Was Piraten von der Causa Mack halten

Schon interessant, wie die Piraten aus dem Main-Kinzig-Kreis sich zum Streit und zur Position Daniel Mack positionieren. Im Interview mit GNZ-Redakteurin Esther Ruppert-Lämmer sagten sie:

Thema Politik 2.0: Der unbedarfte Beobachter könnte nach den Schlagzeilen um den ehemaligen Grünen-Fraktionsvize Daniel Mack den Eindruck gewinnen, bei „Twitter“ handele es sich vorrangig um ein erstklassiges Diffamierungsinstrument, das dazu dient, den politischen Gegner – manchmal auch innerhalb der eigenen Reihen – bloßzustellen. Wie viel Porzellan hat Mack zerschlagen, und was wollen die Piraten in der politischen Kommunikation im Netz besser machen?

Praschak: Twitter ist erst mal nur ein Kommunikationskanal. Herr Mack hat durch sein gesamtes Handeln, egal ob im Internet oder im „Real-Life“, den jetzigen Punkt erreicht. Die destruktive Kritik an der Dezernentenwahl war nur ein Anlass. Wir haben seine arrogante und teils falsche Art ja selbst erleben dürfen. Durch Löschen von Tweets oder das nachträgliche Ändern von Blog-Beiträgen kommt es zum Drehen an der Täter-Opfer-Rolle. Er gaukelt so falsche Tatsachen vor und blendet die Öffentlichkeit. Was er macht, ist keine Politik 2.0, das ist das Verhalten eines Trolls. Er nutzt das Netz und seine mediale Reichweite nur, um sich selbst darzustellen.

Waller: Ob wir Piraten besser kommunizieren können und die aufgeworfenen Fragen oder Ideen annehmen können, müssen die Bürger bewerten. Unsere Grundidee ist aber ein konstruktiver Dialog, der sich aus dem Gedanken der sogenannten Schwarmintelligenz speist. Gemeinsam sind wir stark. Wobei wir natürlich auch nicht mit Kritik sparen, wo sie angebracht ist, auch innerhalb der Piraten. Blockieren von kritischen Nutzern auf Twitter oder das Sperren von politisch unliebsamen Kommentaren, wie Herr Mack das gerne macht, wird es so bei uns aber nicht geben.

Mir kommt’s vor, als hätte ich das so oder so ähnlich schonmal irgendwo gelesen

[via Chris Albrecht]

#OurSpeech: Crowdsourcing einer Rede

Gastbeitrag von Dr. Erik Meyer

Die demokratische Abgeordnete Maxine Waters hat gestern im US-Kongress die erste Rede gehalten, die per Crowdsourcing kompiliert wurde. Mitte Oktober reagierte Waters auf die ihr im Kontext von Obamas Job-Initiative sowie den Occupy-Wall-Street-Protesten durch soziale Medien übermittelten Befindlichkeiten von Bürgern und kündigt folgendes an:

„Therefore, during the week of October 24th, I will read a speech on the floor of the U.S. House of Representatives (#ourspeech), composed entirely of your words in posts from my Twitter and Facebook feeds that you post between now and Sunday midnight.“ (Pressemitteilung)

Das Ergebnis von Einsendungen einerseits und Auswahl andererseits kann sich sehen lassen:

Das politische Patchwork erschließt sich in der schriftlichen Dokumentation der Rede, in der die Beitragenden genannt werden (Auszug):

Sicher funktioniert die Vorgehensweise vor allem als intelligente PR-Maßnahme. Aber immerhin findet hier überhaupt eine weitergehende Auseinandersetzung mit den Kommentaren statt, die mittels sozialer Medien an Politiker herangetragen werden. Die normale Situation ist doch, dass die Nutzer dieser Angebote dort zwar Dampf ablassen können, die Äußerungen den Adressaten allerdings nicht erreichen. Von einer systematischen Auswertung oder gar einem feedback ganz zu Schweigen. Insofern stellt #OurSpeech eine durchdachte Ausnahme in Sachen community management dar.

Der Artikel erschien zuerst im Blog des Autors.

Die Twitterüberraschung

Als Peter Altmaier (Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag) am 25. September seinen ersten Tweet als @peteraltmaier abschickte, schlug dies in netzpolitischen Kreisen ein wie eine Bombe. Nach @RegSprecher Steffen Seibert also die zweite politische Twitter-Überraschung in diesem Jahr.

Für die FAZ hat Peter Altmaier jetzt eine Chronologie erstellt, die seinen Weg zum selbsternannten „Dauertwitterer“ beschreibt. Ein wichtiges Ereignis war demnach seine Teilnahme an der inzwischen fast schon legendären Talkshowrunde bei Anne Will, wenige Tage nach der Abgeordnetenhauswahl in Berlin.

„Mittwoch, 21. September: Bei Anne Will in der Talkshow zum Wahlerfolg der Piraten. Christoph Lauer von den Piraten hat ein Heimspiel: Drei Viertel des Publikums sind junge, höfliche und begeisterungsfähige Piraten. Wo sie plötzlich herkommen, ist ein Rätsel. Ich denke an Twitter und Facebook, und ich habe eine Ahnung.“

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Wenn es doch bloß um Twitter ginge…

Seit einem Monat schwelt jetzt im Main-Kinzig-Kreis der vermeintliche Twitter-Streit um Daniel Mack und die grüne Kreistagsfraktion. Worum es eigentlich geht, hat man inzwischen schon fast vergessen. Das ist auch richtig so, denn in der Debatte geht es nicht um eine Twitter-Nachricht. Es geht nicht wirklich darum, ob man als Kreispolitiker twittern darf. Es geht um Misstrauen und persönliche Abneigung. Und damit um ein Phänomen, das so alt ist wie Politik selbst.

Eigentlich ging es um die Dezernenten-Wahl von Matthias Zach im Main-Kinzig-Kreis. Daniel Mack hatte hier via Twitter Bedenken über ein etwas seltsames Prozedere geäußert. Seine Fraktion sah das anders und ärgerte sich über die öffentliche, abweichende Äußerung Macks als Co-Fraktionsvorsitzendem. Was sich aus dieser Meinungsverschiedenheit mittlerweile entsponnen hat, ist nichts anderes als absurd. Der Fraktionsvorstand forderte Mack auf, entweder das Twittern einzustellen oder von seinem Posten als Co-Fraktionsvorsitzender zurück zu treten. Die Bedingung wollte der nicht akzeptieren und trat von seinem Posten zurück – jedoch nicht, ohne dem Vorstand „ZK-Methoden“ vorzuwerfen. Mittlerweile waren schon die Medien informiert und stürzten sich auf die Geschichte. Spitzengrüne aus Landes– und Bundespolitik boten ihre Vermittlung an. Aber gerade als es so aussah, als würde sich alles wieder beruhigen, ging die Situation auf die nächste Eskalationsstufe über. Der Fraktionsvorstand akzeptierte nicht den Rücktritt Macks, sondern wählte ihn ab. Wieder einige Tage später äußerte sich Mack dazu und behauptete, die Abwahl sei nicht gültig, weil Formalia nicht erfüllt worden seien. Er sehe sich daher noch im Amt.

Und jede neue Stufe des Streits wurde von immer größerer Medienpräsenz begleitet – die taz, die BILD, hr-online, politik&kommunikation. Mit der Arbeit im Landtag, so scheint es, sind die Grünen in Hessen mittlerweile weniger in den Medien präsent, als mit dieser unsäglichen Geschichte.

Dabei wäre es so einfach gewesen. Man hätte als Grüne Parteifreunde miteinander reden können, für Verständnis für die eigene Position werben können und dann einen Kompromiss miteinander schließen können. Man hätte sich eingestehen müssen, dass es nicht um Twitter als Medium ging, sondern um eine Stilfrage der öffentlichen Meinungsäußerung. Vermutlich hätte es doch mehr Ärger für Mack gegeben, wenn er sich in der Lokalzeitung genau so geäußert hätte wie zuvor auf Twitter. Stattdessen war man im Main-Kinzig-Kreis nicht in der Lage, den Kern des Problems zu erfassen. Man versteifte sich auf das Medium. Anstatt miteinander über die Äußerung selbst zu reden, redete man gar nicht miteinander, sondern stellte die Twitter-Nutzung an den Pranger.

Aus kleinkindlicher Empörung, kommunikativem Unvermögen und charakterlicher Schwäche hat man so ziemlich jeden Ausstiegspunkt aus der Debatte verpasst. Man ist miteinander umgegangen, wie es sich im zwischenmenschlichen Miteinander nicht gehört – schon gar nicht unter Parteifreunden. Und man hat damit der Partei dauerhaften Schaden zugefügt.

Ob sich die Protagonisten eigentlich irgendwann einmal fragen, ob es das wert war?

Abgeordneten-Anrufe via Twitter

Barack Obama ist schon seit Beginn seiner Amtszeit sehr gut darin – übrigens wie andere Präsidenten vor ihm auch – seine Unterstützer auch innerhalb der Legislaturperiode weiter zu mobilisieren. Ein wichtiges Gesetz muss durch den Kongress? Na, dann lassen wir unsere Unterstützer doch einfach in den Abgeordnetenbüros anrufen. Beim hundersten Klingeln haben sie bestimmt irgendwann genug und geben klein bei. So der Gedanke.

Unabhängig davon, was wohl die Mitarbeiter der Abgeordneten davon halten, bindet das Unterstützer sehr stark aktiv ein. Sie müssen sich überzeugen, dass das Ziel gut und richtig ist – oder dem Präsidenten schlicht vertrauen. Und mit ihrer eigenen Zeit und Kraft setzen sie sich dafür ein. Welcher Kampagnenmanager träumt nicht davon.

Jetzt geht das alles noch einfacher: Mit „Tweet for Jobs“ hat die Obama-Kampagne ein Werkzeug geschaffen, dass erstmals im großen Stil auf Twitter setzt, um die Abgeordenten zu belästigen überzeugen. Mittels Geosuche oder altmodischer Adresseingabe findet das Werkzeug den richtigen Abgeordneten und schlägt dann direkt einen Text für die Kurznachricht vor. Zum Beispiel:

„I’m one of your constituents, and I’m urging you to pass the American Jobs Act now to strengthen our economy. #passthebill“

Anschließend kann man nach einer kurzen Authentifizierung den Tweet direkt über die Plattform absetzen. Ein weiterer Vorteil des Twitterns ist übrigens, dass man den Erfolg der Aktion live nachverfolgen kann. Bisher ist unter dem Hashtag #passthebill jedenfalls noch nicht viel los…