(Wieder kein) Online-Wahlkampf in Deutschland? tl;dr für Lukas Böhms Artikel auf politik-digital.de

Drüben bei politik-digital.de hat Lukas Böhm sich die ersten Studien zum Online-Wahlkampf für die Bundestagswahl 2013 angesehen und kommt zu ernüchternden Schlüssen. Sowohl über den Online-Wahlkampf selbst, als auch dessen Rezeption. Weil der Text wirklich lang ist, erlaube ich mir hier mit Zitaten ein tl;dr, empfehle aber dennoch eine volle Lektüre.

  1. „Was die deutschen Parteien und ihre Wahlkampfteams seit mittlerweile nicht mehr ganz so wenigen Jahren im Netz betreiben, wirkt langsam wie ein Anrennen gegen eine „Self-fulfilling Prophecy“. Egal ob 2005 oder 2009, die Parteien schafften es nicht, das neue Medium öffentlichkeitswirksam für sich zu nutzen.“
  2. „Das Bild scheint von vornherein klar: Da bemüht sich doch nur ein Haufen seniler Politiksäcke im Internet auf Jung zu machen und ein paar WählerInnen abzugreifen. Auch wenn diese Formulierung polemisch ist: Häufig kam der Eindruck auf, dass da die selbsternannten „Digital Natives“ ihre Pfründe verteidigen, nach dem Motto: Was habt ihr alten Politiker-Immigrants in unserem Netz zu suchen?“
  3. „Dabei hatten sich die WahlkämpferInnen bei genauerem Hinsehen auch schon 2009 einige Mühe gegeben. Die Parteien waren durchweg bei Facebook und den VZ-Netzwerken (Wer erinnert sich noch?) vertreten, twitterten und unterhielten Online-Plattformen, auf denen UnterstützerInnen sich austauschen und koordinieren konnten. Alle Parteien bespielten bereits YouTube-Kanäle, und die SPD unterhielt sogar eine eigene Wahlkampf-App („iSPD“). Wirkt doch gar nicht so nach Steinzeit, oder?“
  4. „2013 kam – und ging. Peer Steinbrücks Stinkefinger bleibt in Erinnerung, allerdings kaum im Sinne seines Besitzers. Ob Merkel-Raute oder der verhängnisvolle „Neuland“-Satz: Die NutzerInnen im Web hatten an allem zwischen schneller Online-Satire und öffentlicher Bloßstellung mehr Spaß als an den Online-Angeboten der Parteien. Die sich 2013 wiederum sehen lassen konnten.“
  5. „Die Parteien wollen mit ihren potentiellen WählerInnenn kommunizieren. Hurra! Note: 1! Das Problem ist nur: Die NutzerInnen wollen das nicht. Sie haben schlicht kein Interesse daran, mit politischen Angeboten im Netz zu interagieren. Zudem finden die User es auch gar nicht schlimm, wenn sie erst gar nicht die Möglichkeit haben, mit den Parteien in Kontakt zu treten.“
  6. „Die Politik, so lässt sich zumindest für 2013 feststellen, macht online mittlerweile mehr richtig als falsch. Dass es trotzdem nicht klappt, die Machtverhältnisse damit aus den Angeln zu heben, kann zu einer Reihe wichtiger Erkenntnisse führen.“
    1. „Die wichtigste wäre die, dass das Internet als Wahlkampfinstrument überschätzt wurde.“
    2. „Die Internet-Stimmung zeigt Trends auf, kann diese aber auch massiv verzerren“
    3. „Selbst Obama hat seinen legendären 2008er Wahlkampf nicht im Internet gewonnen, da ist sich die Wissenschaft weitgehend einig. Wichtiger waren die Hausbesuche bei gezielt ausgewählten WechselwählerInnen, über die die Demokraten riesige Datenbanken besaßen. Big Data also, nicht Facebook.“
    4. „Es ist die Pflicht der Politik, auch online Angebote zu schaffen, neue Wege zu gehen und sich immer wieder um passive Gruppen zu bemühen. Dass diese Angebote aber auch genutzt werden, ist nicht nur eine Frage des Internets, verstanden als reine Technologie. Es ist eine Frage von Zugängen, von schulischer und gesellschaftlicher Bildung, von Kompetenz – und auch von Gelegenheit.“

Hier nochmal der Link zum vollen Text: politik-digital.de/online-wahlkampf-was-sollen-wir-eigentlich-noch-machen/. Danke an den Herausgeber für die freundliche Genehmigung.

Der Wahlkampf des Peer Steinbrück

Was wurde eigentlich aus Peer Steinbrücks Kompetenzteam? Der Gewerkschafter Klaus Wiesehügel war mit allen noch mal Schnitzel essen.

Bis zum Ende der Koalitionsverhandlungen saß Klaus Wiesehügel noch in der Verhandlungsgruppe mit Andrea Nahles, seither ist Ruhe. „Es gab noch ein Abschiedstreffen des Kompetenzteams. Es gab Schnitzel und Wein. Der Peer musste dann aber schnell weg.“

5 Blickwinkel vom Wahltag

  1. Die Schwarz-Gelbe Regierung wurde abgewählt, aber einen politischen Wechsel wollte das Land nicht. Angela Merkel hat ihre Beliebtheit in einen historischen Wahlsieg für die CDU umwandeln können. Das ist ein Zeugnis für das gute – manche würden sagen glückliche – Bestehen Deutschlands in der Finanzkrise. Den Bürgern geht es verglichen mit nahezu allen anderen Ländern in der Euro-Zone gut und dagegen lässt sich nur schwer ein Politikwechsel vollführen.
  2. Peer Steinbrück und die SPD haben dagegen kein Rezept gefunden. Bei allen Pannen, die der diletantisch geführte Wahlkampf der Sozialdemokraten mit sich brachte: Steinbrück hätte Merkel nicht schlagen können.
  3. Die Grünen haben eine herbe Schlappe hinnehmen müssen. Das ist die Strafe für eine falsch gesetzte Themenwahl weg von Ur-Grünen Themen wie Umwelt und Naturschutz hin zur Finanzpolitik als Vehikel für Jürgen Trittins Wunschministerium. Die Kampagne konnte nicht auf die teils absehbaren Konfrontationen reagieren: Das Steuerkonzept wurde zu wenig erklärt, auf grüne Verbotssehnsucht und Pädophilie-Debatte halbherzig reagiert.
  4. Der Erfolg der AfD ist schockierend. Er zeigt eine große Unzufriedenheit mit dem Euro, mit der Finanzpolitik in Europa. Vor allem aber scheint sich in Deutschland nach langen Jahren ein Vehikel für latente Fremdenfeindlichkeit und Nationalismus gefunden zu haben, das nicht nach Skinheads und Springerstiefeln riecht. Es sollten sich alle Parteien als Auftrag nehmen, sich dem mit guten Argumenten für eine freie und solidarische Gesellschaft einzusetzen.
  5. Allen politisch Interessierten sei in den nächsten Wochen der ein oder andere Blick nach Hessen angeraten, wo äußerst interessante Koalitionsverhandlungen anstehen. Die „Hessischen Verhältnisse“ stellen mit nur 4 Parteien im Parlament eine starke CDU gegen eine sich nicht wirklich sympathische Mehrheit aus SPD, Grünen und der Linkspartei. Der Ball liegt bei Thorsten Schäfer-Gümbel von der SPD, der sich entscheiden muss zwischen dem Wagnis einer Zusammenarbeit mit der Linken und den möglicherweise verheerenden Folgen einer Großen Koalition.

Nachtrag 23:42 Uhr: In Hessen ist man immer gut für ein bisschen Spannung. Vielleicht fliegt die Linke noch raus und die FDP hat noch Chancen, wieder in den Landtag zu kommen. Spannend.

Bloß keine Veränderungen…

Bloß keine Veränderungen…
Genau dies kommt einen in den Sinn, wenn man momentan die Diskussion um „Kfz-Steuer und Klimapaket“ beobachtet.

„Die Pläne von Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) für eine am CO2-Ausstoß orientierte Kfz-Steuer wurden nach Informationen des ARD-Hauptstadtstudios durch ein Veto von Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) gestoppt.“ (Quelle: www.tagesschau.de)

Auch interessant ist, dass ausgerechnet der Bundewirtschaftsminister das Vorhaben stoppen möchte. Denn schließlich würde die neue KFZ-Steuer nicht ohne Grund besonders Nachteile für die deutschen Automobilkonzerne bringen.
Auf der anderen Seite ist nach wie vor nicht zu verstehen, warum sich die deusche Industrie weiterhin vor neuen Entwicklungen versteckt…