Weihnachtswortbruch ?

In der Nacht zum Sonntag hat die sechs Wochen Frist begonnen, ab der Parteiplakate für die kommende Landtagswahl geklebt werden dürfen.
Zumindestens unter der Hand hatten sich die hessischen Parteien eigentlich darauf verständigt, dass es keinen Plakatwahlkampf vor Weihnachten geben wird. Vor allem auch aus Kostengründen, da die Kassen der Parteien auf Grund des zweiten Wahlkampfes innerhalb eines Jahres und dem kommenden „Superwahljahr“, für den jetzigen Landtagswahlkampf nicht mehr besonders viel hergeben.

Während, die in vielen hessischen Städten und Gemeinden bereits aufgestellten Plakatwände noch leer sind, haben sich SPD und CDU in Gießen über das Wochenende dran gemacht erste Plakatständer an den Straßenlaternen zu installieren. Und so grüßt seit heute die Gießener Bürgerinnen und Bürger nicht nur der CDU-Weihnachtsbaum („Gesegnete Weihnachten.“), sondern auch der SPD-Weihnachtsmann. Das SPD-Plakat zeigt zwei Weihnachtsmänner (bzw. im Großformat drei) mit der Überschrift „Die Roten kommen wieder!“ und einem Weihnachtsgruß des Spitzenkandidaten Thorsten Schäfer-Gümbel (mittlerweile in Hessen nur noch TSG) darunter.

Laut Gießener-Allgemeine sei auch die FDP in den Plakatwahlkampf eingestiegen (kann von meiner Seite aus bisher noch nicht bestätigt werden). Derzeit würden nur die Grünen und die Linkspartei noch bis nach Weihnachten warten wollen, um dann in den Plakatwahlkampf einzusteigen.

Doch andernorts hat es auch die Linkspartei scheinbar nicht mehr ausgehalten. So waren heute Abend in der Gießener Nachbarstadt Wetzlar bereits, an allen offiziellen Plakatflächen der Stadt, Informationsplakate der Linkspartei für eine Wahlveranstaltung zu finden. Während dort alle anderen Parteien sich bisher an die Abmachung halten.

In Gießen schieben sich derweil SPD und CDU gegenseitig die Schuld, für das Plakatieren, in die Schuhe. So kündigte die Gießener CDU an, erst zum Jahreswechsel die eigentlichen „Themen- und Kopfplakate“ zu kleben. Denn man habe sich nur dazu entschlossen zu plakatieren, da ein vollständiger Plakatverzicht in Gießen insbesondere an der SPD gescheitert sei. Diese machen wiederrum aufmerksam, dass die CDU ihre Plakatierung Medienwirksam inszeniert habe und ein möglicher Verzicht nicht erkennbar gewesen sei.

Insgeamt bin ich nun vor allem gespannt darauf, wie die CDU in den nächsten Tagen auf die Weihnachtsmänner reagieren wird („Das neue Weihnachtsmärchen der SPD!“ oder ähnlich???)…

Nur noch eine Anekdote am Rande:
Nur wenige 100 Meter von CDU und SPD entfernt, stach einem dann die nächste Werbung ins Auge und zeigte mal wieder, dass auch die kommerziellen Plakatwandbetreiber manchmal nicht so richtig darauf achten, was sie kleben.
Zwei Plakatwände nebeneinander: Auf der linken Seite ein Plakat der „Christoffel-Blindenmission“ mit der Überschrift „Auf Wiedersehen, Mama!“, und der Aufforderung für Spenden um Graue-Star-Operationen in Entwicklungsländern durchführen zu können. Doch das nächste Plakat direkt rechts daneben, wirkte in diesem Kontext dann doch sehr unpassend. So warb dort eine Brauerei für ihr „Königliches Dunkel“….
Werbung ist manchmal doch eine schwierigere Sache, als man annimmt…

Grüne BDK: „Yes, we Cem!“

Seit knapp einer viertel Stunde haben die Grünen mit Claudia Roth und Cem Özdemir neue Bundesvorsitzende. Cem Özdemir ist das neue Gesicht an der Spitze der Grünen und tritt die Nachfolge von Rainer Bütikofer an.

Bütikofer kandidierte nach sechs Jahren als Bundesvorsitzender der Grünen nicht ein weiteres mal. Im kommenden Jahr möchte er stattdessen bei der Europawahl für ein Mandat im Europaparlament kanidieren. Und bereits gestern Abend wurde er unter langanhaltenden Aplauss und mit einem Abschiedsfilm in der Messehalle in Erfurt verabschiedet.

Nun macht er also Platz für Cem Özdemir, einer der Nachwuchshoffnungen der Grünen.

In seiner Bewerbungsrede rechnete Özdemir vor allem mit den anderen Parteien ab. Besonders Linkspartei und FDP bekamen ihr Fett weg. Aber auch mit Kritik an Bundesumweltminister Siegmar Gabriel wurde nicht gespart. So sei Gabriels Mentor Gerhard Schröder und dieser der Kanzler aller Autos gewesen, weshalb es nicht verwunderlich sei, wenn Gabriel sich für die Automobilindustrie einsetze.

Zuvor hatte Claudia Roth in ihrer Rede auch Angela Merkel nicht verschont und als „Schutzmantelmadonna einer SPD mit burn-out-Syndrom“ betitelt!

Sowohl Roth als auch Özdemir versuchten die Grünen zu positionieren und Unterschiede zu anderen Parteien herauszustellen.

Cem Özdemir sieht sieht eine entscheidende Aufgabe vor allem im Thema Integration. Das machte er auch im letzten Satz seiner Rede deutlich:

„Wir wollen alle mitnehmen egal woher sie kommen. Ob aus Kasachstan oder aus Anatolien oder ob ihre Vorfahren schon im Teutoburgerwald gegen die Römer gekämpft haben.“

Die Grünen wollen sich also wieder neu finden, wieder stärker positionieren und Themen zurück erobern, die besonders CDU und SPD in den letzten Jahren immer stärker für sich beansprucht hatten.

Grüne BDK: Back to the roots?

Wer in diesem Jahr auf der Bundesdeligiertenkonferenz von Bündnis90/Die Grünen auf ein typisch grünes Thema gewartet hatte musste nicht lange warten.  So lautete gleich er erste Tagesordnungspunkt gestern Abend „Energiewende vorantreiben – Atomkraft stoppen“.

Doch wer erwartete das dieser Punkt alleine zur Selbstfeierung gewählt wurde, lag falsch. Klar, das Thema Atomkraft war weiterhin unstrittig und bot sich an um ein erstes Konsenssignal vom Parteitag zu senden. Aber das die Grünen in Sachen Kohlekraft in den nächsten Jahren, in Teilen, noch einige Debatten ausfechten müssen zeigte sich dafür umso deutlicher.

So wurde bereits am ersten Abend des diesjährigen Parteitages dann doch schon lauter in der Halle. Vor allem die Frage nach den Zielvorstellungen in Sachen regenerative Energien spaltete die Deligierten.
Während die Einen feste Zielvorgaben für unerlässlich hielten, waren Andere eher der Meinung, man solle keine Versprechen machen, von denen man noch nicht wisse, ob man sie wirklich bis zum gewählten Tag X erfüllen könne.

Letztlich einigte man sich zu später Stunde auf einen Kompromissvorschlag, der beide Anträge zusammenführte.

Mehrere Signale verlassen also Erfurt: Die Grünen sind gegen Atom- und Kohlekraft. Sie setzen sich für regenerative Energien ein, jedoch sind sie sich auf Bundesebene noch nicht einig welche Zielvorstellungen realtistisch oder unrealistisch sind.

Bild: flickr davipt

election broadcast 2.0

Wer vor bereits einer Woche das ZDF anschaltete konnte für einen kurzen Augenblick das Gefühl haben, auf einem amerikanischen Fernsehsender gelandet zu sein.

Denn während die meisten Zuschauer eine Wahlsendung, wie sie es von Landtags- bzw. Bundestagswahlen im deutschen Fernsehen gewohnt sind, erwarteten, erblickte man ein riesiges Wahlstudio, samt Großbildschirm (der auch so manchen US-Sender Konkurrenz machen konnte) und ein Publikum, dass eher an das ZDF-Sportstudio erinnerte als an eine Wahlsendung. Nur die Fussballtrikots der Zuschauerinnen und Zuschauer stellten sich schnell als Obama T-Shirts herraus.

Doch so weit hergeholt, wie es im ersten moment erscheint, ist der Vergleich mit dem Sportstudio gar nicht gewesen.

Spontan hatte das ZDF die Gunst der Stunde genutzt und die US-Wahl zum Event des Jahres auserkohren. Und hätte man als Zuschauer nicht gewusst, dass in den USA gewählt wird, wäre man in den ersten Minuten möglicherweise von einer Wiederholung des Fussball-WM-Studios ausgegangen. Denn bis auf die Tatsache, dass die Veranstaltung nicht im SonyCenter sondern (wahrscheinlich auf Grund des Wetters) im ehemaligen Berliner Fernmeldeamt stattfand, ließen sich so einige Paralellen finden.

So nutzten die ZDF Moderatoren etwa den aus ZDF-Fussballübertragungen bekannten Touchscreen um spontan auf aktuelle Reaktionen, Videoclips oder Wahlergebnisse in den verschiedenen Bundesstaaten reagieren zu können. Daneben wurden eine ganze Reihe von Experten aufgeboten, die das ganze Geschehen von ihrer Seite aus analysierten.
Und selbst der „Wahlstandanzeiger“ am Bildschirmrand, der darstellte wie viele Wahlmänner die beiden Kandidaten derzeit auf sich vereinigten, errinnerte in gwisser Weise an Sportübertragungen.
Selbst das Publikum ließ letztlich keinen Zweifel daran aufkommen, das es sich nicht um eine gewöhnliche Wahlsendung handelte. So wurde jedes für Obama positive Ergebnis fast ebenso frenetisch gefeiert, wie ein Auftritt von Robbie Williams oder Madonna in der Sendung „Wetten Das…?“.
Die Einzigen die jetzt noch gefehlt hätten wären Johannes B. Kerner und Thomas Gottschalk als „Gastgeber“ der Sendung gewesen…

Doch das genau dieses „Sportstudio-Format“ beim Zuschauer scheinbar ankommt, zeigen die Zuschauerquoten. So konnte das ZDF die Mitkonkurrenten RTL, ARD und SAT1 deutlich abhängen.
Das ZDF kam mit seiner Sendung ab 23.55 Uhr auf einen Schnitt von 780.000 Zuschauer und damit einen Marktanteil von 15 Prozent. RTL wiederum sendete ab 00.30 Uhr und konnte mit 580.000 Zuschauern einen Marktanteil von 13,3 Prozent erreichen. Die ARD schaffte es, laut digitalfernsehen.de, jedoch nur auf 11,2 Prozent. Insgesamt hätten bis 3 Uhr rund 2,7 Millionen Bürger mindestens eine der Sendungen zur US-Wahl verfolgt.

Das Erste landete im Quotenwettrennen in der Wahlnacht also gar nur auf den Dritten Platz, hinter ZDF und RTL. Schuldig gemacht wird dafür die Wahl des „alten“ Wahlstudioformats. Während das ZDF nämlich aus Berlin sendete (was der Zuschauer nur durch sehr genaues Beobachten feststellen konnte) sendete die ARD aus einem kleinen Studio in Washington.
Dem SPIGEL zufolge hätten sich die ARD-Verantworlichen diesen Fehler jedoch bereits eingestanden. So sei die Emotionalität der Wahlnacht in ihrem Format nicht vermittelt worden. Desweiteren habe man sich schon die Frage gestellt, ob es sich künftig noch lohne, vor Ort zu sein, wenn der Zuschau dies nicht bemerke.

Zusammenfassend wird deutlich, dass die Wahlberichterstattung über die US-Wahl in diesem Jahr ein neues Ausmaß angenommen hat.
In gewisser Weise könnte sie gar als Generalprobe für die Bundestagswahl im kommenden Jahr gesehen werden. Auch wenn klar ist, dass eine solche Euphorie für Angela Merkel und Frank-Walter Steinmeier nicht zu erwarten sein wird, werden sicher einige Elemente übernommen werden.

Neuwahlen in Hessen nur mit dem Stift

Laut heise-online werden bei der vorgezogenen Landtagswahl im Januar 2009 keine elektronischen Wahlgeräte eingesetzt. Dies habe der Landeswahlleiter den betreffenden Kommunen dieser Tage schriftlich mitgeteilt.
Laut Paragraph 1 Absatz 6 der Wahlgeräteverordnung (WahlGV) bedarf nämlich der Einsatz von Wahlgeräten vor jeder Wahl die Genehmigung des Innenministeriums:

„Die Verwendung zugelassener Wahlgeräte für Wahlen und Abstimmungen bedarf vor jeder Wahl und jeder Abstimmung der Genehmigung des für das Landtags- und das Kommunalwahlrecht zuständigen Ministeriums. Sie kann unter Bedingungen erteilt und mit Auflagen verbunden werden.“

Im vergangen Jahr wurden die elektronischen Wahlgeräte gegen den Protest des Chaos Computer Clubs (CCC) zur Stimmzählung eingesetzt.
Nachdem das hessische Innenministerium den Einsatz damals genehmigt hatte und auch ein Antrag des CCC auf eine einstweilige Anordnung vom hessischen Staatsgerichtshof wenige Tage vor der Wahl abgelehnt wurde, gab es nun also doch noch einen späten Erfolg für den Chaos Computer Club.

Denn die Neuwahl des hessischen Landtages fällt, sofern dieser sich in der nächsten Woche selbst auflöst, genau in dem Zeitraum der Grundsatzentscheidung des Bundesverfassungsgerichtes zum zukünftigen Einsatz von elekronischen Wahlgeräten. Das BVerfG verhandelt derzeit nämlich über eine Wahlprüfungsbeschwerde gegen die Verwendung der Geräte bei der Bundestagswahl im September 2005.

Doch wie in allen Diskussionen, rund um das Thema, zeigte sich auch während der Verhandlungen in Kahlsruhe bisher wieder das bekannte Bild von zwei entgegengesetzen Richtungen: Der technische Ansatz, der Klägerinnen und Kläger, auf der einen Seite und der pragmatische Ansatz, der Vertreterinnen und Vertreter aus Politik und Behörden, auf der anderen.

Ob zur Europa- und Bundestagswahl in den hessischen Kommunen wieder per Knopfdruck gewählt werden darf oder nicht zeigt sich Ende Januar, doch bis dahin werden wieder alle ihr Kreuz mit dem Stift (aber nicht dem Wahlstift) setzen.

Bild: flickr