Ein Präsident für die Welt?

Seit seiner Vereidigung am Dienstag ist Barack Obama der 44. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika. In den kommenden Jahren hat er viele Aufgaben zu bewältigen, bereits vor seiner Vereidigung hat sich gezeigt, dass Obama das Amt in schwierigen Zeiten übernehmen wird. Viele feiern ihn trotzdem als Retter des scheinbar verloren gegangen amerikanischen Traumes. Doch bereits mit seiner Antrittsrede und seinen Handlungen in den ersten Tagen zeigte Obama, dass er in den kommenden Monaten einen straffen Kurs fahren möchte. Er betont, dass er dabei der Präsident aller Amerikaner und auch aller Menschen in der Welt sein möchte. Und auch außerhalb von Amerika wird der neue Präsident frenetisch gefeiert. Doch zeigt sich bereits jetzt, dass Obama nicht nur auf Kuschelkurs mit Europa aus sein wird. Was also bringt die Wahl Obamas für uns?

Schon in seiner Antrittsrede am Dienstag vor dem Capitol in Washington machte Barack Obama deutlich, dass er einen Bruch mit der Politik seines Vorgängers George W. Bush vollziehen will und kündigte einen Neuanfang Amerikas an. Dass dieser Neuanfang auch Veränderungen für die Welt bedeuten wird, zeigt sich bereits jetzt. Obama wird vor allem in der Wirtschafts-, Klima- und Außenpolitik Entscheidungen fällen, die Europa direkt betreffen werden. Barack Obama versprach der Welt ein neues Amerika, das allen zuhören und wieder Führungskraft zeigen werde. Der islamischen Welt sagte er das Bemühen um neue Beziehungen im Geist des beiderseitigen Interesses und des gegenseitigen Respekts zu. Er werde aber auch alles tun, um Amerika vor der terroristischen Bedrohung zu schützen. Doch machte Obama gleichermaßen deutlich, dass er um diese Ziele umsetzen zu können die Welt und Europa auch fordern werde.

Forderung nach einem stärkeren militärischen Engagement der weltweiten Partner

Obama hat angekündigt, die rund 140.000 im Irak stationierten US-Soldaten innerhalb der nächsten 16 Monate weitgehend abzuziehen. Die höchste Priorität hat bis auf weiteres der so genannte „Kampf gegen den Terror“ in Afghanistan. Dort will er die US-Truppen wiederum von derzeit 32.000 auf 62.000 aufstocken.
„Wir werden damit beginnen, den Irak verantwortungsvoll seinen Bürgern zu überlassen und einen schwer erarbeiteten Frieden in Afghanistan zu erwirken“, sagte er bei seiner Antrittsrede am Dienstag in Washington.

In diesem Zusammenhang fordert Barack Obama bereits seit längerem ein größeres Engagement der NATO-Partner am Hindukusch. Auch Deutschland hat er während seines Wahlkampfes im letzten Jahr bereits mehrfach offen dazu aufgerufen, sich in der Krisenregion noch stärker zu beteiligen. Viele sehen in diesen Forderungen bereits die erste Bewährungsprobe für Barack Obamas Überzeugungskraft, da erwartet wird, dass er mit dieser Forderung im April zum NATO-Gipfel nach Baden-Baden anreisen wird. Der Aufenthalt stellt gleichzeitig seinen ersten Deutschland-Besuch als US-Präsident dar und es kann erwartet werden, dass er mit seinen Forderungen hierzulande nicht nur auf offene Ohren stoßen wird

Der Nahostkonflikt als erste direkte Bewährungsprobe

Neben allen weiteren Problemen wird Barack Obama direkt nach seiner Amtseinführung auch mit dem Naheostkonflikt konfrontiert. Im Wahlkampf hatte er versprochen, dass die USA unter seiner Führung mehr Druck auf Israel und die Palästinenser ausüben würden, sich zu einigen. Deshalb war eine seiner ersten Handlungen im nun von ihm benutzten „Oval Office“, wie versprochen der Griff zum Telefonhörer. So sprach er bereits am Mittwochmorgen mit dem israelischen Regierungschef Ehud Olmert, Palästinenserpräsident Mahmud Abbas, Ägyptens Präsident Husni Mubarak und König Abdullah II. von Jordanien.

Schließung des Gefangenenlagers auf Guantanamo

Ebenfalls hatte Barack Obama versprochen das umstrittene US-Gefangenenlager Guantanamo auf Kuba so schnell wie möglich zu schließen. Und tatsächlich war die Aussetzung der Verfahren im Gefangenenlager eine seiner ersten Amtshandlungen als US-Präsident. In diesem Zusammenhang will er Folter und folterähnliche Methoden wie etwa simuliertes Ertrinken („Waterboarding“), die unter der Regierung Bush bei Verhören von Terrorverdächtigen geduldet waren, ausnahmslos verbieten. Was wiederum mit den noch 250 verbliebenen Insassen auf Guantanamo geschieht ist noch nicht klar. Aber Obama hat bereits angekündigt, dass die weltweite Staatengemeinschaft aufgefordert sei, ehemalige Häftlinge aufzunehmen. Auch in Deutschland wird das Thema deshalb bereits seit einiger Zeit diskutiert. Hier erwartet Obama ebenfalls die Unterstützung Deutschlands.

Stärkere Gemeinsamkeiten beim Klimaschutz

Größere Gemeinsamkeiten weist die deutsch-amerikanische Beziehung vor allem beim Thema Klimaschutz auf. Barack Obama will die Ablehnerrolle der USA bei der Umsetzung des Kyotoprotokolls beenden und strebt eine Führungsrolle bei den Verhandlungen über ein Nachfolgeabkommen an. Sein Ziel ist es dabei den Ausstoß von Treibhausgasen in den USA bis 2020 auf das Niveau von 1990 zu senken. Des Weiteren wünscht er sich eine Übernahme des europäischen Emissionshandelsmodells. In den nächsten zehn Jahren hat Barack Obama vor, mit Investitionen von 150 Milliarden Dollar einen ökologischen Umbau der US-amerikanischen Wirtschaft voranzutreiben. So betonte er in seiner Antrittsrede am Dienstag: „Wir werden die Sonne, den Wind und die Erde nutzen, um unsere Autos zu betanken und unsere Fabriken zu betreiben“.

Im Bereich der Umwelt- und Klimapolitik kann deshalb ebenfalls einer der zentralen Paradigmenwechsel der US-Politik durch die Amtseinführung Obamas gesehen werden. In diesem Gebiet sind derzeit auch die größten Harmonien zwischen den Europa und den USA zu erwarten.

Wirtschaftliche Veränderungen

Besonders den Kampf gegen die Wirtschaftskrise hat sich Obama auf die Fahnen geschrieben, da daran maßgeblich über den Erfolg seiner Arbeit entschieden wird. Aus diesem Grund will er bereits in den ersten Wochen seiner Amtszeit mit einem staatlichen Konjunkturpaket von 825 Milliarden Dollar gegensteuern. Des Weiteren möchte Barack Obama angeblich beim nächsten G20-Treffen im April in London Pläne für eine neue Finanzaufsicht präsentieren. In diesem Zusammenhang soll geregelt werden, dass Banken, die Staatshilfen bekommen haben, von der Notenbank strenger überwacht werden. Ebenso hat Obama bereits im Wahlkampf deutlich gemacht, dass er nicht gegen Freihandelsverträge ist, aber durch Mindestbedingungen den Schutz für die Arbeiter erhöhen möchte.

Auch Einschnitte in seiner eigenen Administration

Doch um Kritiker zu besänftigen hat Obama nicht nur Forderungen nach außen gestellt, sondern auch starke Einschnitte nach innen angekündigt. So machte er bereits zwei Tage nach seiner Amtseinführung deutlich, dass es eine seiner Hauptaufgaben in Washington werde, den Lobbyismus effektiv zu bekämpfen. Die Politik solle wieder zurück aus den Hinterzimmern in die öffentlichen Arenen.
Des Weiteren verfügte Obama, dass Gehälter von Mitarbeitern des Weißen Hauses über 100.000 Dollar eingefroren werden. „Amerikanische Familien müssen den Gürtel enger schnallen, also muss Washington das auch“, sagte er.

Gespanntes Warten auf den Wandel

Insgesamt zeigt sich also, dass die ganze Welt gespannt darauf ist, ob Barack Obama die ihm zugeschriebene Rolle des „Brückenbauers“ erfüllen kann. Bereits in den ersten Tagen seiner Amtszeit hat er gezeigt, dass er einen Neuanfang wagen und mit der Politik seines Vorgängers brechen möchte. Dies wird in Europa positiv aufgenommen. Lange vergeblich mit den USA diskutierte Politikinhalte wie die Klima- und Umweltpolitik scheinen plötzlich verhandelbar. Und auch das weltweit kritisierte Gefangenenlager Guantanamo-Bay wird Obama sehr zu Freude des Großteils der Weltengemeinschaft schließen.
Doch trotzdem hat Obama schon im Wahlkampf keinen Hehl daraus gemacht, dass er auch – gerade in Fragen der Außenpolitik – Forderungen stellen wird. So ist es nur noch eine Frage der Zeit bis er nun offiziell als Präsident der Vereinigten Staaten an die Tür der deutschen Bundesregierung klopfen und ein größeres Engagement in Afghanistan fordern wird. Es ist zu erwarten, dass dies den ersten Dämpfer der Obama-Euphorie in Deutschland bedeuten wird. Abzuwarten bleibt aber wie weit die Forderungen Barack Obamas an die Staatengemeinschaft in anderen Bereichen aussehen werden. Wird er einen harten Kurs fahren oder erst einmal darauf aus sein, ehemalige Risse in den Verbindungen zwischen den Partnern zu glätten? So oder so steht seine Politik unter dem Zeichen des Wandels.

Dieser Artikel erschien zuerst bei idea.de

Foto: Flickr 12thStDavid

www.change.gov

Kaum 48 Stunden nach seiner Wahl hat Barack Obamas sein Versprechen an seine Wahlkampfhelferinnen und -helfer umgesetzt. Denn die im Rahmen seines Wahlkampfes entstandenen Onlineangebote sollten sich nach der Wahl nicht einfach in Luft auflösen. Deshalb wurde bereits gestern morgen die Website www.change.gov angekündigt. Nach anfänglichen Server- und Scriptfehlern ist die Seite nun online und bietet den Usern einen problemlosen Umstieg von barackobama.com zur nun offiziellen Homepage des „President-Elect“. Doch auf Grund des riesigen Ansturms ist die Website derzeit noch durchgehend chronisch überlastet.

Dort lässt sich u.a. auch die „victory speech“ Obamas in voller länge als Video ansehen.
Und beim anschauen dieser Rede muss man Obama eines anerkennend zugestehen: Er hat es immer wieder geschafft mit Worten die verschiedensten Menschen zu mobilisieren. So sprach er bei seiner Rede in Deutschland im Sommer 2008 davon, dass er sich als „Weltbürger“ sehe und auch so handeln möchte und hob sich damit weit von der Politik Bushs ab.
In seiner Siegesrede am Dienstag dann schaffte er es in wenigen Sätzen das zu bündeln, was für viele Amerikanerinnen und Amerikaner ihren schon fast vergessenen Lebenstraum ausmacht:

„If there is anyone out there who still doubts that America is a place where all things are possible; who still wonders if the dream of our founders is alive in our time; who still questions the power of our democracy, tonight is your answer.

It’s the answer told by lines that stretched around schools and churches in numbers this nation has never seen; by people who waited three hours and four hours, many for the very first time in their lives, because they believed that this time must be different; that their voice could be that difference.

It’s the answer spoken by young and old, rich and poor, Democrat and Republican, black, white, Latino, Asian, Native American, gay, straight, disabled and not disabled – Americans who sent a message to the world that we have never been a collection of Red States and Blue States: we are, and always will be, the United States of America.“


Der viel zitierte Wandel

Unter dem Motto „Change“ stand Barack Obamas Wahlkampf, der ihn zum amerikanischen Präsidenten machte. Beinahe ebenso oft wie der „Wandel“ wurde die „Hoffnung“ beschworen. Und auch in den Wahlkommentaren und Leitartikeln der deutschen Zeitungen zeigt sich ein schon fast unheimlicher Optimismus.

Manche Autoren überschlagen sich geradezu mit Belobigungen für den bisherigen Senator aus Chicago. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung redet von einer „Selbstverständlichkeit und in einer Schwerelosigkeit, wie es in unserer prosaischen Zeit nur schwer in Worte zu fassen ist.“ Amerika sehe nach dieser Wahl anders aus, was allein Obama zuzuschreiben sei. Das Handelsblatt zollt den Wählern Respekt, die trotz aller Unsicherheiten auf einen Mann des Wandels vertrauten. Das Land entscheide sich damit für einen Neuanfang. Rücke man den noch bis vor wenigen Jahrzenten offenkundigen Rassismus ins Blickfeld, könne man diese Wahl gar nicht überschätzen. Die USA hätten sich als modern und erwachsen erwiesen.

Bei aller Hoffnung verschweigen aber auch die deutschen Autoren nicht die Herausforderungen, vor denen Obama nach seiner Amtseinführung 2009 stehen wird. Der Spiegel schreibt: „Wenn die amerikanischen Wähler aufwachen, werden an ihrem Bett allerdings die alten Probleme stehen: Der nicht enden wollende Irak-Krieg, die sich ausweitende Finanzkrise, die parteipolitische und kulturelle Spaltung Amerikas.“ George Bush ziehe zwar um, die Probleme jedoch blieben zurück. Barack Obama habe nun nicht viel Zeit, um sich vom Wahlkämpfer zum Regierungschef zu verwandeln. Die Frankfurter Rundschau bezeichnet die Erwartungen, die auf Obama lasten, als fast übermenschlich.

Gerade in der Außenpolitik wird sich Obama beweisen müssen. Der Spiegel zieht das knappe Fazit: „Der Alleingang der westlichen Supermacht dürfte fürs Erste beendet sein.“ Für den Tagesspiegel ist die neue amerikanische Außenpolitik auch die Herausforderung an die anderen Regierungen der Welt. Es dürfe schwer werden, gegen einen auch im Ausland so populären US-Präsidenten Politik zu machen. Das Handelsblatt sieht darin eine Chance für Obama. Mit der ihm entgegenschlagenden Sympathie könne Obama bei weisem Umgang viel erreichen.

Konträr zu allen anderen Kommentaren fragt in der ZEIT die Schriftstellerin Tanja Dückers sich, ob im Vergleich zum neuen, strahlenden Amerika das europäische Selbstbild in Gefahr ist. Wenn Obama Guantanamo Bay schließe, würde dann auch in der europäischen Politik Schwächen deutlich werden? Könne denn in Deutschland niemals ein Türke oder Roma mit deutscher Staatsbürgerschaft Kanzler werden?

Bildquelle: ZEIT

Galbraith, Obama und der New New Deal

John Kenneth Galbraith gilt als einer der bedeutendsten Ökonomen des vergangenen Jahrhunderts. Im Laufe seiner Karriere war er Berater zahlreicher amerikanischer Präsidenten – John F. Kennedy hörte ebenso auf seine Meinung wie der letzte demokratische Amtsinhaber, Bill Clinton – und beriet den wirtschaftlichen Aufbau Indiens als amerikanischer Botschafter.

Zentrum von Galbraiths Arbeit ist seine deutliche Kapitalismuskritik. Nach seiner Überzeugung produziert die Marktwirtschaft nicht nur privaten Reichtum, sondern auch zwangsläufig öffentliche Armut. Er prägte den Begriff der Überflussgesellschaft, mit dem er den Überfluss an privaten Gütern kritisiert, der für ihn ein Grund für mangelhafte öffentliche Infrastruktur- und Dienstleistungsvorsorge ist. Der Leiter der Wirtschaftsredaktion der Zeit, Uwe Jean Heuser, in einem Nachruf auf Galbraith:

Ende der fünfziger Jahre verfasste er Gesellschaft im Überfluss, seinen größten Erfolg. Galbraith warf den Vereinigten Staaten vor, sich gedankenlos der Spirale von immer mehr Konsum und immer mehr Umweltverpestung anheim zu geben. Die mächtigen Konzerne, die mit ihren Werbemilliarden neue Wünsche kreierten, waren ihm ein Dorn im Auge. Keiner könne sie mehr kontrollieren, schrieb er schon Jahrzehnte bevor die Kritik an den Multis modern wurde.

Galbraith fordert eine Beschränkung der totalen Marktherrschaft, einen umfassenden und leistungsstarken Sozialstaat. Die soziale Sicherheit eines Jeden solle von der Frage der Beschäftigung in der Produktion unabhängig sein.

Zahlreiche Kollegen, vor allem der Nobelpreisträger und Ökonom Paul A. Samuelson vom ‚Massachusetts Institue of Technology‘, warfen Galbraith zeitlebens vor, er sei mehr eine Medienpersönlichkeit als ein Ökonom:

Galbraith sei gar kein richtiger Ökonom, hat Paul Samuelson einmal der ZEIT gesagt, und Samuelson ist immerhin der Vater der modernen Wirtschaftstheorie. Er meinte damit, dass sich der Kollege früh von Modellen verabschiedete und ein politökonomischer Kommentator wurde. Galbraith war Professor in Harvard, ja, der Linksaußen seiner Fakultät, aber seine Impulse gab er von außen. In Bestsellern, im Fernsehen, auf Konferenzen.

Diese Tätigkeit als politökonomischer Kommentator nicht ernst genommen zu haben, das wiederum kann wohl niemand John Kenneth Galbraith vorwerfen. Noch 2004 mischte er sich fünfundneunzigjährig ein und veröffentlichte „The Economics of Innocent Fraud: Truth for Our Time“. Ein Essay, in dem sich Galbraith den Frust über neoliberale Politik der vergangenen 30 Jahre von der Seele schreibt.

Egal, womit er sich gerade befasste, Galbraith legte sich immer an. Herrschende Gedanken, die nicht mehr hinterfragt werden, forderten ihn zum Widerspruch heraus.

Weltwirtschaftskrise 1929

Die „Great Depression“ spielte eine wichtige Rolle in Galbraiths Leben, seine Begeisterung für Roosevelts Reaktion, den New Deal, behinderten gar seine Karriere. Dennoch war er sogar bereit, in der Roosevelt-Regierung Verantwortung zu übernehmen.

Eine geplatzte Spekulationsblase war es, die die Weltwirtschaftskrise auslöste. Zu hohe Aktienbewertungen, die sich nach leichtem Rückgang des Wirtschaftswachstums der USA plötzlich entluden und die frisch globalisierte Wirtschaft vieler Länder in den Ruin stürzte. Die Schuld war schnell der Globalisierung zugeschoben und so wurden internationale Anlagen zurück gezogen und die eigene Wirtschaft mit protektionistischen Maßnahmen abgeschottet.

Die Wirtschaftskrise traf Amerika hart. Ein Viertel aller Amerikaner war arbeitslos und die Löhne fielen um mehr als 50%. Der unkontrollierte Kapitalismus wurde als verantwortlich für diese Misere gesehen und das Misstrauen der Bevölkerung gegen Börsenspekulanten und Großkonzerne war groß. Der damals amtierende Präsident Herbert Hoover war wie sein Vorgänger Calvin Coolidge ein Anhänger der klassischen Wirtschaftstheorie gewesen und vertrat ein „Laissez-faire“ Prinzip der Selbstregulierung des Marktes. Viele Amerikaner aber empfanden Hoover zu schwach, forderten eine soziale Wende und so wurde 1932 Franklin Delano Roosevelt zu seinem Nachfolger gewählt.

Roosevelt verteilt die Karten neu

Der neu gewählte demokratische Präsident Roosevelt ging mit einem Paket von gebündelten Maßnahmen gegen die Massenarmut und die schwache Binnenkonjunktur vor. „New Deal“ bedeutet beim Kartenspiel eine Neuausgabe der Karten. Genau das versprach Roosevelt seinen Wählern, eine Beteiligung am Wohlstand.

Dazu ergriff er zahlreiche Maßnahmen, die vielfach von Keynes inspiriert waren – auch wenn ihnen keine ausgearbeitete Theorie zu Grunde lag. Die Einführung eines Sozialversicherungssystems, progressive Besteuerung und massive Arbeitszeitverkürzung gehörten ebenso dazu wie Eingriffe in das Lohn- und Preisgefüge und die Produktionskapazitäten. Nach wenigen Jahren erkannte die Regierung, dass der Weltmarkt für die Schaffung einer ausreichenden Nachfrage nötig war und bemühte sich, den Handel wieder zu liberalisieren.

Subprimekrise 2007/2008

Die Finanzkrise 2007/2008 erinnert fatal an die Weltwirtschaftskrise von 1929. Erneut eine Krise, die die Weltwirtschaft erschüttert. Erneut entstanden durch eine Spekulationsblase, diesmal bei den so genannten Subprime-Krediten. Dabei handelt es sich technisch gesehen um hochriskante Kredite, die in Amerika seit einigen Jahren in unverhältnismäßiger Zahl vergeben wurden. Diese Risiken wurden zu großen Zertifikaten gebündelt, was eine effektive Risikobewertung unmöglich machte. Dennoch wurde mit diesen Krediten weltweit Handel betrieben. Als nun jedoch die Kreditzinsen stiegen und die Schuldner ihre Kredite nicht mehr bedienen konnten, platzten weltweit die weit zu positiv bewerteten Anleihen.

Ulrich Schäfer, der Leiter der Wirtschaftsredaktion der Süddeutschen Zeitung zitiert dazu Galbraith:

Wer wissen will, wie schlimm die Finanzkrise werden kann, sollte bei John Kenneth Galbraith nachschlagen. Der amerikanische Ökonom hat vor fünf Jahrzehnten ein Buch geschrieben mit dem Titel „Der große Crash“. Auf 205 Seiten zeichnet Galbraith nach, wie die USA – und mit ihnen der Rest der Welt – 1929 in die Weltwirtschaftskrise taumelten.

Er erzählt eine Geschichte der Gier, des Überschwangs und der Überheblichkeit. Niemand sah die Gefahren, niemand sorgte sich, dass das ganze Finanzgebilde zusammenbrechen könnte. Alle glaubten, dass das amerikanische Wirtschaftsmodell nahezu perfekt ist.

So verhielt es sich auch bis zum 14. September 2008, als das Beben an der Wall Street begann.

Renaissance des New Deal?

Nicht nur das Phänomen der Krise scheint sich zu wiederholen, auch die Reaktionen deuten in eine ähnliche Richtung. Weltweit scheinen die Tage der deregulierenden Finanzpolitik dem Ende entgegen zu gehen.

Angenommen, Sie haben sich ein paar Wochen Urlaub auf einer einsamen Insel gegönnt, ohne Fernsehen, Internet und Zeitung. Nach ihrer Rückkehr erfahren Sie, was während Ihrer Auszeit so alles passiert ist: Die Wall Street ist beinahe zusammengebrochen. In den USA und in Europa werden im Schnellverfahren Banken verstaatlicht. China, zweitgrößter Gläubiger der USA, redet der Bush-Administration offen in die Finanzpolitik hinein, Venezuelas Staatschef Hugo Chávez nennt den amerikanischen Präsidenten jetzt »Genosse George«. Peer Steinbrück erklärt Steueroasen den Krieg, die Bankenmanager dieser Welt gehören seit Kurzem zur Achse des Bösen, und europäische Regierungen wollen mit einem neuen Bretton Woods den Finanzkapitalismus zähmen.

Wie schon 1932 wird mit Barack Obama wohl ein Demokrat einen Republikaner George W. Bush im Präsidentenamt beerben – und bereits jetzt ist wieder die Rede von einem „New New Deal“:

Im Wahlkampf gibt Obama den Verteidiger von Main Street gegen Wall Street, also der einfachen Bürger gegen die Bosse. Wie einst Franklin D. Roosevelt in der Depression der 30er Jahre wirbt er in der Krise mit einem „New Deal“, der die Balance zwischen Wirtschaft und Arbeitnehmern neu tariert. Millionen Jobs sollen durch alternative Energien entstehen.