Der Spiegel feiert, doch hat er Recht?

Roland Koch hat die Wahl dramatisch verloren. Und das ist gut so. Die Anti-Ausländer-Nummer zieht offenbar nicht mehr – und darauf können wir endlich mal richtig stolz sein.
Kochs Absturz – Brutalstmögliche Quittung für den Populisten.

So schön ich eine solche Aussage finde, im Moment scheint sie nicht ganz der Realität zu entsprechen. Sicherlich, Roland Koch hat verloren, laut Hochrechnungen im Moment um die 12 Prozentpunkte. Aber ganz ehrlich, dass ist aus einer absoluten Mehrheit weniger dramatisch. Denn immer noch ist der hessische CDU-Politiker nicht aus dem Rennen, in den späteren Hochrechnungen steigt er sogar wieder richtig ein.

36,5% für die CDU, 37% für die SPD – klar ist das nicht. Und wenn man auf die so viel beschworene Lagerbildung sieht, dann liegt CDU/FDP als bürgerliches Lager im Moment sogar mit 53 Sitzen vor Rot-Grün mit 51 Sitzen (beide Zahlen Stand 21:41, ARD infratest dimap). Es wird wohl eine spannende Woche auf uns zukommen.

Eine wirkliche Abstrafung für Koch hätte aber anders ausgesehen.

Jörg-Uwe Hahn

Ich bin mir nicht wirklich sicher, in wie weit eine solche Äußerung des hessischen FDP-Vorsitzenden Jörg-Uwe Hahn eben im HR zu einer liberalen Partei passt – für einen Aufschrei sollte sie dennoch sorgen:

„Und wenn Herr Al-Wazir das Wort ‚anständige Hessen‘ in den Mund nimmt, so muss ich ihn daran erinnern, dass dieses Wort ein Zitat von Goebbels ist.“

Dagegen ist Roland Koch ja geradezu stilsicher.

Stoiber in Dillenburg – oder: Wahlkampf in Mittelhessen

Edmund Stoiber in der Stadthalle Dillenburg
Schon seit Wochen hatte der Kreisverband Lahn-Dill der Christlich Demokratischen Union Deutschlands Werbung gemacht. Am 23.01., nur 4 Tage vor der bevorstehenden Landtagswahl in Hessen, werde der ehemalige bayrische Ministerpräsident und jetzige EU-Chefentbürokratisierer direkt in den Wahlkampf eingreifen. Warum dies ausgerechnet in Dillenburg passieren soll – Joschka Fischer bekam von den Grünen immerhin die Landeshauptstadt als Bühne bereitet – bleibt wohl ein christdemokratisches Geheimnis.

Und so fand sich angesichts dieses hohen Besuches die gesamte konservative Prominenz auf der Bühne der Stadthalle zu Dillenburg. Zuerst saß dort einsam am langen Tisch Alexander Beer, der jugendliche Stellvertreter des Landtagsabgeordneten Clemens Reif. Erst mit der Ankunft Stoibers füllten sich die Plätze auf der Bühne. Natürlich mit dem Gastgeber, Clemens Reif, mit der Ersten Stadträtin Dillenburgs, Elisabeth Fuhrländer. Auch Bürgermeister Michael Lotz und die lokale Bundestagsabgeordnete Sybille Pfeiffer durften nicht fehlen.

Doch noch war kein Stoiber in Sicht, und so saß Beer weiter allein. Sybille Pfeiffer, unsere Frau im Bundestag, leistete einen Kraftakt am Podium. Als einführende Worte war wohl gedacht, was Pfeiffer an Warnungen und Wahlkampfgetöse von sich gab. Die üblichen, in diesem Wahlkampf mittlerweile zu den Standardwaffen der CDU gehörenden, Warnungen vor einer kommunistischen Koalition, vor Rot-Grün-Rot waren ebenso zu vernehmen wie die Tiraden gegen Ypsilantis Einheitsschule. Hessen habe es doch gerade erst geschafft, dass sein Abitur bundesweit anerkannt sei – ein Punkt, auf den auch der große Bayer später noch eingehen wird. Weiterlesen

Koch vs. Ypsilanti

Koch vs. YpsilantiKoch vs. YpsilantiVor wenigen Jahren hätte eine solche TV-Sendung in Deutschland noch sehr seltsam angemutet, wäre vielleicht als amerikanisches Phänomen abgetan. Sicherlich, nicht alles, was im amerikanischen Kampf um die Wählergunst zum Standard gehört, sollte übertragen werden.

Doch gerade bei der diesjährigen Landtagswahl in Hessen bietet sich ein solches Duell förmlich an. Eine Fülle von Wahlkampfthemen stehen zwei starken Persönlichkeiten zur Verfügung, um sich der Wählergunst kämpferisch anzubiedern.

Eine Gruppe Gießener Studenten um Dozent Dr. Christoph Bieber war heute Mittag im HR bei der Aufzeichung dieser Sendung dabei, ich hatte die Chance dabei zu sein. Ein kleines Fazit von mir:

Koch ungewohnt sachlich

Ypsilanti in weiten Teilen fähig, ihm Paroli zu bieten

Koch mit Lücken in der Bildungspolitik und beim Flughafenausbau. Auch bei der Energiepolitik fand ich seine Antwort eher unbefriedigend

Ypsilanti mit meiner Meinung starken Lücken vor allem bei der Finanzierbarkeit ihrer Maßnahmen. Sie verwies auf eine schon vergangene Pressekonferenz – aber das kann ich doch nicht im Ernst bei einem TV-Duell voraussetzen.

90 Minuten reichen gerade zum Klarmachen der Positionen aus

Inhaltliche Relevanz kann nicht so schnell überprüft werden

Der Blick hinter die Kulissen des TV-Duells und der Presseberichterstattung war fast faszinierender als das Duell selbst

Die anschließenden Gespräche mit CDU-Generalsekretär Michael Boddenberg und HR-Chefredakteur Alois Theisen waren ein echter Gewinn

Einige Infos zum Ablauf finden sich im Weblog meines Dozenten, der es sich nicht nehmen ließ, per Presse-WLAN direkt aus dem Studio 2 des HR zu bloggen. Auch interessant: Infos beim Veranstalter, dem HR.

Nachtrag: Mit Dank an Christian Marx noch zwei Bilder vom Tage.

Hitlers Wählerschaft

Hitlers WählerschaftAm 30. Januar jährt sich zum 75. mal die Machtergreifung Hitlers, oder auch die Machtübertragung, wie sie im aktuellen Spiegel genannt wird. Im Gegensatz zu vielen anderen Diktatoren konnte sich Hitler aber auch darauf berufen, demokratisch gewählt worden zu sein. Und unsere Gegend spielte dabei keine rühmliche Rolle. [Quelle: Spiegel 3/08, S. 39]