„Ihre Wahl rauscht!“

Kaum ein Thema hat die Berichterstattung über den diesjährigen Wahlkampf so dominiert, wie die Diskussion rund um den möglichen Einfluss des Internets auf die Politik. Auch an den TV-Sendern ist das Thema „Internet“ nicht vorbei gegangen. Aus den zahlreichen Berichten wuchsen einige äußerst spannende und interessante TV-Formate. Zwar überwiegen weiterhin Skepsis und Furcht vor dem Netz, doch an einigen Stellen hat man sich aus der Deckung getraut und auf Experimente eingelassen.

Netzrauschen

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Netzrauschen ist ein im Juni 2009 gestartetes Projekt der Tagesschau. Regelmäßig werden Spitzenkandidaten und Kampagnenmitarbeiter der Parteien von Moderator Jan Hendrik Becker interviewt. In den meist fünfminütigen Beiträgen geht es darum zusammen mit den Interviewten deren Netzaktivitäten zu betrachten und zu bewerten. Inzwischen waren eine ganze Reihe namhafter Politiker bei Netzrauschen zu Gast: Bspw. Philipp MißfelderOtto Fricke und Hermann Otto Solms, Julia Klöckner, Kajo Wasserhövel, Gregor Gysi, Claudia Roth.

„Moderator Jan Hendrik Becker und die Netzrauschen-Redaktion diskutieren in der heißen Phase des Bundestagswahlkampfs mit Politikern, Bloggern und Kampa-Managern und folgen den Spuren, die die Wahlkämpfer im Netz hinterlassen.“ (Quelle: tagesschau.de).

Auch die Netzrauschen-Redaktion ist im Internet unterwegs, z.B. bei Twitter und Facebook.

Wahl im Web

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Die Wahl im Web schlägt ihr Zelt am Wahlsonntag bereits zum vierten Mal in diesem Jahr auf, womit auch die Sendung den Höhepunkt eines spannenden Wahljahres erreicht. Bereits zur Landtagswahl in Hessen wurde die Wahl im Web gesendet, in der am Wahlabend, parallel zu den bekannten Hauptprogrammen, das Netzgeschehen am Wahlabend betrachtet wird. Zwischen der Landtagswahl in Hessen und der Bundestagwahl kam das TV-Internet-Format noch zur Europawahl und zu den Landtagswahlen in #sst zum Einsatz.

„Was treiben die Politiker zur Bundestagswahl im Netz? Wer ergreift die Online-Initiative und flickert oder twittert, was das Zeug hält? Wie kommen diese Netzaktivitäten bei den Wählern an? Wie diskutiert die Internetgemeinde über die Wahlkampfthemen? Diesen und anderen Fragen widmen sich Moderator Markus Kavka und sein Team am Superwahlabend des 27. September in der interaktiven Sendung „Wahl im Web“ live aus Berlin.“ (Quelle: zdf.de)

Neben einem Chat, in dem bei dieser Sendung Prof. Dr. Harald Schoen, sowie einige Poltiker den Zuschauern Frage und Antwort stehen werden, spielt hier auch Twitter eine besondere Rolle.

Erst fragen, dann wählen

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Mit Erst fragen, dann wählen, einer Art Interviewmarathon, hat ZDF am vergangenen Wochenende absolutes Neuland betreten. In jeweils 90 minütigen Intervallen wurden den Spitzenkandidaten der Parteien Fragen aus dem Internet gestellt. Die Politiker bekamen so die Möglichkeit ihre Positionen einmal in aller Ausführlichkeit darzustellen und den Zuschauern wiederum war es möglich direkt auf die Aussagen der Politiker zu reagieren.

Siehe auch: Zukunft des politischen Fernsehens

Ihre Wahl

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Doch die Verknüpfung von Internet und TV beschränkt sich nicht nur auf die Öffentlich-rechtlichen. Bereits im letzten Jahr hatte der zur ProSiebenSat.1 Media AG gehörende Sender N24 ein Sendung ausgestrahlt, in der die Zuschauer unter dem Titel „Debatte 2.0“ die Möglichkeit hatten Fragen an Politiker zu stellen. Siehe auch: Debatte 2.0.

Nun hat man das Konzept noch ein wenig ausgebaut und ins Programm von Sat.1, inklusive prominenter Moderation, verfrachtet.

„Bei „Ihre Wahl! Die Sat.1-Arena“ nehmen Sabine Christiansen und Stefan Aust Politiker ins Kreuzverhör und diskutieren direkt mit den Wählern über die wichtigsten Themen der Bundestagswahl.“ (Quelle: Sat.1)

Auch hier gilt, man möchte möglichst viel Input der Zuschauer erreichen, wobei mein beispielsweise auch auf Twitter setzt.

Bilder: tagesschau.de, zdf.de, zdf.de, sat1.de

Zukunft des politischen Fernsehens

Eine Woche vor dem Wahltag scheint der TV-Wahlkampf beendet, jedenfalls aus der Sicht von Peter Frey, dem Leiter des ZDF-Hauptstadtstudios. Etwas kurios wirkt es nun, dass ausgerechnet eine ZDF-Produktion im inhaltsleersten Wahlkampf der letzten Jahre ein Experiment wagt, das für beides die Lösung bietet. Mit „Erst fragen, dann wählen“ kommen die Themen zurück und werden in Fernsehen und Internet gesehen, kommentiert und hinterfragt.

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Fast 3000 Fragen hat das ZDF gemeinsam mit seinen Partnern von meinVZ und ZEIT Online eingesammelt und die Spitzenkandidaten aller Parteien eingeladen, diese zu beantworten. Und bis auf die Kanzlerin Angela Merkel nahmen erstaunlicherweise alle Kandidaten die Einladung an. Am Samstag bereits stellten sich Guido Westerwelle und Peter Ramsauer den Fragen, am Sonntag folgten Frank-Walter Steinmeier, Jürgen Trittin und zuletzt Gregor Gysi.

In Zeiten von immer ähnlicher werdenden Formulierungen wirkte es schon etwas bedrohlich, wenn eine weitere Talkshow den Politikern eine Bühne gibt. Wo soll man noch den Unterschied zwischen Unser Land kann mehr“ und „Deutschland kann es besser“ fest stellen? Was bedeutet es für unser Land, Atomkraft als „Brückentechnologie“ zu nutzen oder so schnell wie möglich auf erneuerbare Energien umzustellen?

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Auch auf dem Gebiet der Netzpolitik sind die Äußerungen von Grünen, Linken, Liberalen und Piraten kaum noch zu unterscheieden. Die Parteien streiten mit nahezu identischen Aussagen um die Deutungshoheit über die Begriffe. In jeder Talkshow formulieren Politiker ihre glatt geschliffenen Aussagen und die Wahlprogramme helfen nicht beider Aufklärung.

Wenn es auch etwas überzogen klingt, das ZDF hat mit seinem Format „Erst fragen, dann wählen“ einen Weg aus dem Dilemma aufgezeigt. Die direkte Einmischung von Zuschauern, Wählern im Studio und Chattern auf allen Kanälen zwingt Politiker, ihre Aussagen zu konkretisieren. Die Wählerinnen und Wähler lassen sich eben nicht mehr mit Plattitüden abspeisen, sondern wollen genau wissen, wohin Politik gehen soll. In der heutigen Ausgabe mussten sich sowohl Steinmeier als auch Trittin die Mühe machen, ihre Aussagen zu präzisieren – nachdem das Feedback aus einer Studenten-WG über Liveschaltung und aus dem Netz über twitter es in die Sendung schaffte.

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In einem weiteren Punkt hat das Format Dämme gebrochen, die den Wahlkampf bisher so hektisch und inhaltsleer machten. Statt eines konzentrierten Programms von 45 Minuten mit unzähligen Talkgästen räumt das ZDF jedem Kandidaten fast 90 Minuten Zeit ein. Natürlich entsteht so für den Zuschauer und vor allem für die Moderatoren und Mitarbeiter ein Marathon – doch zum ersten Mal hat man am Ende das Gefühl, eine angemessene Auseinandersetzung mit den Themen erlebt zu haben.

Fast 80% sind in einer spontanten und unrepräsentativen Befragung daher der Meinung, die Sendung sei „einfach nur super“ und gehöre in das ZDF-Hauptprogramm. Der Sendeplatz auf dem ZDF-Infokanal kann auch in Kombination mit Live-Streams auf meinVZ und ZEIT Online nicht darüber hinweg täuschen, dass einem solchen Format viel mehr Aufmerksamkeit gebührt.

Das ZDF hat ein Experiment gewagt, das die Zukunft des politischen Fernsehens sein kann. Besonders beeindruckend ist das in einem so einschläfernden Wahlkampf wie in diesem Jahr.

Bilder: ZDF

Erst fragen, dann wählen

Zusammen mit @Herr_Marx und @fabianpingel wird Malte am Samstag und Sonntag bei „Erst fragen, dann wählen“ zu sehen sein. Bei der Sendung handelt es sich um eine Kooperation von ZDF, MeinVZ und der ZEIT.

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Bereits seit etlichen Wochen hat MeinVZ unter seinen Nutzern Fragen gesammelt, die während eines zweitägigen Interviewmarathons den Spitzenkandidaten der Parteien präsentiert werden sollen.

Eingeladen wurden Angela Merkel (CDU), Frank-Walter Steinmeier (SPD), Guido Westerwelle (FDP), Jürgen Trittin (Grüne), Gregor Gysi (Linkspartei) und Peter Ramsauer (CSU).
Im Verlauf der Sendung werden jedem Politiker 90 Minuten gegeben, um sich den Fragen aus dem Netz zu stellen. Moderiert wird die Sendung von Dunja Hayali und Steffen Seibert.

Für Verwirrung im Netz hatte Angela Merkel gesorgt, die wochenlang keine Rückmeldung auf die Anfrage zur Sendung gegeben hatte, um am Donnerstag dann letztlich abzusagen. Inzwischen waren tausende Fragen aus dem Netz an die Bundeskanzlerin eingegangen. MeinVZ reagierte prompt und fordert nun seine User auf, gegen die Absage zu protestieren und eine Beschwerdeliste zu unterstützen (siehe: politik-digital.de)

Beginnen wird der Interviewmarathon am Samstag um 12:30 Uhr mit Guido Westerwelle und Peter Ramsauer. Ramsauer, wird auf Grund von Verpflichtungen in Bayern nicht nach Berlin komme können, weshalb er live vom Chiemsee geschaltet wird.

Zu sehen sein wird die Sendung Samstag und Sonntag live im ZDFinfokanal und auf zdf.de. Daneben wird es am Sonntagabend im ZDF eine Zusammenfassung aller Interviews geben.

Weitere Informationen:

http://www.twitter.com/wahlimweb

http://www.zdf.de/ZDFde/inhalt/23/0,1872,7621239,00.html

http://www.meinvz.net/wahlshow

http://www.zeit.de/online/2009/38/leseraktion-wahlen

Bild: zdf.de