Webciety: Politik 2.0

Die diesjährige CeBIT bot mehr als nur die Ausstellung der neuesten IT-Produkte, so war ein besonders interessantes Projekt die „Webciety„.

„Unter dem Schlagwort Webciety hat die CeBIT 2009 die Internet-Gesellschaft zu ihrem Top-Thema gemacht. Wikis, Communities, Blogs, Mikroblogs oder andere interaktive Webdienste – durch mobiles Internet ist das digitale Leben überall möglich. (…) Beim Thema Wissensvermittlung standen neue Technologien wie Web 2.0 und Game Based Learning im Fokus.“

Am Samstag Vormittag fand im Rahmen der Webciety das Panel „Politik 2.0“ statt und bereits die Namen der Diskutanten dieser kleinen Podiumsdiskussion weckten das Interesse:
– Volker Beck, Bündnis 90/DIE GRÜNEN
– Kajo Wasserhövel, SPD
– Frank Schäffler, FDP
Andreas Weber, CDU (der Rüdiger Kruse vertrat)
– Prof. Karl-Rudolf Korte, Universität Duisburg-Essen

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Parteien, die nicht gefunden werden wollen

Gastbeitrag von Hanns Kronenberg.

Das liebste Kind der deutschen Internet-Nutzer ist mit großem Abstand die Suchmaschine Google. Mit mehr als 3 Milliarden durchgeführten Suchen pro Monat in Deutschland beginnt die Internetnutzung bei vielen Nutzern immer wieder bei Google. Aber wie fit sind die Websites von CDU, CSU, SPD, FDP, Grüne und Linke für das Superwahljahr? Lassen sich die Inhalte und Botschaften der Parteien gut bei Google finden? Wer gewinnt den Internet-Wahlkampf bei Google?

Bürgernähe im Internet

Wenn Bürger nach wichtigen Begriffen wie z.B. „Familie“, „Arbeit“, „Steuern“ usw. suchen, sollten sie dabei idealerweise auch auf die Programme, Visionen und Botschaften der Parteien stoßen, die sich zur Wahl stellen. Schließlich gestalten diese Parteien die Politik und die Zukunft der Menschen in diesem Land. Die Parteien dürfen sich nicht einfach darauf verlassen, dass die Bürger aktiv nach ihren Parteiprogrammen suchen und ihre Websites besuchen. Vielmehr müssen sie mit ihren Botschaften und Themen dort präsent sein, wo sich die Internet-Nutzer im Jahr 2009 informieren, bei Google.

Wie gut gelingt es aber den Parteien zu verschiedenen Suchbegriffen bei Google gute Rankings zu erreichen, so dass die deutschen Internet-Nutzer auf deren Inhalte stoßen? Welche Partei hat bei der Suchmaschinenoptimierung die Nase vorn?

Um Antworten auf diese Fragen zu finden, habe ich die Daten aus der SISTRIX Toolbox für die bundesweiten Websites der sechs im Bundestag vertretenen Parteien analysiert: CDU, CSU, SPD, FDP, Bündnis 90 / Die Grünen und Die Linke.

Für den SISTRIX Sichtbarkeitsindex werden wöchentlich die Top 100 Treffer bei Google für 250.000 populäre Suchphrasen ermittelt und ausgewertet. Sie bilden ein gutes Abbild des deutschen Suchverhaltens und beinhalten zu 10 Prozent Keywords zu aktuellen Themen wie z.B. „Wahlen USA 2008“. Die Ergebnisse werden nach Position und Suchhäufigkeit gewichtet.

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Techniker vs. Pragmatiker

Am 3. März ist es soweit, es kommt zum Showdown vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe.
An diesem Tag wird der Zweite Senat sein Urteil im „Wahlcomputer-Verfahren“ sprechen. Der Frankfurter Informatiker Ulrich Wiesner hatte, nachdem er nach der Bundestagswahl 2005 mit einem Wahleinspruch beim deutschen Bundestag gescheitert war, eine Wahlprüfungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht eingereicht.

In der Zwischenzeit kam die Diskussion um die „rechnergesteuerten Wahlgeräte“, wie das BVerfG sie nennt, erst so richtig in Fahrt. Während die Gegner der „Wahlcomputer“, vor allem aus den Reihen des Chaos Computer Clubs (CCC), die demokratischen Wahlgrundsätze in Gefahr sehen, glauben die Befürworter, vor allem die Wahlleiter, in den „Wahlgeräten“ eine Lösung für eine Reihe von Problemen gefunden zu haben. In Zusammenhang mit mehreren Landtags- und Kommunalwahlen im Bundesgebiet kam es zu einem regelrechten Schlagabtausch zwischen den beiden Parteien. Doch in fast allen Diskussionen wurde deutlich, dass die beiden Gruppen vor allem eins tun, nämlich an einander vorbei diskutieren. Denn während die Gegner die technischen Aspekte des Themas vor Augen haben, gehen die Befürworter auf die pragmatischen Vorteile ein. Zwei, zwar natürlich stark miteinander verknüpfte Punkte, die man in der Diskussion jedoch nicht vermischen sollte. Weiterlesen

Erschreckendes Twitter-Debüt

Kajo Wasserhövel ist Bundesgeschäftsführer und oberster Wahlkämpfer der krisengeschüttelten SPD und als solcher auch für den Internetwahlkampf zuständig. Die zuletzt neu gestaltete Präsenz der Sozialdemokratischen Partei im Netz hat positive Erwartungen geweckt. Um so schockierender, wie Wasserhövel heute in die Twitter-Welt eintrat.

kajogrossDabei ist zuerst der Zeitpunkt verwunderlich. In Wahlkampf-Maßstäben ist es nur noch eine Hand voll Zeit bis zur Bundestagswahl, als Kajo Wasserhövel heute seinen Account bei Twitter eröffnet. Als Leiter des Wahlkampfs sollte Wasserhövel die vielleicht am schnellsten an Bedeutung gewinnenden Plattform im Web eigentlich schon länger kennen. Dass er Twitter tatsächlich nicht kennt, zeigt sein erster Tweet:

schaue mir Twitter an und versuche es richtig zu verstehe :-)

Immerhin positiv anzumerken ist ja, dass er sich gar nicht einbildet, Twitter schon wirklich zu verstehen, wie viele andere es tun. Dennoch sollte er in seiner Position gar nicht genötigt sein, ehrlich seinen Informationsmangel zugeben zu müssen – er müsste Twitter schlicht aus dem Effeff kennen.

Ich bin mir nicht sicher, wie groß die Rolle von Twitter in einem Online-Wahlkampf der SPD auszusehen hat. Bestimmt wird Twitter nicht Hauptbestandteil der Kampagne. Eine lohnenende Ergänzung könnte es aber allemal darstellen, die kostenlose Reichweite wäre neben der obligatorischen Zweitverwertung durch die Medien erstrebenswert. Skizziert man nur mal eine mögliche Verwendung, zeigen sich schnell die Versäumnisse der SPD:

Frank-Walter Steinmeier wurde im Oktober zum Spitzenkandidaten der Sozialdemokraten gekürt, etwa ein Jahr vor der Bundestagswahl. Sein Amt als Außenminister gehört zu den interessantesten und aufregendsten Berufen, die es in Deutschland gibt. Warum also nicht während seiner Arbeit twittern? Dass Steinmeier ein iPhone hat, ist der Netzgemeinde schon bekannt, technische Hindernisse wären so leicht auszuräumen. Der SPD-Kandidat hätte also ein ganzes Jahr Zeit gehabt, um sich und seine Arbeit und seine Person in kurzen Nachrichten einer interessierten Lesergemeinde zu vermitteln. Und das quasi kostenlos, mit dem iPhone aus dem Flugzeug oder vom Rücksitz der Limousine twitternd.

Verschenkte Aufmerksamkeit, nicht zuletzt durch Unwissen über die Möglichkeiten und Chancen der Plattform.

Obamasuche mit dem Zweiten

Seien Sie unser Obama! Bewerben Sie sich für unsere Show: Ich kann Kanzler!

Achim Winter erklärt mit diesen Worten die Politik-Castingshow des ZDFs, die unter dem Titel „Ich kann Kanzler!“ am 19. Juni live gezeigt werden soll. Am Ende werden die Zuschauer bestimmen, wen sie für das größte politische Talent der Sendung halten.

Ich kann Kanzler!

Mit der „Idee hinter der Sendung“ steckt sich das ZDF gewaltig hohe Ziele. Die Enttäuschung der Wähler von den deutschen Politikern, die mit immer abgedroscheneren Worthülsen viel sagen und wenig verändern – das sei der Grund für die neue Sendung. Und damit böte sich für jeden Interessierten die Gelegenheit, selbst etwas zu verändern. Man suche eben „Junge Menschen, die gerne etwas politisch verändern wollen“. Denn es sei an der Zeit, gegen Politikverdrossenheit vorzugehen.

Zwei Gefahren warten auf die Sendung, deren Tragweite das ZDF nicht vernachlässigen sollte.

  1. Enttäuschte Zuschauer: Erwartungen wecken möchte man mit der Sendung; Erwartungen für eine neue Politikergeneration mit mehr Charisma, Durchsetzungsfähigkeit und Echtheit als die gegenwärtig amtierende. Es ist aber unwahrscheinlich, dass das Format mit nur einer geplanten Livesendung inklusive zeitraubender Abstimmung dies überhaupt darstellen kann. Gerade der überstrapazierte Vergleich mit der Massenbewegung um Barack Obama zeugt nicht gerade von Bescheidenheit oder Bewusstsein für die begrenzten zeitlichen Möglichkeiten eines Freitagabends.
  2. Enttäuschte Gewinner: Unterstellt man den Teilnehmern mal durchaus ernstes Interesse an Politik und ein ehrliches Interesse, sich selbst für das Land einzusetzen, könnte der Preisträger sich angesichts des ausgelobten Preises etwas ausgenutzt vorkommen. Ein Kanzlergehalt ist natürlich eine nette Offerte, beläuft sich in Deutschland immerhin auf etwa 220.000 € pro Jahr. Aber ob rein materielle Unterstützung wirklich das Ziel eines begabten Idealisten ist? Das zusätzlich als Gewinn gesetzte Praktikum „im Zentrum der Macht“ gilt es erst noch zu spezifizieren, bevor man hier genauere Bewertungen vornehmen kann.

Richtigen Fokus setzen

Fakt ist natürlich auch, dass eine solche Sendung immer nur Talentsuche sein kann, nie aktiv in den politischen Prozess eingreifen. Wenn das ZDF es schafft, diesen Fokus zu setzen, dann kann die Sendung wirklich interessant werden. Wenn aber den Zuschauern ein neuer Obama verkauft werden soll, der am liebsten ab nächster Woche dann im Kanzleramt sitzen darf, dann schlägt die ganze Sendung fehl.

PS: Noch lässt das ZDF offen, wer die Sendung moderieren wird. Die zuletzt erfolgreich gelaufene „Wahl im Web“ hatte noch Markus Kavka moderiert und sich damit für junge, politische Formate empfohlen. Für die ein oder andere sehr wahrscheinliche Neuauflage der Webwahl dürfte er damit gesetzt sein, aber ob das ZDF ihn in die große Freitagabend-Liveshow wirft, bleibt abzuwarten. Achim Winter, der den ersten Kurzspot produzieren durfte, wird wohl ebenso wenig als Moderator eingesetzt. Produzent der Sendung ist im Übrigen die „I & U Information und Unterhaltung TV Produktion“ von Günther Jauch. Eine Beteiligung Jauchs als Moderator ist aber reine Spekulation.

Bild: ZDF