Lidl und ein happy end?

Im Rahmen einer durch das Inneministerium Baden-Württemberg veröffentlichten Pressemitteilung wurde es nun öffentlich: Lidl wird infolge der illegalen Bespitzelung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern tief in die Tasche greifen müssen.

„Da die Aufsichtsbehörden bei den Lidl-Vertriebsgesellschaften zum Teil schwerwiegende oder zumindest erhebliche Datenschutzverstöße festgestellt haben, haben sie gegen die 35 Lidl-Vertriebsgesellschaften Bußgelder in einer Gesamthöhe von 1.462.000 Euro festgesetzt. Die gegen die einzelnen Gesellschaften verhängten Bußgelder bewegen sich dabei zwischen 10.000 und 310.000 Euro.“ (Auszug aus der Pressemitteilung)

Im Rahmen des Bußgeldverfahrens wurden heute auch erstmals Auszüge aus den Protokollen der durch Lidl beschäftigten Detekteien an die Öffentlichkeit gegeben.
Nur ein paar Beispiele:

Fr A erzählt mir, dass ihr Reitsattel bei Ebay versteigert wird. … Sie habe außerdem ein eigenes Pferd, welches alleine €250,00 Unterhalt im Monat kosten würde plus Arztkosten in Höhe von 80,00 im Monat. Sie habe jetzt zum ersten Mal ein altes Auto, weil sie nicht mehr so viel Verlust machen möchte. Vorher hatte sie alle drei Jahre einen Neuwagen gekauft. Es macht den Eindruck, als wenn sie über ihre finanziellen Verhältnisse leben würde.

Hr X berichtet, dass er sich nicht so gut mit der VL, Fr. Y verstehen würde. Er käme eigentlich von der Küste, dort hatte er wohl eine Freundin, mit der er zehn Jahre zusammen gewesen sei. Er …. sei vor 3,5 Jahren mit seiner Freundin nach XY gezogen. Diese habe ihn letztes Jahr verlassen, das habe ihn sehr belastet. Seit Oktober hat er eine neue Freundin.

Ich konnte ermitteln, dass der Lebensgefährte von Fr. X vorbestraft ist. Bei dieser fallen mir starke Augenringe auf. Hierauf sollte dringlichst geachtet werden. Konkrete Verdachtsmomente waren jedoch nicht zu ermitteln.

Herr X erzählt mir, dass er Frau Y auf Grund ihrer schlechten allgemeinen Leistungen am liebsten nicht mehr beschäftigen würde. (…). Jetzt kommt dazu, dass Frau Y eventuell schwanger sein könnte (sie hat seit 6 Wochen keine Regelblutung), dann wäre es zu spät, etwas zu unternehmen.

Aufgrund dieser erdrückenden Beweislage gehen die Aufsichtsbehörden auch davon aus, dass die Lidl-Vertriebsgesellschaften keine Rechtsbehelfe gegen die Bußgeldbescheide einlegen werden. Einige Vertriebsgesellschaften hätten sogar bereits entsprechende Verzichtserklärungen abgegeben.

D.h. Lidl wird nun also in den sauren Apfel beißen und die knapp 1,5 Millionen Euro Bußgeld zahlen.
Nach SWR-Informatioen beziehen sich diese in ihrem Schwerpunkt auf Niedersachsen. Alleine dort werden 650.000 Euro gefordert.

Lidl gibt sich gebeutelt und kündigt an, aus den früheren Fehlern gelernt zu haben. So wird in einer ebenfalls heute veröffentlichten Pressemitteilung angekündigt:

„Nach Bekanntwerden der Vorwürfe hatte Lidl sofort reagiert. Gemeinsam mit dem ehemaligen Bundesdatenschutzbeauftragten Dr. Joachim Jacob und Prof. Dr. Alfred Büllesbach, ehemaliger Konzernbeauftragter für den Datenschutz bei der DaimlerChrysler AG, wurde mit der Erarbeitung eines ganzheitlichen Datenschutz- und –sicherheitskonzeptes begonnen. Dieses wird gegenwärtig schrittweise eingeführt. Die technische Umsetzung des Videokonzeptes wird vom TÜV SÜD begleitet und zertifiziert.“

Bleibt also zu hoffen, dass es für Lidl, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und natürlich auch für die Kundinnen und Kunden doch noch ein happy end geben wird.

Wer bezahlt unsere Kleidung?

Wie ich bereits vermutet habe: Nicht nur Lidl gehört zu den „Schwarzen Schafen“ der Discounter…

„Der Textil-Discounter Kik ist bekannt für seine Kampfpreise. In Asien entstehen T-Shirts, die bei uns für unter zwei Euro verkauft werden. Inzwischen räumt das Unternehmen ein, was viele ohnehin vermuten: An der Billig-Produktion könnten Kinder beteiligt sein.“ (Quelle: Spiegel-Online)

Mehr Informationen liefert die Clean Clothes Campaign.

Neues von Günter Wallraff

In dieser Woche lohnt es sich nicht nur aufgrund des interessanten Internet-Sonderheftes die ZEIT zu kaufen. Denn zu meiner Überraschung und Freude wartet das ZEIT-Magazin Leben mit einer neuen Undercover-Reportage meines Lieblings- Autoren / Reporters / Menschenrechtsakitivisten / Undercoverjournalisten Günter Wallraff auf.

Nachdem er im letzten Jahr bereits seine Reportagen in deutschen Call-Centern in der ZEIT veröffentlicht hatte und der dazugehörige Film zur primetime im ZDF ausgestrahlt wurde, machten verschiedene Mitarbeiter des Brötchenbäckers Weinzheimer Wallraff auf die menschenunwürdigen Bedingungen in ihren Betrieb aufmerksam.

Kurz entschlossen nahm Wallfraff also wieder die Identität einer anderen Person an und gab sich trotz seiner 65 Jahre als der 51 jährige Frank K. aus. Wieder einmal eine typische Wallraff-Reportage auf höchstem journalistischem Niveau.

Und auch die Missstände die beim LIDL-Zulieferer Weinzheimer von Günter Wallraff aufgedeckt und dokumentiert werden unterscheiden sich im Großen und Ganzen, erschreckender Weise, nicht besonders stark von denen aus seinen Industriereportagen und seinem Hauptwerk „Ganz Unten“ aus den achtziger Jahren.

Eine weiteren Punkt nimmt man beim lesen jedoch interessiert zur Kenntnis: Wieder LIDL.

Mit großer Wahrscheinlichkeit werden beispielsweise die Zulieferer bei ALDI, REWE, PLUS, EDEKA und Co. in weiten Teilen ganz ähnlich behandelt. Trotzdem ist es immer wieder auffällig, dass alle Skandale bevorzugt bzw. im größeren Rahmen im Zusammenhang mit dem LIDL-Konzern bzw. der Schwarz-Gruppe auftauchen. Was für Schlüsse man als Kunde daraus für sein Handeln schließen sollte beschreibt Wallraff sehr zutreffend in den letzten Sätzen seines Textes:

„Was ist meine Hoffnung? Dass der Konsument, dass wir alle unsere Macht erkennen. Die Arbeiter können sich selbst nicht mehr helfen in diesem Betrieb, jedes Aufbegehren wird brutal unterdrückt. Eine realistische Hoffnung? Durchaus, denke ich. Es waren die Kunden der Biomarktkette Basic, die im vorigen Jahr verhindert haben, dass Lidl das Unternehmen kaufen konnte – indem sie mit einem Boykott drohten. Nun sollten die Kunden Lidl und seinem System ein weiteres Mal widersprechen. Lidl diktiert Weinzheimer die Preise und trägt damit Verantwortung dafür, wie Menschen dort arbeiten müssen. Solange die Arbeiterrechte dort systematisch verletzt werden, sollten die Kunden Lidl und seine dürftigen Brötchen boykottieren.“

Ich weißt schon warum ich nicht erst seit dem Bespitzelungsskandal und Gewerkschaftskäufen LIDL seit langem boykottiere und jedem nur empfehlen kann, sich Gedanken darüber ob er solche Zustände wirklich unterstützen möchte und andernfalls seine Macht als Käufer zu nutzen!