Duell zu dritt – TV-Debatte(n) in Mecklenburg-Vorpommern

Gerade ging das TV-Duell von Erwin Sellering und Lorenz Caffier zu Ende. CDU traf auf SPD, eine große Koalition durfte mit sich selbst debattieren. Die Opposition blieb außen vor, weil der NDR der Linken nicht genügend Chancen einräumt.

Aber die Linke ließ das nicht auf sich beruhen und tat noch etwas mehr, als sich zu beschweren:

„Der NDR hat aus fadenscheinigen Gründen die Teilnahme von Helmut Holter am TV-Duell abgelehnt. Nun stehen sich in dem vermeintlichen Duell die zwei Regierungspartner gegenüber, der Kandidat der größten demokratischen Opposition erhält keine Gelegenheit, seine inhaltlichen Angebote in dieser Sendung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu unterbreiten. Das finde ich nicht souverän und ich finde auch, dass der Sender damit den Auftrag des NDR-Staatsvertrags nicht erfüllt. Darum machen wir nun unser eigenes Angebot und freuen uns auf viele Zuschauer.“

Das eigene Angebot der Linken ist schon fast revolutionär. Live gaben sie ihre eigenen Antworten. Helmut Holter, dem Kandidaten der LINKEN, wurden von Gregor Gysi selbst die gleichen Fragen noch einmal gestellt. Wie lief’s?

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Internetseiten zur Landtagswahl: Runde 2

Zwei Wochen vor der Landtagswahl ist nun jede der Parteien voll im Wahlkampf angekommen und wir können einen zweiten Blick auf die Internetseiten von Landesverbänden und Spitzenkandidaten werfen. Im Februar hatten wir erstaunlich moderne Internetseiten bei SPD und CDU angetroffen, aber noch eher schwache Auftritte der Spitzenkandidaten. Was hat sich bis heute getan?

Wenig Bewegung bei den Internetauftritten

Auf den großen Portalseiten der CDU Nordrhein-Westfalen und der NRWSPD hat sich nicht viel verändert. Lediglich in den großen Bilderbühnen finden sich nun immer mehr Hinweise auf die Landtagswahl. Bei der CDU scheint man Jürgen Rüttgers nun als sympathischen Familienmenschen positionieren zu wollen und lässt ihn daher häufiger gemeinsam mit seiner Frau auftreten. Die SPD setzt offensichtlich einige Hoffnung in das TV-Duell am morgigen Montag und fordert ihre Unterstützer auf, das TV-Duell gemeinsam auf TV-Parties im ganzen Land anzusehen. Dass sich nicht viel geändert hat auf den Seiten ist aber dank der guten Ausgangslage im Februar nicht wirklich tragisch. Zwar könnte man bei der CDU den Weg zu Grundinfos wie den Kandidatenlisten oder dem Programm noch etwas leichter machen, aber der gute Eindruck bleibt bestehen.

Wenig getan hat sich auch auf manchen anderen Seiten. Jürgen Rüttgers feiert immer noch seine Dialogbereitschaft und hat den Seitentitel „Meine Seite ist Ihre Seite“ immerhin um seinen Namen ergänzt. Die Auftritte der FDP und ihrem Spitzenkandidaten Andreas Pinkwart ähneln sich immer noch sehr, auch wenn auf den liberalen Seiten nun Querverweise zur Themenseite Landtagswahl NRW und ein Countdown zum Wahltag eingebaut sind. Auch bei der LINKEN lockt weiterhin der Baukasten-Charme, ebenfalls um zahlreiche Links in der Seitenspalte ergänzt. Einen Internetauftritt ihrer Spitzenfrau Bärbel Beuermann sucht man immer noch vergebens. Aber es kann ja auch nicht jede Politikerin so engagiert online sein wie Sylvia Löhrmann.

Grüne wollen den Wechsel in NRW

Zwei Internetseiten jedoch wurden seit unserem letzten Artikel zum Thema im Februar generalüberholt. Wie schon damals angedeutet haben die Grünen in NRW ihren Auftritt einem Relaunch unterzogen und präsentieren sich als die junge, gestaltungshungrige Oppositionspartei. Zentrales Element der Seite ist ein gigantischer Countdown „bis zum Wechsel in NRW“. Darunter präsentiert sich die Seite handwerklich solide gemacht und ermöglicht jederzeit den schnellen Einstige in Themen, Wahlinfos oder Wahlkampfaktionen. Auch die Grünen greifen das TV-Duell auf und wollen live zur Austrahlung ein Transkript anfertigen – garniert mit grünen Kommentaren.

Hannelore Kraft erzählt ihre Geschichte

Ebenfalls neu gestaltet wurde der Auftritt der SPD-Spitzenkandidatin Hannelore Kraft. Im Februar hatten wir über die alte Seite geschrieben:

Gegen die so innovative Optik der nrwspd.de wirkt es schon wie ein Rückfall in ein anderes Jahrzehnt, was den Besucher von hannelore-kraft.de erwartet. Auch wenn der Besucher persönlich von der SPD-Vorsitzenden angesprochen wird, wird er sich hier kaum gut aufgehoben fühlen. Die Seite wird dominiert von Pressemitteilungen und lieblos aufbereiteten Steckbriefen. Wenn man es nicht wüsste, käme man nicht einmal auf die Idee, dass Hannelore Kraft gerne Ministerpräsidentin von Nordrhein-Westfalen werden möchte.

Ganz im Stil der Seite der NRWSPD zeigt sich jetzt auch hannelore-kraft.de modern und freundlich gestaltet. Warum man Frau Kraft gleich zweimal auf der Startseite mit dem gleichen Foto ins Layout eingebunden hat, wird zwar das Geheimnis der Grafiker bleiben, aber das kann wenig am positiven Gesamteindruck ändern. Die praktische Bildbühne dominiert die Startseite und wird durch Meldungen, Termine und ein paar Bildverweise ergänzt.

Das wirkliche Highlight der Seite aber ist fast schon etwas schwer zu erkennen. Neben der Titelgrafik findet sich ein nicht einfach als Button zu erkennendes Bild von Hannelore Kraft in jungen Jahren, das überschrieben ist mit „Mein Name ist Hannelore Kraft. Mein Leben ist eine Geschichte aus NRW“ und zum „Kennenlernen…“ auffordert. Dahinter verbirgt sich eine wahnsinnig aufwändig und liebevoll gemachte Diashow, in der Hannelore Kraft ihre Lebensgeschichte erzählt. Mit detailverliebten Folien voller charmanter Fotos inklusive modischem Flashback stellt sich die Spitzenkandidatin dem interessierten Besucher vor. Besonders überzeugend ist, dass ihre Lebensgeschichte offensichtlich sehr gut zu ihrem politischen Programm zu passen scheint.

Mit dieser Diashow könnte ein wenig dynamisch oder interaktives Element tatsächlich die Innovation des Online-Wahlkampfes 2010 sein. Dem Nutzer eine Geschichte erzählen, ihn so für die Anliegen und Person eines Kandidaten zu begeistern ist eine viel zu gute Idee, als dass sie eher versteckt auf der Seite platziert sein sollte. Ob bei einer zukünftigen Adaption durch andere Politiker und Politikerinnen dann ausgerechnet das wenig offene Flash als Basis dafür herhalten muss (man denke nur an die ausgeschlossenen iPad-Nutzer ;-) ), wird sich wohl noch zeigen.

Warmlaufen für die Landtagswahl NRW

Noch sind es ein paar Monate bis zur Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen. Am 9. Mai werden die Bürger zu den Wahlurnen ziehen und den amtierenden Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers um seine Wiederwahl zittern lassen (so jedenfalls die letzten Umfrageergebnisse). Wir wollen auch auf diese Landtagswahl wieder ein Auge werfen und uns dabei wie im letzten Jahr auf die Online-Aktivitäten der Parteien konzentrieren. Dabei wollen wir uns in 3 Etappen die Internetseiten der Landesparteien und ihrer Spitzenkandidaten ansehen. In dieser ersten Stufe zeigen wir den Stand vor dem eigentlichen Wahlkampf.

CDU

Die Internetseiten der Partei des Ministerpräsidenten sehen modern aus. Gerade auf der Seite des Landesverbands wird dem Bürger der Weg zu den gewünschten Informationen sehr leicht gemacht. Eine große Bühne präsentiert die aktuellen Informationen, während über eine Hand voll hübsch gemachter Grafiken der Zugang zu handfesteren Infos aufgezeigt wird. Dazu gehört natürlich ein Link zur Internetseite des Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers ebenso wie die Möglichkeit zu Spenden oder Parteimitglied zu werden. Hier zeigt sich jedoch schon, dass wir auf der Suche nach den ersten Wahlkampfspuren zu früh sind. Es findet sich kein Verweis auf eine besondere Kampagne, die Kandidaten zur Landtagswahl oder das Wahlprogramm. Der modulare Aufbau der Seite wird es aber leicht machen, das in den nächsten Wochen zu ändern.

Der Ministerpräsident kommt dagegen mit seiner Webpräsenz nicht ganz so gut an. Zwar ist die Gestaltung auch frisch und übersichtlich, aber man hat dabei etwas die Nutzbarkeit vergessen. Ganz wichtig scheint den Machern der Seite gewesen zu sein, Jürgen Rüttgers als offen und dialogorientiert darzustellen. Man wird fast zur Kontaktaufnahme genötigt, so oft äußert der Ministerpräsident den Wunsch, mit dem Leser in Kontakt zu treten. Das geht soweit, dass sogar der Seitentitel im Browser nicht etwa „Jürgen Rüttgers, Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen“ lautet – sondern reichlich banal „Meine Seite ist Ihre Seite“.

CDU Landesverband NRW

Ministerpräsident Jürgen Rüttgers

SPD

Die NRWSPD, wie sich der größte sozialdemokratische Landesverband selbstbewusst nennt, hat einen unwahrscheinlich gut gemachten Internetauftritt. Die Gestaltung könnte aber schon fast etwas zu progressiv für die alte SPD sein. Dennoch, bei der Konzeption der Seite stand ganz offensichtlich die Leserfreundlichkeit im Vordergrund. Auf einer großen Bühne werden vier aktuelle Meldungen durch geschaltet, in denen ein Politikfeld, die Landesvorsitzende Hannelore Kraft, der Blog der NRWSPD und das Wahlprogramm präsentiert werden. So bietet man dem Leser vier unterschiedliche Einstiegspunkte, um sich zu informieren. Darunter erscheinen die bei jeder Partei obligatorischen Pressemitteilungen, die wohl noch kein zufälliger Besucher der Website je gelesen haben dürfte. Die rechte Seitenleiste präsentiert, ähnlich wie bei der CDU, einige Grafiken mit Verweisen auf weitere Infos. Leider doppeln sich die Zugänge aus der Seitenleiste etwas mit denen aus der oberen Bühne. Damit aber ist in jedem Fall sichergestellt, dass der Besucher auch weiß, wohin er sich wenden will.

Gegen die so innovative Optik der nrwspd.de wirkt es schon wie ein Rückfall in ein anderes Jahrzehnt, was den Besucher von hannelore-kraft.de erwartet. Auch wenn der Besucher persönlich von der SPD-Vorsitzenden angesprochen wird, wird er sich hier kaum gut aufgehoben fühlen. Die Seite wird dominiert von Pressemitteilungen und lieblos aufbereiteten Steckbriefen. Wenn man es nicht wüsste, käme man nicht einmal auf die Idee, dass Hannelore Kraft gerne Ministerpräsidentin von Nordrhein-Westfalen werden möchte.

SPD Landesverband NRW

Spitzenkandidatin Hannelore Kraft

Grüne

Die Bündnisgrünen in Nordrhein-Westfalen präsentieren sich auf ihrer Internetseite mit einer seltsamen Mischung von modernen Designelementen und einer veraltet wirkenden Grundgestaltung. Es ist wohl keine allzu gewagte Prognose, wenn man einen baldigen Relaunch vorhersagt. Inhaltlich dagegen sind die NRW-Grünen recht ansprechend aufgestellt. Die aktuellen Infos auf der Startseite prasseln nicht automatisiert und mehrmals am Tag rein, sondern scheinen von Hand ausgewählte Empfehlungen aus dem gesamten Fundus zu sein. Wie bei CDU und SPD wird auch von den Grünen die Seitenleiste für schnelle Grafiklinks benutzt, die hier hauptsächlich in Richtung Soziale Netzwerke weisen – aber auch darüber aufklären, dass die Internetseite CO2-neutral betrieben wird. Besonders bei den Grünen ein netter, augenzwinkernder Hinweis. Auch im Zuge des Relaunchs dürfte eine stärkere Themenfokussierung Einzug halten. Bisher bildet die Seite noch eher den termingehetzten Oppositionsalltag wieder und zeigt noch zu wenig auf, was man selbst besser machen möchte.

Offensichtlich in der To-Do-Liste des Grafikers einen Platz weiter oben war die Internetseite der Spitzenkandidatin Sylvia Löhrmann, die sich schon im neuen Design präsentiert. Die Website legt ganz klar das Augenmerk darauf, die Spitzengrüne als sympathisch und modern vorzustellen. Die üblichen Sozialen Netzwerke werden hier nicht nur mit einfachen Links verknüpft, sondern füttern den Inhalt der Seite teilweise mit indem Löhrmanns Linkempfehlungen aus Facebook eingebunden werden. Auch einen Blog betreibt Löhrmann auf ihrer Internseite. Doch irgendwie vermag man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass alles noch etwas zu blass bleibt. Wie der hellgrüne Hintergrund der Seite wirkt auch die Spitzenkandidatin in den unzähligen Links und Blogabsätzen wenig markant. Bei aller Kritik aber dennoch eine gut gemachte und benutzerfreundliche Internetseite.

Bündnis ’90/Die Grünen NRW

Spitzenkandidatin Sylvia Löhrmann

FDP

Den besten Eindruck von den Internetseiten der Landes-FDP und ihrem Spitzenkandidaten bieten die beiden oben stehenden Screenshots, die nahezu identisch aussehen. Bei der FDP aus Nordrhein-Westfalen wirken die Websites etwas liebloser als bei der politischen Konkurrenz, scheinen aus einem großen Baukasten innerhalb von kurzer Zeit zusammen geklickt zu sein. Da wundert es auch nicht weiter, dass der größte Teil der Startseite des Landesverbands aus Pressemitteilungen besteht, die mal mehr und mal weniger mit der bevorstehenden Landtagswahl zu tun haben. In der Seitenleiste wird es dagegen richtig modern, wenn die FDP den Entwurf ihres Wahlprogramms zur Diskussion freigibt. Eine Grafik weiter unten gelangt man zu den Sonderseiten für die Landtagswahl, bei denen man völlig überrascht sein muss. Sehr gut aufgegliedert stellt die FDP hier ihr Wahlprogramm, die Kandidaten und ihre wichtigsten Themenfelder vor. Es fehlt also scheinbar nur noch der Mut, diese so einfach angebotenen Informationen auf die Startseite zu übernehmen.

Nicht ganz so kurz ist der Weg für die Internseite des Spitzenkandidaten Andreas Pinkwart. Der Eindruck der beliebig zusammengestellten Module will hier nicht wirklich weichen. Interessiert mag man den Link „Bürgerdialog“ anklicken und wird sich dann aber über ein hingeworfenes Formular zum Hochladen eigener Videos mit Fragen an den FDP-Chef ärgern. Keine persönliche Aufforderung zum Dialog ist nur bedingt höflich und signalisiert wenig Interesse. Ein ernüchternde Eindruck, den der „Innovationsminister“ von Nordrhein-Westfalen im Internet hinterlässt.

FDP Landesverband NRW

Innovationsminister Andreas Pinkwart

Linke

Landauf landab sieht fast jede Internetseite der Linken gleich aus. Ob Landesverband oder Ortsverband, alle setzen auf das bewährte Content-Management-System der Bundespartei samt mitgeliefertem Design. Aber nun muss das nicht zwangsläufig negativ sein. Im Gegenteil, die Gestaltung wirkt aufgeräumt und einladend; bietet den Gliederungen noch genug Möglichkeiten zur Anpassung an die eigenen Bedürfnisse. Würde man sich beider NRW-Linken noch etwas von der Vorliebe für Newsmeldungen als dominierenden Inhalt entfernen, könnte man sogar von ersten Wahlkampfspuren sprechen. Scrollt man ein bischen nach unten findet man leicht den Weg zur Kandidatenliste und dem Wahlprogramm, das für so viel Diskussion sorgte.

Von einer klar benannten Spitzenkandidatur halten die Linken in NRW offenbar nicht viel. Bärbel Beuermann führt die Landesliste an, doch findet man weder eine eigene Internetseite noch wird sie auf der Website des Landesverbands besonders hervor gehoben. Naja, vielleicht möchte man sich auch einfach auf Facebook mit ihr anfreunden.

Die Linke NRW

Piratenpartei

Als klarer Außenseiter geht die Piratenpartei in Nordrhein-Westfalen ins Rennen. Doch die hohe Medienaufmerksamkeit zur Bundestagswahl und die schon fast klischeehafte Internetaffinität erlauben uns dennoch einen kurzen Blick. Stilecht wird die Parteiseite von einem Wiki betrieben, also von einer Wissensverwaltungs-Software, an der jeder Pirat mitarbeiten kann. Ob nun wirklich jeder Mitstreiter auch die Rechte hat, die Seite des Landesverbands zu bearbeiten?

Die neuen, unverkrampften Strukturen der Piratenpartei fördern mitunter auch die ein oder andere Stilblüte hervor. Der Spitzenkandidat der Piraten (Kapitän?) heißt Nico Kern und präsentiert sich im Netz nur mit seinem Wiki-Profil. Dabei trägt er sowohl hier als auch drüben bei twitter den Spitznamen „Teiler Doehrden“ und spielt damit auf den mehr chaotisch als politisch geprägten Kultfilm „Fight Club“ an. Das wirft eigentlich nur noch die Frage auf, nach welchem Kinohelden sich die anderen Spitzenkandidaten benennen würden. Ihr Einsatz, Herr Rüttgers.

Piratenpartei Landesverband NRW

Spitzenkandidat Nico Kern

Fast Forward

Einiges hat sich in der deutschen Parteienlandschaft geändert, nicht zuletzt mit der letzten Bundestagswahl. Die SPD verliert sich in einer Abwärtsspirale aus personellen Desastern und Führungskrise und zeichnet damit den Prototyp der sterbenden Volkspartei. In einer völlig unwissenschaftlichen Prognose beschreibe ich mein Bild der Parteien zur Bundestagswahl 2017.

Die CDU fuhr bei der Bundestagswahl 2013 massive Verluste ein und Bundeskanzlerin Merkel musste den Parteivorsitz genauso abgeben wie die Schlüssel zum Kanzleramt. In einem Machtkampf zwischen Vertretern einer sozialen Moderne und Apologeten des Konservativen taumelte die Partei durch 4 Jahre Opposition. Die immer älter werdenden Mitgliederschaft ist nur noch ein Schatten ihrer selbst. Die Umfragewerte für die bevorstehende Wahl 2017 sehen die Christdemokraten bei etwa 20%.

Für die SPD konnte die Regierungsbeteiligung in 2013 wenig bewirken. Immer noch fehlt der Partei die überzeugende soziale Botschaft, die Wählerinteressen vereinen könnte. Zu konsequent ist die Konkurrenz von Grünen und Linken, auch die an die soziale Merkel-CDU verlorenen Stimmen konnten die Sozialdemokraten nicht wieder gewinnen. Ein Stamm von Traditionswählern sichert der SPD mit 15% in den Umfragen des Vorwahlkampfs 2017 gerade noch zweistellige Werte. Der 15. Vorsitzende seit der Wende macht keine gute Figur in der Vorbereitung des Wahlkampfs.

Die Linke ging einen schwierigen Weg, als sich 2013 Oskar Lafontaine und Gregor Gysi aus der Parteiführung zurück zogen. Laut brach die Debatte über Demokratie und Sozialismus, über Kapitalismus und Staatswirtschaft los. Auch die Vergangenheit der PDS-Hälfte der Partei wurde vielleicht zum ersten mal richtig thematisiert. Tausende Mitglieder traten in diesen Jahren der Aufarbeitung aus der Partei die Linke aus. Doch so an der Realität geläutert erschließt sich die Partei ganz neue Wählergruppen. Für die kommende Bundestagswahl 2017 sehen Demoskopen die Linke bei 20%.

Die Grünen sind mit einer umfassenden personellen Erneuerung aus den Oppositionsjahren 2009 bis 2013 gekommen und haben als einzige Partei eine wirklich überzeugende Idee der Zukunft vorbringen können. Die grüne Zukunft als Wirtschaftsmotor und Sozialstaatsprinzip hat große Teile der Bevölkerung überzeugt. 2017 werden voraussichtlich die Grünen das erste mal den Bundeskanzler stellen, da sie in den Befragungen mit 25% sogar vor der CDU liegen und auf die flexibleren Koalitionsmöglichkeiten zurück greifen können.

Die FDP hat sich mit ihrer Regierungsbeteiligung von 2009 offensichtlich keinen großen Gefallen getan. Als die Steuergeschenke noch für kurze Freude unter den Bürgerinnen und Bürgern gesorgt hatten, war schon längst abgezeichnet, dass die Finanzierungslücke einfach zu groß ist. Das Ansehen der FDP als Partei der steuerlichen Vernunft wurde davon so nachhaltig beschädigt, dass sie heute in 2017 mit den fantastischen Forderungen der Linkspartei des frühen 21. Jahrhunderts verglichen wird. Den liberalen Themenkomplex von Bürgerrechten in Offline- und Onlinewelt hat die FDP durch ihre Zugeständnisse an die CDU nahezu unbesetzt gelassen und damit den Grünen ein Monopol darauf ermöglicht. Abgestraft von den Wählerinnen und Wählern steht die FDP in aktuellen Umfragen bei 10%.

Die 10% Stimmanteile für die immer zahlreicher werdenden kleinen Parteien sind ein deutliches Signal, dass die Parteienlandschaft bald um weitere Mitglieder ergänzt werden wird. 2009 sah es beinahe so aus, als ob die Piratenpartei als erste Kleinpartei den Sprung in den Bundestag schaffen könnte. Doch die arivierten Parteien begriffen rechtzeitig, dass es an ihnen war, die Themen Bürgerrechte und Medienpolitik überzeugend zu vertreten.

Bild: flickr lukelukeluke

Schlussspurt der Unterstützer

Die Parteien haben ihre Unterstützernetzwerke sicher nicht verheimlicht, aber den großen Funktionsumfang haben sie auch nicht gerade an die große Glocke gehängt. Nicht einmal eine Woche vor der Wahl ist es besonders spannend, einen Blick in die Onlinenetzwerke zu werfen. Wie binden die Parteien die Unterstützer in die letzte, in die heiße Wahlkampfwoche ein?

Schon beim ersten Blick in die Unterstützerseiten der großen Parteien muss man feststellen, dass eine vollständige Übersicht über deren Funktionsvielfalt unmöglich in einem Blogbeitrag gegeben werden kann. Auf unzähligen Seiten, Profilen, Foren, Kommentaren und Blogs äußern sich Mitarbeiter und Mitglieder, werden Wahlkampfaktionen geplant und politische Debatten vorbereitet. Wir wollen daher hier nur einen ganz kleinen Einblick in die Welt von teAM2009, meineSPD, mitmacharena, meine Kampagne und linksaktiv geben.

CDU: teAM 2009

teamdeutschland

Die CDU hat in ihrem Unterstützerportal teAM2009 einen Plan für die letzten Tage vor der Wahl eingestellt. Für die nächsten 4 Tage gibt es Themenschwerpunkte, für die eigene Flugblätter herunter zu laden sind. Ausführlich beschreibt die CDU ihre Ideen für die letzten 72 Stunden, die von Verteilaktion (neudeutsch: Canvassing?) über Firmenbesuche bis hin zu direkter Wähleransprache reichen. Noch verbesserungswürdig ist die Aktivierung der Unterstützer: Unter den Vorschlägen für die letzten 3 Tage findet sich keine Möglichkeit, direkt einen Ansprechpartner zu erreichen oder sich als Teilnehmer einzutragen.

SPD: meineSPD

meinespd

Auch die SPD bietet ihren Unterstützern ein umfangreiches Aktionspaket für die letzten 72 Stunden vor Schließung der Wahllokale. Allerdings werden die Ideen, die mitunter einiges kreativer als bei der  CDU sind, nur wirklichen Parteimitgliedern zugänglich gemacht und sind auch für diese nicht leicht zu finden. Dafür ist aber die PDF weit ausführlicher als die wenigen Stichpunkte im teAM-Portal. Kleiner aber feiner Detailunterschied: Während die CDU nur per Telefon herumfragen möchte, ob manche Bekannte noch nicht wählen waren, schlägt die SPD dafür Facebook und SMS vor.

FDP: mit mach arena

mitmacharena

Die FDP gibt ihren Unterstützern in der mitmacharena Aktionsideen für den „heißen Endspurt“. Auch wenn der Titel funkensprühenden Ideenreichtum vermuten lässt, die tatsächliche Auflistung bleibt blass. Aufkleber am Auto, FDP-Plakate im Wohnzimmerfenster und die üblichen Anrufe oder Besuche bei Unentschlossenen. Kreativer ist da schon die Idee, junge Wähler zu einem „private viewing“ von Stefan Raabs Sendung zur Bundestagswahl einzuladen und anschließend mit ihnen zu disktuieren. Wie bei den anderen Parteien fehlt auch bei der FDP die Möglichkeit, direkt einen Ansprechpartner oder Unterstützer zu finden.

Grüne: Meine Kampagne

meinekampagne

Die Grünen bieten in jedem Fall die optisch überzeugendste Darstellung ihrer Aktionen im Wahlkampfendspurt – und machen sie gleich ganz öffentlich. Die Unterstützer werden aufgerufen, Bekannte und Freunde mit Infomaterial per Video oder direkter Ansprache als Brief auf die Wahl hinzuweisen. Außerdem darf natürlich der Aufruf zum Telefonieren nicht fehlen. Eine besondere Aktion bieten die Grünen mit „3 Tage wach“ an. Dort werden rund um die Uhr bis zur Wahl Anfragen der Bürger beantwortet, die auf allen erdenklichen Kanälen eingereicht werden können. Ganz fortschrittlich kann man als Unterstützer mit nur einem Klick unter dem Artikel seine Teilnahmebereitschaft signalisieren.

Die Linke: linksaktiv

linksaktiv

Bei der Linken finden sich (auf den ersten Blick?) keine Anregungen für die letzten Wahlkampftage oder gar den Wahltag selbst. Die letzten „Aufgaben“ sind schon etwas älter, einzig das TV-Duell kann noch mit etwas Aktualität punkten. Statt einer wirklichen Ausrüstung mit Aufgaben scheint bei der Linken die Vernetzung der Community der wichtigere Zielpunkt zu sein. Bei keiner anderen Unterstützerseite finden sich so viele Anknüpfungspunkte für die Unterstützer. Ob das allerdings die richtige Agenda für eine Wahlkampfplattform ist, muss man wohl offen lassen.