Falschparkerposse im Landtag

Von einer schon amüsant anmutenden Geschichte berichtete gestern der WDR-Journalist Paul Elmar Jöris im WDR-Landtagsblog.

Am letzten Plenartag sei in der Tiefgarage des Landtages eine gepanzerte BMW-Limousine auf genau dem Parkplatz entdeckt worden, der Oppositionsführerin Hanelor Kraft zugewiesen sei. Hanelore Kraft hatte jedoch immer wieder betont, aus Solidarität mit den Opel Mitarbeitern, seit einiger Zeit einen Opel Insignia zu fahren. Entdeckt hatten das Auto, laut Jöris, ausgerechnet CDU-Mitarbeiter.

Die Drähte zu interessierten Journalisten funktionierten. Und so kam es, dass die SPD-Fraktion plötzlich mit der Frage konfrontiert wurde, ob Hannelore Kraft entgegen ihrer Behauptung, aus Solidarität einen Opel zu nutze, in Wirklichkeit einen BMW fahre. Die Genossen waren überrascht. Recherchen brachten dann die Wahrheit ans Licht: Die Solidarität mit Opel ist ungebrochen, es war der Wagen des Ministerpräsidenten, der bei der Opposition abgestellt worden war. Zufall oder ein Wink des Schicksals.(Quelle: WDR-Landtagsblog)

Wie es zu dieser Situation kommen konnte, klärt die Rheinische Post auf:

„Derzeit werden im Parkhaus des Landtags Sanierungsarbeiten durchgeführt. Statt der zwei Tiefgeschosse, die normalerweise zur Verfügung stehen, müssen sich Abgeordnete, Fraktionsmitarbeiter und Besucher derzeit eine Ebene teilen. Die Folge: Parkraum ist Mangelware. Da muss man notgedrungen zu unkonventionellen Mitteln greifen, um ein Plätzchen zu ergattern.“

Bildnachweis: flickr.com/twicepix

In eigener Sache: Düsseldorfer Forum Politische Kommunikation

Bereits im Dezember hatten wir das DFPK (Düsseldorfer Forum Politische Kommunikation) angekündigt. Morgen nun beginnt die von Studierenden des Masterstudiengangs Politische Kommunikation der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (zu denen ich auch gehöre) organisierte Fachtagung.

Den Auftakt macht eine Podiumsdiskussion zum Thema „Politikvermittlung“ mit einem gar nicht mal unspannend besetzten Podium:

Prof. Dr. Frank Marcinkowski, geschäftsführender Direktor Institut für Kommunikationswissenschaft, Westfälische Wilhelms-Universität Münster
Dr. Thomas Rau
, Redenschreiber- und berater, Berlin
Axel Weber
, Public Affairs Manager bei Ketchum Pleon, Düsseldorf
Daniela Schneckenburger
, Landesvorsitzende Bündnis 90/Die Grünen in Nordrhein-Westfalen
Jochen Trum
, stellv. Leiter Redaktion Landespolitik, WDR Fernsehen
Matthias Kopp (Moderation), Pressesprecher der Deutschen Bischofskonferenz und Leiter der Pressestelle

Die Veranstaltung wird ab 19:30 Uhr bei Zaplive gestreamt. Spontananmeldungen für die Podiumsdiskussion sind unter http://dfpk.de/2010/anmeldung/ jedoch auch noch möglich.

Doch auch nach der Podiumsdiskussion geht es interessant weiter. NachwuchswissenschaftlerInnen stellen in den anschließenden zwei Tagen, in 7 Themenblöcke aufgeteilt, ihre Arbeiten vor. Ich werde übrigens Themenblock IV (Politische Kommunikation online – Instrumente und Auswirkungen auf Medienagenda und politische Partizipation) moderieren.

Von den zwei Tagungstagen wird es zwar keinen Livestream mehr geben, dafür werden regelmäßig Updates bei Twitter, Flickr und YouTube zu finden sein, die alle unter http://dfpk.posterous.com/ gebündelt werden.

„Ich habe eine Seite bei Facebook“

Im Januar verkündete die Koaltion aus Union und FDP, die Einsetzung einer Enquete-Kommission zum Thema „Internet und digitale Gesellschaft“ (Der genaue Antragstext ist bei Carta zu finden). Nachdem es in den vergangenen Wochen ruhiger um die Kommission geworden ist, hat Politik-Digital nun die Besetzung der Enquete-Kommission veröffentlicht.

Leiten wird die Kommission der CDU-Politiker Axel Fischer. In Erscheinung getreten ist Fischer in den letzten Jahren insbesondere im Bereich der Arbeitsmarktpolitik.
In der Enquete-Kommision wird er von fünf Parteikollegen unterstützt (Quelle: Politik-Digital).

„Die CDU/CSU-Fraktion entsendet weiterhin die Abgeordeten Thomas Jarzombek, Dr. Peter Tauber, Ansgar Heveling, Dr. Reinhard Brandl sowie Jens Koeppen als Obmann.“

Auch die anderen, im Bundestag vertretenen Parteien haben Abgeordnete ausgewählt, die sie entsenden werden:

„Die Fraktion der FDP wird mit Manuel Höferlin, Sebastian Blumenthal und Jimmy Schulz in der Kommission vertreten sein. Als Stellvertreter fungieren Stephan Thomae, Florian Bernschneider und Sylvia Canel.“

„Für die SPD werden Martin Dörmann, der auch im Unterausschuss für neue Medien sitzt, Johannes Kahrs, Lars Klingbeil und Aydan Özoguz an der Enquete-Kommission teilnehmen.“

„Bündnis 90/Die Grünen werden vertreten von Konstantin von Notz und Tabea Rößner.“

„Die Fraktion der Linken wird von Herbert Behrens und Halina Wawzyniak vertreten.“

Alle genannten Politiker können als mehr oder weniger netzaffin angesehen werden. Profile auf Kommunikationsplattformen wie Facebook, Twitter, MeinVZ, YouTube oder Wer-kenn-wen gehören zu dem Standardrepertoire der ausgewählten Politiker.

Trotzdem sieht sich der Leiter der Enquete-Kommision selbst nicht als Netzjunkie:

Wie nutzen Sie selbst das Internet? Würden Sie sich als Netzjunkie bezeichnen?
„Eher nicht. Ich nutze das Netz, um zu kommunizieren und mich zu informieren. Ich habe eine Seite bei Facebook. Aber ich habe nicht die Zeit, mich stundenlang im Internet aufzuhalten.“ (Quelle: Stuttgarter Zeitung)

Auch auf Grund dieser Aussage wird momentan viel an den Webauftritten der Kommissionsmitglieder kritisiert. Über Geschmack lässt sich bekanntlich streiten, weshalb wir nicht in diesen Reigen einsteigen wollen. Trotzdem fallen auf einigen Seiten handwerklich ungeschickte oder sogar bedenkliche Schnitzer auf.

Ein solcher Fall ist die Website des Kommissionsleiters Axel Fischer. Unter http://www.fischer-mdb.de/ ist eine Website zu finden, die schlicht und einfach schon ein paar Jährchen auf dem Buckel hat.

Ein Blick in den Quelltext der Website lässt interessantes erscheinen. Dass die Website nicht nur alt aussieht, sondern auch alt ist, zeigt beispielsweise, dass sie mit Frontpage 5.0 erstellt wurde. Einem Programm welches 2001 in Microsoft Office Professional enthalten und inzwischen doch leicht in die Jahr gekommen ist.

<meta name=“GENERATOR“ content=“Microsoft FrontPage 5.0″>

Und auch die Nutzung von Frames entspricht nicht mehr gerade den aktuellsten Standards. Aber ok,  auch hierüber lässt sich streiten.

Anders sieht die Sache aus, wenn man sich Fischers Wahlkampfwebsite http://www.ja-zu-fischer.de/ ansieht. Beim öffnen des Quelltext bleibt man bereits bei den Keywords hängen. Es handelt sich dabei um sogenannte Metadaten, die für den Besucher einer Website nicht direkt sichtbar sind und dazu dienen den Suchmaschinen einen Anhaltspunkt für die Einsortierung der Website zu geben.

Und so tauchen bei Axel Fischer neben vermuteten Begriffen wie „Fischer“, „CDU“, „Politiker“, „Union“ auch plötzlich Begriffe wie „superfischer“, „Fussball“, „Eigenheim“ und „Sex“ auf. Lange Zeit haben Programmierer versucht Suchmaschinen, wie Google, durch den „Sex-Trick“ zu überlisten und mit diesem Keyword einen weiter vorne platzierten Eintrag zu erhalten.

[Vielen Dank an @f_dt für den Hinweis!]

Screenshot: Facebook-Fanseite von Axel Fischer

Jürgen Rüttgers und die Sponsoringdebatte

Die Empörung war riesig, als der Spiegel am Wochenende einen Artikel veröffentlichte, nach der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Jürgen Rüttgers Gesprächsminuten mit Unternehmen verkauft haben soll.

„Für 20.000 Euro können Kunden demnach ein sogenanntes Partnerpaket für den Parteitag kaufen, das neben einem rund 15 Quadratmeter großen Stand auch „Einzelgespräche mit dem Ministerpräsidenten und den Minister/innen“ verspricht. Für 14.000 Euro bietet die Partei eine Ausstellungsfläche von zehn bis 15 Quadratmetern an. Eine vertrauliche Unterredung ist für diesen Betrag allerdings nicht mehr drin, sondern nur noch ein „Fototermin und Rundgang mit dem Ministerpräsidenten und den Minister/innen“.“

In der Saarbrücker Zeitung bezeichnete selbst sein Parteifreund und Bundestagspräsident Norbert Lammert das Sponsorenschreiben als „politisch selten dämlich.“

Bereits einen Tag später entschuldigte Jürgen Rüttgers für das Parteitagssponsoring (auch hier berichtete der Spiegel). Doch damit war der Fall noch nicht beendet, sondern erreichte erst am Montagmorgen mit dem Rücktritt des CDU-NRW Generalsekretär Hendrik Wüst seinen Höhepunkt.

Wie zu erwarten wird dessen Rücktritt im Internet sehr unterschiedlich aufgenommen.

Vor allem die Internetangebote der klassischen Tageszeitungen überschlagen sich einmal mehr vor Überschriftenkreativität: „Das Ende des jungen W.„, „Rent a Rüttgers!“ und „Wüst in der Wüste„.

Die ZEIT berichtet derweil vom „Absturz einer Nachwuchshoffnung„.

Besonders in den gerade angelaufenen Wahlkampfblogs der politischen Gegner wurde der Fall genüßlich zerissen. So macht die SPD darauf aufmerksam, dass der WDR, in Zusammenhang mit Rüttgers, bereits 2004 über einen ähnlichen Fall berichtet hat:

„Es ist nicht das erste Mal, dass über die CDU in NRW und CDU-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers in Zusammenhang mit fragwürdigen Praktiken im Sponsoring berichtet wird. Bereits 2004 (!!!) berichteten das WDR-Fernsehpolitikmagazin „Westpol“ über “Händeschütteln und Smalltalk mit Jürgen Rüttgers“ und das WDR5-Radiomagazin Westblick über „Eine neue Hintertür bei der Parteienfinanzierung“.“

Die Grünen sprechen derweil – in Anspielung auf frühere mehr oder weniger große Skandale, in die Wüst verwickelt war – von der „Chronik der VerWÜSTung„.

„Die rechte Hand von Jürgen Rüttgers hat in den letzten Monaten einiges verbockt. Die Liste seiner Verfehlungen ist beachtlich lang (und bestimmt nicht vollständig): Es begann mit der Videoüberwachung von Wahlkampfveranstaltungen der Opposition, dann wurde seine Krankenversicherungsaffäre im letzten Dezember bekannt und jetzt noch der Verkauf von Audienzen beim NRW-Ministerpräsidenten auf dem CDU Parteitag in Münster. Zusätzlich leistete sich Wüst (im nicht politischen Leben ist er Jurist) sich auch noch Rechtstreitigkeiten durch unzulässigen Entlassungen in der CDU-Zentrale. Sein heutiger Rücktritt war längst überfällig!“

Auch der WDR berichtet auf seiner Website über die „Pannen-Serie des Hendrik Wüst„. Jedoch berichtet der WDR auf seiner Website auch darüber, dass es schon längst keine Ausnahme mehr darstelle, wenn Firmen kostenintensive Standplätze auf Parteitagen mieten („Wie Unternehmen Parteitage (mit-)finanzieren„).

„Etwa ein Zehntel der Kosten eines Parteitages werde durch die Werbestände finanziert, schätzt Ralph Sterck, Hauptgeschäftsführer der NRW-FDP. Je nach Länge und Tagungsort würde ein Parteitreffen 50.000 bis 150.000 Euro kosten. Dirk Borhart, Pressesprecher der NRW-SPD, schätzt die Kosten für eine Zusammenkunft seiner Partei auf 200.000 bis 300.000 Euro. Die Grünen hat ihr zurückliegender Parteitag 60.000 Euro gekostet.“

Und auch bei Grünen und SPD ist kaum ein Parteitag zu finden, auf dem man nicht bereits im Eingangsbereich von zahlreichen Firmenständen empfangen wird. Über Sponsoren auf Parteitagen der Grünen wurde etwa schon an anderer Stelle gebloggt.

Auch das Handelsblatt berichet auf seiner Website (mit einer interessanten Überschrift) von der üblichen Praxis, Parteitage durch Firmensponsoren mitzufinanzieren: „Klamme Parteien nerven die Wirtschaft„.

„Ob Wahlkampf, Parteitag oder Direktspende: Die Unternehmen können sich kaum noch retten vor den Bettelbriefen der Politik. Wenige nutzen das, viele fühlen sich erpresst. Für die Parteien aber ist es der neue Königsweg der Eigenfinanzierung.“

Ein wenig Ordnung in die Diskussion bringt Andrea Roemmele vom Politik nach Zahlen-Blog der ZEIT:

„Halten wir also fest: Verwerflich ist nicht die Spende. Verwerflich ist die Gegenleistung, die von der CDU in NRW angeboten wurde, nämlich der Gesprächstermin in kleiner Runde. Diese Praxis hebelt demokratische Gleichheitsgrundsätze aus – auch in diesem Blog wurde bereits darauf hingewiesen, dass Spenden von juristischen Personen einen Beigeschmack haben. Gepaart mit der Möglichkeit, in einem Gespräch direkten oder indirekten Einfluss auf Regierungshandeln nehmen zu können, ist dieses System hochgradig bedenklich.“

An anderer Stelle wird wir der Vorgang weitergehend sogar als Verstoß gegen das Parteienrecht gesehen.

Wie in der Blogosphäre meldeten sich auch bei Twitter vor allem Politiker von SPD und Grünen zu Wort.

Steffi Lemke (Bundesgeschäftsführerin der Grünen):

„Zehn Wochen vor einer Wahl den Wahlkampfleiter raus schmeißen zu müssen zeugt von inneren Zerfallserscheinungen. #NRW#CDU“

UlrichKelber (MdB aus Bonn):

„Rüttgers hat Wüst vermutlich gar nicht entlassen, sondern ihn verkauft :-)“

Die CDU meldete sich derweil nur mit einem einzigen und überaus kurzen – dafür für die SPD umso schmerzhafteren – Beitrag in ihrem Wahlkampfblog zu Wort.

„Artikel aus der Bildzeitung zum Thema “Auch die SPD bot Politiker-Treffen an”.“

Bildquelle: Screenshot Spiegel ONLINE.