Wer hat Angst vorm schwarzen Baron?

Und schon ist es passiert, Karl-Theodor von und zu Guttenberg ist zweitbeliebtester Politiker Deutschlands und reiht sich damit direkt hinter jedermanns Liebling Merkel ein. Ein harter Schlag für Frank-Walter Steinmeier, der diesen Aufstieg Guttenbergs mit einem erneuten Verlust in der Gunst der Bürger erst ermöglichte.

deutschlandtrendEs ist eine absurde Situation, dass CDU und CSU gleich zwei Politiker in ihren Reihen haben, mit deren Arbeit die Bevölkerung zufriedener ist als mit der des SPD-Spitzenkandidaten Steinmeier. Immerhin ist Steinmeier nicht nur Wahlkämpfer, sondern auch Außenminister in der Regierung Merkel. Das Amt gehört traditionell sicher nicht zu den am meisten kritisierten im Kabinett, bleibt aber auch gerade bei erfolgreicher Arbeit oft im Hintergrund. Nicht zuletzt trifft das auf Steinmeier zu, weil sich Angela Merkel geschickt als G8- und Europakanzlerin zu inszenieren versteht. Da bleibt für den Sozialdemokraten eigentlich nur noch das Händeschütteln und Geiselkrisen bewältigen.

Harald Schoen spricht von einem Desinteresse der Bevölkerung für außenpolitische Themen, wenn diese nicht emotional präsentiert werden:„Viele Bürger schenken der Außenpolitik häufig keine allzu große Aufmerksamkeit. […] Innenpolitische Themen liegen für viele Bürger wesentlich näher. Daher gelten außenpolitische Fragen für die innenpolitische Meinungsbildung im allgemeinen und für Wahlverhalten im besonderen als nicht allzu bedeutsam.“ Zuletzt sei dies bei Gerhard Schröder anders gewesen: „Schröder gelang es offenbar, den Bürgern die Wichtigkeit des Irak-Themas vor Augen zu führen und sie dabei auch emotional anzusprechen.“ Emotionalität ist nicht gerade Steinmeiers Stärke.

Ganz anders kommt da der smarte Baron bei den Wählern an und verkauft sogar das vorsichtige Mahnen für eine Insolvenz wundersam publikumstauglich. Als scheinbar letzter Verfechter marktwirtschaftlicher Prinzipien führt er die SPD und ihre unglaubwürdigen Heilsversprechen für jedes angeschlagene Unternehmen an der langen Leine durch die Manege.

Unbestreitbar ist Guttenberg ein politisches Talent, wie es Deutschland schon seit Jahrzehnten nicht mehr gesehen hat. Er hat das ihm zur Verfügung stehende halbe Jahr als Wirtschaftsminister für einen rasanten Aufstieg genutzt. Die meisten fachlichen Entscheidungen waren, so kurz vor der Bundestagswahl, schon getroffen und die Krisen von Opel und Arcandor boten Gelegenheiten, die ihm kaum günstiger zufallen konnten. Vor nicht mal einem halben Jahr war er noch Generalsekretär der CSU, weitere 4 Monate zuvor nur einfacher Bundestagsabgeordneter aus Franken. Und jetzt? Heute sprechen ihm bereits die ersten Gönner die Möglichkeit zu, eines Tages deutscher Bundeskanzler zu werden – die WELT sieht in ihm glatt einen kleinen Obama.

Dabei steht Guttenberg nicht wie Obama für einen inhaltlichen Wechsel, für eine Idee und deren Verwirklichung mit aller Kraft. Guttenberg repräsentiert vielmehr einen Charakterzug der CSU, den manche wohl als Wetterwendigkeit bezeichnen würden, andere als Flexibilität oder Anpassungsfähigkeit. Es kann niemanden verwundern, dass es der junge Baron war, der jüngst den Apologeten für eine schwarz-grüne Annäherung auch auf Bundesebene spielte.

Auf sonderbare Art und Weise wirkt der bayrische Baron dabei ein bisschen wie Gerhard Schröder, der als pragmatischer Politiker und gekonnter Dompteur der Medienlandschaft ebenfalls nicht für große Hoffnungen stand.

Es ist nur ein halber Obama, den unser Wirtschaftsminister darstellen kann. Ein Obama, von dem man Idealismus und Visionen einfach abzieht, der aber mit dem verbleibenden Charisma und seiner Überzeugungskraft immer noch alle überragt.

Aber wäre es nicht gerade die andere Seite Obamas, die Deutschland jetzt bräuchte?

Bilder: flickr Michael Panse MdL, ARD Deutschlandtrend

Glos und die Kanzlerin

Michael Glos war wohl in seinem Amt nie wirklich zu Hause, konnte sich nicht mit der Arbeitsweise im Kabinett von Angela Merkel anfreunden. Seine jetzige Selbstdemontage aber wird auch durch dieses Vorwissen nicht mehr verständlich.

Seine Handlungsweise zeugt von einem zumindest fragwürdigen Verständnis von Kabinettsordnung und mangelndem Respekt vor der Kanzlerin. Sein Rücktrittsangebot stellte Glos nämlich nicht, wie es die Ordnung verlangt hätte, an Angela Merkel, sondern sandte den Brief gleich nach München in die CSU-Parteizentrale. Warum aber kann die kleine bayrische Partei über ganze Ministerämter verfügen? Gehört dies nicht eigentlich zu den Befugnissen des Bundeskanzleramts? Offensichtlich war Michael Glos sich dieser Tatsache nicht bewusst, oder aber – und das ist wahrscheinlicher – konnte die unterschwellig vermittelte Botschaft seiner so ausgedrückten Missachtung nicht abschätzen.

Dabei hat sich Angela Merkel in den vergangenen Monaten der CSU gegenüber durchaus loyal verhalten und hat im Vorfeld der für die Bayern denkbar knappen Europawahl Bereitschaft gezeigt, die Christsozialen beim Kampf um den Einzug ins Europarlament zu unterstützen. Zuletzt lies sie doch gar verlauten, sie könne sich nach der Bundestagswahl selbstverständlich auch Steuersenkungen vorstellen und gab somit einer mit gewohnter Penetranz vertretenen CSU-Forderung statt.

Im Interesse Horst Seehofers dürfte die Brüskierung der Kanzlerin wohl auch kaum gelegen haben. Natürlich, er versucht mit harten Forderungen das Profil der CSU gegenüber der großkoalitionären Schwesterpartei zu schärfen und spielt damit nebenbei noch den eigentlichen Programmatiker der CDU, die den noch relativ weit entfernten Wahlkampf im Sinne einer funktionierenden Zusammenarbeit mit der SPD noch nicht aufnehmen kann. Seine bundesdeutschen konservativen Freunde aber wirklich zu bedrängen oder ihnen gar respektlos gegenüber zu treten, das würde Seehofer nur schaden.

Es ist kein Geheimnis, dass die CSU als regierungsbeteiligte Fraktion Anspruch auf ein Ministerium hat und die zu besetzenden Posten auch weitgehend autonom vergibt. Alle anderen Parteien gehen natürlich ebenso vor; Merkel wird wohl kaum der SPD-Parteiführung Olaf Scholz als Müntefering-Nachfolger nahe gelegt haben. Die Tatsache also, dass Fraktionen ihre Ministerien selbst besetzen, ist ein völlig normaler Vorgang. Die Berufung und Abberufung der Minister allerdings ist und bleibt Kompetenz der Kanzlerin. Warum nun schrieb Michael Glos die scheinbar falsche Adresse auf das Couvert?

Zum einen ist Michael Glos wohl tatsächlich einfach amtsmüde und möchte angesichts der nahenden Bundestagswahl seiner Partei die Möglichkeit geben, einen schlagkräftigen Kandidaten für das Amt des Wirtschaftsministers aufzubauen. Ob dieses Manöver so überhaupt Sinn macht und ob Karl-Theodor von Guttenberg dafür der richtige Kandidat ist, darf jedenfalls bezweifelt werden.

Dazu scheint Michael Glos aber auch in seiner dreijährigen Amtszeit als Minister sein zuvor so bewundertes politisches Feingefühl verloren zu haben. Die Situation, in die er Merkel und Seehofer warf, ist für beide mehr als unangenehm. Seehofer wurde von dem Angebot, über das Wirtschaftsministerium disponieren zu können, vollkommen überrascht und gab als erste Reaktion seine Unterstützung Glos’ bisheriger Arbeit zu verstehen. Dennoch müsse er erst einmal in die Staatskanzlei und das Schreiben überhaupt lesen. Die Zeitungen und Nachrichtenagenturen meldeten zuerst eine Ablehnung des Gesuchs, einen Tag später aber die Nominierung Guttenbergs. Von Macht und Rückhalt in seiner Partei zeugt die Überraschtheit Seehofers nicht.

Angela Merkel dürfte sich in den vergangenen Tagen daher zu Recht über ihren bayrischen Koalitionspartner gewundert und geärgert haben. Handlungsspielraum allerdings hatte auch sie nicht, konnte ja schlecht das nicht an sie gerichtet Rücktrittsgesuch annehmen.

Besonders vor der Perspektive der anstehenden Wahlen sind das Besorgnis erregende Tendenzen in der Union, die die Öffentlichkeit mit wachsender Spannung verfolgen wird. Angela Merkel tut vielleicht gut daran, die CSU auch mal wieder in die Schranken zu verweisen und sich nicht auch noch in diesem Konflikt ein weiteres Mal entscheidungsarm zu präsentieren.

Die Selbstzerfleischung der CSU

Ohne Zweifel, 43 Prozent sind für die CSU ein unterirdischer Wert. Und auch der absolute Verlust von 18 Prozentpunkten ist nicht schön zu reden. Am Montag nach der Wahl sah es kurzzeitig so aus, als kehre der Verstand in die Führungsköpfe der CSU zurück, als die Herren (und Dame) geschlossen verkündeten, man werde bis zu einem für den 25. Oktober anberaumten Sonderparteitag keine voreiligen Personalentscheidungen treffen. Es sah so aus, als würde die CSU alle Hysterie beiseite lassen, das Wahlergebnis nüchtern, aber schonungslos analysieren und dann in Ruhe die erforderlichen, auch die personellen Konsequenzen ziehen.

Nichts von dem passierte, wie es aussah. Am Dienstag morgen verkündete Parteichef Huber seinen Rücktritt, Seehofer sprang gleich in die Bresche. Immerhin ist er ja Stellvertreter mit überwältigendem Wahlergebnis. Na gut, dachte man sich, da wird wohl Huber ausgetauscht, vielleicht tut es ja dem Prozess gut. Doch als wären sie von allen guten Geistern verlassen, chassen die Bayern auch noch ihren Ministerpräsidenten Beckstein. Sicherlich, gerade Beckstein und Huber kommt ein Hauptteil der Verantwortung zu. Doch warum unbesonnen und voreilig Könige morden, wenn man doch die gerechte und endgültige Abrechnung legal auf dem Parteitag hätte vornehmen können.

Manche werden diese Eile auf die Notwendigkeit einer Regierungsbildung zurück führen. Doch falls dies wirklich der Grund gewesen sein sollte, verstehe ich das Datum des Sonderparteitages 4 Wochen nach der Wahl nicht. Wie schwer beschäftigt sind denn die Bajuwaren, dass sie sich nicht einmal zur notwendigen Zäsur nach dem so viel zitierten Erdrutsch einfinden können, ohne einen Monat verstreichen zu lassen?

Die TAZ manipuliert Wahlen

Taz manipuliert die bayrische Landtagswahl.

Für jedes Prozent das die CSU bei der Landtagswahl 2008 unter 50% der Stimmen bleibt, lesen Sie die taz einen Monat gratis.

Optimistische Hochrechnung:

38% CSU – 1 Jahr taz gratis.

35% CSU – 15 Monate taz gratis.

Gefunden in der TAZ vom 25. September, ebenfalls zu finden online auf taz.de.

Die unanständigen Bayern

Ein äußerst interessantes Interview war in der letzten Woche in der Passauer Neuen Presse (bzw. auf deren Website) zu verfolgen: Der bayrische Ministerpräsident Günther Beckstein stellte sich den Fragen der Passauer Redaktion.

Die erste Fangfrage bewältigte er noch relativ souverän:

„Herr Ministerpräsident, heute bekommen Bayerns Schüler ihre Zeugnisse. Welche Noten geben Sie sich knapp zwei Monate vor der Landtagswahl?“

Beckstein: „Ich gebe mir eine Zwei plus. Und ich werde mich weiter anstrengen, damit die Wähler mir eine Eins mit Stern geben.“

Doch schon einige Zeit später stolperte Beckstein über folgende Frage:

„Die CSU geht mit 48 und 50 Prozent wieder einmal durchs Umfrage-Fegefeuer. Experten wie Professor Heinrich Oberreuter sagen, die CSU müsse aufhören, auf die 50 Prozent zu starren wie das Kaninchen auf die Schlange, sie werde in Zukunft dauerhaft unter 50 Prozent liegen. Teilen Sie diese Prognose?“

Beckstein: „50 Prozent zu erreichen, ist immer schwer. Es gibt außer uns keine Partei in Deutschland, nicht einmal in Europa, die sich dieses Ziel setzt. Unser Ziel ist, eine echte Volkspartei zu sein, dass CSU und Bayern gleichgesetzt werden. Ein anständiger Bayer wählt CSU – das streben wir auch in Zukunft an. Es gibt eine Sonderstellung Bayerns in Deutschland: Wir sind ein eigenständiges Land, und die CSU ist eine eigenständige Partei. (…)

Und ungewollt spielte er damit der gesamten politischen Konkurrenz in die Hände:
So kamen prompte Reaktionen vor allem von SPD und FWG (Zusammenfassung bei polixea-portal.de).

Dazu bewies die SPD Reaktion und Schnelligkeit und baute Becksteins Fehltritt hurtig in ihren Wahlkampf ein.
Wenn das mal nicht unanständig ist…