Debate No. 1

Um 2:35 Uhr klingelte der Wecker für das erste TV-Duell im momentan laufenden US-Präsidentschaftswahlkampf. Und pünktlich um 3:00 Uhr ging es dann los. Das ZDF übertrug im Livestream zum Glück auch den Originalton-Kanal.

Über den Ausgang des Duells wurde in der Zwischenzeit schon viel geschrieben:

Die Debatte selbst ist bereits mehrfach in voller Länge bei YouTube zu finden.


Auch ich war übrigens sehr überrascht wie wenig Sicherheit Obama teilweise ausstrahlte und wie defensiv er sich im Verlauf der Debatte verhielt.  Und so war das lang erwartete TV-Duell wenig mitreißend. Wach gehalten hat mich dafür meine Twitter-Timeline.

Bereits 2008 war Twitter während der TV-Debatten ein voller Erfolg und die Kommentatoren zeigten sich erstaunt über die Second Screen Nutzung. Da Twitter damals jedoch gerade erst den Kinderschuhen entwuchs, war es nun eine spannende Frage, welche Rolle das Microblogging im Präsidentschaftswahlkampf 2012 einnehmen würde. Und so verkündete Twitter bereits im Vorfeld der Debatte eine deutliche Veränderung zum Jahr 2008.

Erwartungsgemäß war bei Twitter dann ordentlich was los. Zeitweise wurden Apps und Website sehr träge und erinnerten an alte Zeiten, da sich die Timeline immer wieder nur sehr stockend aufbaute.

Twitter hat die eigenen Daten inzwischen bereits aggregiert.

Quelle: https://twitter.com/gov/status/253755175460827138/photo/1/large

Außerdem zeigte sich wieder einmal die Schnelligkeit des Netzes. Nachdem Romney verkündete die Subventionen für den TV-Kanal PBS, der u.a. die Sesamstraße produziert, streichen zu wollen, verteidigte er sich direkt mit der Aussage „Big Bird“ trotzdem zu mögen. Die Reaktionen im Netz folgten prompt:

https://twitter.com/BlGBlRD/status/253685439003774977

https://twitter.com/BlGBlRD/status/253678954408460288

Duell zu dritt – TV-Debatte(n) in Mecklenburg-Vorpommern

Gerade ging das TV-Duell von Erwin Sellering und Lorenz Caffier zu Ende. CDU traf auf SPD, eine große Koalition durfte mit sich selbst debattieren. Die Opposition blieb außen vor, weil der NDR der Linken nicht genügend Chancen einräumt.

Aber die Linke ließ das nicht auf sich beruhen und tat noch etwas mehr, als sich zu beschweren:

„Der NDR hat aus fadenscheinigen Gründen die Teilnahme von Helmut Holter am TV-Duell abgelehnt. Nun stehen sich in dem vermeintlichen Duell die zwei Regierungspartner gegenüber, der Kandidat der größten demokratischen Opposition erhält keine Gelegenheit, seine inhaltlichen Angebote in dieser Sendung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu unterbreiten. Das finde ich nicht souverän und ich finde auch, dass der Sender damit den Auftrag des NDR-Staatsvertrags nicht erfüllt. Darum machen wir nun unser eigenes Angebot und freuen uns auf viele Zuschauer.“

Das eigene Angebot der Linken ist schon fast revolutionär. Live gaben sie ihre eigenen Antworten. Helmut Holter, dem Kandidaten der LINKEN, wurden von Gregor Gysi selbst die gleichen Fragen noch einmal gestellt. Wie lief’s?

Weiterlesen

Duell am Rhein

von Christoph Bieber

Am kommenden Montag findet in Düsseldorf das “Das Duell” zwischen Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) und der SPD-Spitzenkandidatin Hannelore Kraft statt. Veranstaltender Sender ist der WDR, die Debatte beginnt um 20.15 Uhr und dauert 60 Minuten – die Sprint-Variante wie bereits 2008 in Niedersachsen (Duell-Trivia: wer kann ohne digitale Hilfsmittel den Namen des damaligen SPD-Kandidaten aufsagen? Und welcher heutige Bundesminister ging damals im so genannten “kleinen Duell” an den Start?).

Die in der Kölner Vulkanhalle ausgetragene Diskussion wird moderiert von Jörg Schönenborn und Gabi Ludwig – warum nur stellt der WDR ein Duo an den Fragetisch? Gerade die schlechten Erfahrungen aus dem “Kanzlerduell” vom vergangenen Herbst sollte Abschreckung genug vor zu vielen Moderationsposten sein. Sicher ist, dass dadurch die ohnehin schon knapp bemessene Redezeit von Rüttgers und Kraft noch weiter reduziert wird. Es ist davon auszugehen, dass die Kandidaten von Thema zu Thema hetzen, dabei wenig Überraschendes von sich geben und die Moderation selbst dann noch störend wirkt, wenn sie nur lenkend eingreifen möchte.

Insgesamt kommt der vermeintliche Wahlkampfhöhepunkt jedoch eher unscheinbar daher – die mediale Orientierung auf ein zentrales Kampagnen-Ereignis lässt lange auf sich warten. Eine ordentliche “Debatte vor der Debatte” fand (bisher) nicht statt, wenn doch noch etwas folgt, dann wird es nur ein kleines Vorgeplänkel sein – und keine groß inszenierte Positionierung der Kandidaten als gute oder schlechte Rethoriker.

Dennoch wollen wir am kommenden Montag ein kleines Experiment durchführen – gemeinsam mit Thomas Pfeiffer (@codeispoetry) von webevangelisten.de habe ich einen kleinen Versuchsaufbau entwickelt, um möglichst viele Tweets mit debattenbezogenen Inhalten für eine unmittelbare Kommentierung sowie für eine wissenschaftliche Nachbearbeitung zu sichern. Das wichtigste Hashtag dafür dürfte #nrwduell sein, außerdem beachten wir natürlich die Namen der Teilnehmer, Parteikürzel sowie den zuständigen TV-Sender. Eine kleine Sammlung der wichtigsten Twitterthemen zur Landtagswahl ist ebenfalls in Vorbereitung.

Ein paar Fingerübungen im Umfeld der britischen Prime Minister Debates haben schon recht spannende Daten hervor gebracht, auch die zeitnahe Abbildung wesentlicher Themen und Trends scheint gut möglich. Am Montag sollen erste Ergebnisse unmittelbar nach der Debatte an der NRW School of Governance in Duisburg präsentiert werden, ebenfalls dort führt  Thorsten Faas (Uni Mannheim) eine Real-Time-Response-Messung durch. Es wird spannend sein zu beobachten, wie sich die Resultate des zweigleisigen Debatten-Monitoring ergänzen (oder auch nicht).

Das Duell am Rhein wird am Montag nicht annähernd die Dimension der britischen Debatten erreichen: während der Debattenpremiere am 15. April sammelte der Dienstleister Tweetminster insgesamt 184.396 Tweets von 36.483 Nutzern. Bei der zweiten Auflage am 22. April ging das 140-Zeichen-Aufkommen ein wenig zurück, gesichert wurden “nur” noch 142,795 Tweets (-41,601) von 28,790 Nutzern (-7,693). Diese Größenordnung führte auch zu erheblichen Reichweiten-Erfolgen der britischen Politik – während und kurz nach den Debatten erschienen die Namen der drei Teilnehmer sowie das allgemeine Hashtag #leadersdebate in den trending topics bei Twitter. Dort sind politische Themen eher selten zu Gast, europäische Ereignisse erst recht.

Auch wenn das Aufeinandertreffen von Rüttgers und Kraft bei weitem nicht die mediale Prominenz erreicht wie die Debattenserie vor den Unterhauswahlen, so wird sich auch hier der Trend zur Echtzeit-Begleitung eines wichtigen Wahlkampf-Ereignisses im Internet fortsetzen.

Dieser Beitrag erschien zuerst im Blog des Autors.

Bilder: flickr tgoldkamp und nrwspd

Live in getrennten Welten

Das TV-Duell von Angela Merkel und Frank-Walter Steinmeier wurde mit einer Flut von Nachrichten, Kommentaren und Beiträgen im Netz begleitet. Ein kleiner Überblick über Beispiele, Chancen und Gefahren der Netzkorrespondenten.

watchblog

Erstmals beteiligten sich auch Parteien und Politiker an der in Echtzeit geführten Debatte über die Debatte. Wie angekündigt nutzte die SPD zahlreiche Kanäle, um die Aussagen ihres Steinmeiers zu stützen und die von Merkel in Frage zu stellen. Im Schwarz-Gelb-Watchblog fanden sich hier kurze, aber aufschlussreiche Einwürfe zum Duell. Der hauseigene Twitter-Account wurde dagegen nur als Linkmaschine für den Watchblog benutzt und verschenkte so Potenzial. Wahlkampfchef Kajo Wasserhövel verabschiedete sich ganz aus der Online-Kommentierung, General Hubertus Heil meldete sich sporadisch. Bei der CDU war das Team Deutschland aktiv, ging aber nicht über das Bejubeln von Merkel-Aussagen hinaus. Im offiziellen Twitter-Account der Union trudelten ebenfalls nur ausgewählte Zitate ein. Seitenhiebe auf den Gegner finden sich kaum.

steffilemke

Steffi Lemke schoss für die Grünen ein regelrechtes Twitter-Feuerwerk ab und zeigte die Bissigkeit, die dem Duell der Regierenden fehlte. Auch der Parteikanal der Grünen mischte sich bei Twitter ein. Die Linke setzte mehr auf Facebook als Kommentarfeld und veröffentliche die Beiträge parallel bei Twitter. Da Facebook aber mehr Zeichen zulässt, verlor man durch die bei Twitter auf 140 Zeichen abgeschnittene Nachricht schnell die Lust am Mitlesen. Kurzentschlossen kommentierten die Jungen Liberalen dann doch noch bei Twitter mit dem Verbandsprofil und durch den Vorsitzenden. Vereinzelt äußerten sich auch Bundestagsabgeordnete der FDP.

Diverse Live-Blogs boten die wohl interessanteste Berichterstattung über das TV-Duell. Bei hingesehen.net konnte man auch ohne Fernsehgerät nah am Geschehen bleiben und der SPD-nahe Blog von Mathias Richel/Malte Welding zog zahlreiche Kommentatoren an. Der prominenteste Live-Blog kam vom ZDF, gefüllt direkt aus dem Studio in Berlin und den ZDF-Büros in Mainz. Angetreten mit 4 Live-Bloggern hätte man eigentlich während des Duells einiges mehr erwarten können. Zum Ende der Übertragung aber liefen die Experten zu Hochtouren auf und gaben früh sehr treffende Einordnungen ab.

wahlde

Tragisch war es schon fast, dass das eigentlich ambitionierteste Projekt des Abends schlicht unter den Anforderungen zusammen brach. Das Team von wahl.de hatte ein Live-Transcript auf die Beine gestellt und wollte nicht nur die Aussagen der Kandidaten direkt wiedergeben, sondern auch direkt von den Besuchern kommentieren lassen. Eine unfassbare Zahl an Zugriffen zeigte ein großes Interesse an dem Angebot, verhinderte aber gleichzeitig dessen Siegeszug. Vielleicht kann die Nachricht etwas trösten, dass auch das ZDF, Spiegel Online und Bild.de teilweise Probleme mit dem Datenverkehr hatten. Die halbe Nacht saß manbei wahl.de in Berlin noch an der Nacharbeit. Damit wird aber das Kanzlerduell-Transcript zu einem Teil der Nachbereitung des Duells und damit nicht weniger interessant. Seit heute morgen ist es komplett online und lädt zu Kommentaren ein.

Im TV kam von alldem nichts an. Das Internet schien ein Paralleluniversum zu sein. Doch ein Blick in die Kommentare hätte manche Fehler des Duells noch korrigieren können.

Vier gegen zwei

Nun folgen nach dem TV-Duell die ersten Auswertungen und eine Frage wird die Runde machen: War es nun ein Duett oder ein Duell? Ich kann mir den Sinn der Frage nicht so recht anschließen. Die Gegenüberstellung von Kanzlerin und Vizekanzler kann selbstverständlich keine so drastische Kontrastbildung hervorbringen, wie eine große Opposition. Woher also die Verwenderung über die mangelnde Agressivität?

merkel_steinmeier

Vielmehr muss man sich nach diesem Duell fragen, ob nicht eher die vier Moderatoren von Klöppel über Illner bis hin zu Limbourg und Plasberg die Debatte gebremst haben. Die Moderatoren haben nicht regelnd in die Debatte eingegriffen, sondern abseits aller Höflichkeit Gedanken unterbrochen. So tragen Illner, Klöppel, Plasberg und Limbourg mehr zu dem politikverdrossenen Ergebnis des Duells bei, als die beiden Kandidaten. Leider werden die Wählerinnen und Wähler das nach dem Duell nicht so realisieren. Für sie steht der Eindruck fest, dass Steinmeier und Merkel keine konkreten Antworten gegeben haben. Tatsächlich haben sie das aber versucht.

moderatoren

Doch gegen die vorlauten Moderatoren kamen sie kaum zum Zug. Die Themenkomplexe waren völlig verschoben dimensioniert und wurden im Galopp abgearbeitet. Wann ging es eigentlich im Duell um die Zukunft unseres Landes? Kaum ein Wort zur Bildung, kaum ein Wort zu Bürgerrechten.

Die Schwächen der Sendung findet man in anderer Abbildung auch im Internet. Die Debattenbegleitung schwächelte auf fast allen Plattformen. Während einzig der Medienhype von twitter nicht vor den Besuchermassen zusammenbrach, stürzten die Angebote von Spiegel Online, Bild.de, der Tagesschau oder dem ZDF ebenso in die Warteschleife wie das Live-Transcript von wahl.de. Doch diese Pannenbeschreibung kann eigentlich nur erfreulich sein, zeugt sie doch von einem ungeahnten Interesse der Internetnutzer an diesem eigentlich klassischen TV-Format. Die Wähler wollen mitreden, wollen sich informieren und austauschen.

Experimente online und im TV

Diese Beschreibung der Online-Debatte als Experiment kann gleich wieder zurück auf die Fernsehsendung übertragen werden. Im ewigen Kampf zwischen Parteiproporz und eitlen Sendeanstalten kann kein gewinnbringender Höhepunkt des medialen Wahlkampfs entstehen. Nicht vier Moderatoren müssen sich in Zukunft in einen Streit mit den Kandidaten stürzen, sondern zwei Kandidaten müssen miteinander streiten. Es geht um eine Verschiebung der Prioritäten hin zu einer treffenderen Debatte.

Man wird auch darüber reden müssen, ob sich Deutschland wirklich nur anderthalb Stunden Zeit nehmen möchte, um sich ein Bild von den Perspektiven machen zu können. Stefan Raab kann mit seinem „Schlag den Raab“ immerhin bis weit über Mitternacht die Zuschauer fesseln.

Bilder: ZDF