Nichtmitglieder bevorzugt

Die Grünen mögen offensichtlich ihre parteilosen Unterstützer lieber als ihre eigenen Mitglieder. Auf die Idee könnte man jedenfalls kommen, wenn man die Sozialen Netzwerke miteinander vergleicht, die für beide Gruppen gesondert geschaffen wurden. Das Grüne „Wurzelwerk“ für diejenigen mit Parteibuch ist seit mittlerweile fast zwei Wochen wegen schwerwiegender Mängel vom Netz gestellt. Das Netzwerk für die Unterstützer heißt „Meine Kampagne“ und erschien am Freitag in bunter Farben- und Funktionspracht, ganz ohne mit lästigen technischen Problemen zu nerven.

fireshot-capture-20-bundnis-90_die-grunen-bundespartei-meine-kampagne-www_gruene_de_meine-kampagne_htmlDie Unterstützer können in der frühen Phase des Wahlkampfs schon die Wahlkämpfer-Rüstung anziehen und der Partei ihre Daten zur Verfügung stellen. Ganz gezielt können sie dabei auswählen, welche Information die Geschäftsstelle wie verwenden darf. Mit einer so detaillierten Steuerung liegt die Seite bei Datenschützern weit vorne.

Bestimmte Aktionen wie eine Unterschriftenliste für den „Green New Deal“ oder die schon bekannte „Meine Daten gehören mir“-Kampagne finden sich jetzt unter dem Dach des Netzwerks vereint. Außerdem können die Unterstützer die Informationen bestimmter Themenbereiche getrennt abonnieren und werden bei startenden Aktionen benachrichtigt.

Etwas undurchsichtig sieht noch der Community-Teil des Netzwerks aus. Wollen die Grünen wirklich auf eine Vernetzung der Unterstützer verzichten, wie es bisher den Anschein hat? Jedenfalls lassen sich in den Seiten des Unterstützernetzwerks weder Profile anlegen, noch nach andere Mitgliedern suchen oder sich in Gruppen zusammen finden.

Vielleicht liegt es ja daran, dass das Netzwerk für Unterstützer besser läuft, als das für Parteimitglieder. Vielleicht liegt die Stabilität ja schlicht darin begründet, dass das Netzwerk … gar kein Netzwerk ist.

Screenshots: gruene.de

Wurzeln wachsen langsam

Heute ging das grüne Mitgliedernetz für den Wahlkampf in diesem Jahr online. Bisher ist eine Beurteilung für Nichtmitglieder nicht möglich, nur Parteimitglieder haben in den letzten zwei Tagen ihre Zugangsdaten mit der Post bekommen. Einige Aussagen lassen sich aber auch ohne Einblick in das System treffen.

1. Nichtmitglieder müssen – vorerst – draussen bleiben

Auch wenn das „Wurzelwerk“ getaufte soziale Wahlkampfnetzwerk der Grünen heute online ging, werden Nichtmitgliedern jegliche Einblicke versagt. Grundsätzlich finde ich es einen legitimen Gedanken, weite Bereiche des Mitgliedernetz oder sogar den gesamten Zugang nur den eigenen Parteifreunden zu gewähren. Schließlich sind diese nicht nur die einzige Zielgruppe, es mangelt wohl auch nicht an internen Informationen.

Aber die Grünen wollen die Externen Besucher ja gar nicht aussperren, sondern bitten sich einfach noch einige Zeit mehr aus. Die Betreiber versprechen eine Öffnung für Besucher ab Ende nächster Woche, verschenken damit aber unnötig öffentliche Aufmerksamkeit. Für anderthalb Wochen Verzögerung riskiert man das ungute Gefühl der Intransparenz und versteckt die möglicherweise beeindruckenden neuen Möglichkeiten vor der Öffentlichkeit.

2. Auch Mitglieder kämpfen mit dem Wurzelwerk

Die Berichte über extreme Wartezeiten oder gar fehlende Erreichbarkeit des Wurzelwerks dauern schon den ganzen Tga an. Die Twitter-Suche malt ein beeindruckendes Bild davon. Lars Brücher spottet: „Logins werden sicher händisch freigeschaltet, wenn da einer eine rauchen ist, kann das ein bisschen dauern“. Till Westermayer kann auch sein Lied vom Anmeldevorgang singen: „Bisheriger Eindruck: das Login dauert über 5 Minuten. Bin noch immer nicht drinne.“ Über Fehler bei der Gruppenfunktion oder falsche Zuordnung in Landesverbände beklagen sich weitere Benutzer. Der Begriff „alpha“, also unfertige Software, macht schon die Runde.

Warum all diese technischen Probleme auch nach der langen Testphase mit einigen netzaffinenen Grünen noch immer bestehen, bleibt natürlich offen. Vermutlich sind es auch wirklich handfeste Probleme, mit denen die Betreiber zu kämpfen haben. Möglicherweise wäre aber dann doch eine spätere Veröffentlichung sinnvoll gewesen. Auch in der Natur wachsen Wurzeln eben langsam.