Erschreckendes Twitter-Debüt

Kajo Wasserhövel ist Bundesgeschäftsführer und oberster Wahlkämpfer der krisengeschüttelten SPD und als solcher auch für den Internetwahlkampf zuständig. Die zuletzt neu gestaltete Präsenz der Sozialdemokratischen Partei im Netz hat positive Erwartungen geweckt. Um so schockierender, wie Wasserhövel heute in die Twitter-Welt eintrat.

kajogrossDabei ist zuerst der Zeitpunkt verwunderlich. In Wahlkampf-Maßstäben ist es nur noch eine Hand voll Zeit bis zur Bundestagswahl, als Kajo Wasserhövel heute seinen Account bei Twitter eröffnet. Als Leiter des Wahlkampfs sollte Wasserhövel die vielleicht am schnellsten an Bedeutung gewinnenden Plattform im Web eigentlich schon länger kennen. Dass er Twitter tatsächlich nicht kennt, zeigt sein erster Tweet:

schaue mir Twitter an und versuche es richtig zu verstehe :-)

Immerhin positiv anzumerken ist ja, dass er sich gar nicht einbildet, Twitter schon wirklich zu verstehen, wie viele andere es tun. Dennoch sollte er in seiner Position gar nicht genötigt sein, ehrlich seinen Informationsmangel zugeben zu müssen – er müsste Twitter schlicht aus dem Effeff kennen.

Ich bin mir nicht sicher, wie groß die Rolle von Twitter in einem Online-Wahlkampf der SPD auszusehen hat. Bestimmt wird Twitter nicht Hauptbestandteil der Kampagne. Eine lohnenende Ergänzung könnte es aber allemal darstellen, die kostenlose Reichweite wäre neben der obligatorischen Zweitverwertung durch die Medien erstrebenswert. Skizziert man nur mal eine mögliche Verwendung, zeigen sich schnell die Versäumnisse der SPD:

Frank-Walter Steinmeier wurde im Oktober zum Spitzenkandidaten der Sozialdemokraten gekürt, etwa ein Jahr vor der Bundestagswahl. Sein Amt als Außenminister gehört zu den interessantesten und aufregendsten Berufen, die es in Deutschland gibt. Warum also nicht während seiner Arbeit twittern? Dass Steinmeier ein iPhone hat, ist der Netzgemeinde schon bekannt, technische Hindernisse wären so leicht auszuräumen. Der SPD-Kandidat hätte also ein ganzes Jahr Zeit gehabt, um sich und seine Arbeit und seine Person in kurzen Nachrichten einer interessierten Lesergemeinde zu vermitteln. Und das quasi kostenlos, mit dem iPhone aus dem Flugzeug oder vom Rücksitz der Limousine twitternd.

Verschenkte Aufmerksamkeit, nicht zuletzt durch Unwissen über die Möglichkeiten und Chancen der Plattform.