlicher für seine Zukunft bin, wenn ein Mann namens Barack Obama Präsident der Vereinigten Staaten würde.“

Wer die Wahl hat, hat die Qual?

Das schlug ein… Die Washington Post kürte Barack Obama  bereits heute zum neuen Präsidenten:

„The nominating process this year produced two unusually talented and qualified presidential candidates. There are few public figures we have respected more over the years than Sen. John McCain. Yet it is without ambivalence that we endorse Sen. Barack Obama for president.“

Und weiter heißt es:

„The choice is made easy in part by Mr. McCain’s disappointing campaign, above all his irresponsible selection of a running mate who is not ready to be president.“

Dies kann schon als ein sehr deutliches Zeichen gesehen werden. Auch wenn es eine gewöhnliche Handlung der großen US-Tageszeitungen ist, sich am Ende des Wahlkampfes auf die Seite eines der Kandidaten zu stellen. Doch der Artikel kommt für John McCain zeitlich sehr ungünstig. Von überall weht ihm der Wind entgegen. So etwa auch im CNN Candidate Poll, wo man Obama momentan bei 50% und McCain bei 42% sieht.
Doch der folgende Satz aus dem Washington Post-Artikel hat, entgegen allem anderen, für John McCain, schon die Wirkung eines direkten Schlags ins Gesicht und könnte auch gut ein Auszug aus einer Wahlkampfbroschüre Obamas sein:

„Mr. Obama is a man of supple intelligence, with a nuanced grasp of complex issues and evident skill at conciliation and consensus-building. At home, we believe, he would respond to the economic crisis with a healthy respect for markets tempered by justified dismay over rising inequality and an understanding of the need for focused regulation. Abroad, the best evidence suggests that he would seek to maintain U.S. leadership and engagement, continue the fight against terrorists, and wage vigorous diplomacy on behalf of U.S. values and interests. Mr. Obama has the potential to become a great president. Given the enormous problems he would confront from his first day in office, and the damage wrought over the past eight years, we would settle for very good.“

Bildnachweis: flickr.com / traviscrawford

Obama und die Affenassoziation

Bedrohliches offenbart der US-Sozialpsychologe Philipp Goff im Interview mit Spiegel Online:

Ich habe Affenmasken mit Obamas Konterfei gesehen und T-Shirts, auf denen er mit einem Affen verglichen wird. Auch die Frage, die John McCain jetzt immer wieder über seinen Rivalen stellt, aktiviert Stereotypen: „Wer ist der wahre Barack Obama?“ Sie impliziert, dass er irgendwie doch der „typisch schwarze“ Kandidat sein könne, vor dem Weiße Angst haben müssen.

Unglaublich, für wie unmöglich ich sowas gehalten hätte. Goff beendet das Interview mit einer noch weit bedrohlicheren Befürchtung:

Viele Afroamerikaner glauben zum ersten Mal in ihrem Leben, dass ein Kandidat mit schwarzer Hautfarbe Präsident werden kann. Klappt das wieder nicht, werden sie nur noch schwer an den „American Dream“ glauben können. Es könnte offenen Widerstand geben, gewaltsame Ausschreitungen. Noch wichtiger aber ist, dass Obama nichts zustößt. Jeden Morgen schlage ich die Zeitung auf und gucke, ob es ihm gutgeht – und ihn nicht irgendein Irrer umgelegt hat.

Innerlich widerstrebe mir noch die Vorstellung, der Mann könnte Recht haben.