Wahlprogramme 2009

Dialogbereitschaft der Parteien findet man nicht im Onlinewahlkampf 2009 und man hat sich schon damit abgefunden. Aber die Parteien scheitern im Netz schon daran, den Wählern von oben herab zu erklären, wofür sie eigentlich antreten.

Obwohl nicht mehr viele Wochen bis zur Bundestagswahl bleiben, scheinen die Parteien selbst ihre Wahlprogramme verstecken zu wollen. Mitten im Wahlkampf erwartet man doch einen Verweis zu den Wahlprogrammen, der prominent auf der Startseite platziert ist – doch man muss sich in einigen Fällen erst mühsam durch die halbe Internetseite klicken.

Programme nur als PDF

Leider haben die Parteien auch nicht aus den letzten Wahlen gelernt. Weiterhin sucht man vergeblich nach visualisierten oder zumindest zusammengefassten Wahlprogrammen. Stattdessen bietet man den Nutzern nur die üblichen nutzerunfreundlichen Komplettprogramme in pdf-Form.  Immerhin bieten die meisten Parteien wenigstens eine Auflistung ihrer wichtigsten Ziele an. Mal in Form einer Top 8, mal als Top 10. Die Linkspartei sowie die Piratenpartei sind die einzigen, die ihre Wahlprogramme auch in html anbieten und damit den Zugang insgesamt erleichtern.

Eine Besonderheit bietet die FDP an, die in einer Synopse die Wahlprogramme der fünf großen Parteien gegenüber gestellt hat. Das macht das Vergleichen immerhin ein bischen einfacher, auch wenn man sich durch 67 eng beschriebene Seiten arbeiten muss.

Um zumindest den Suchprozess zu vereinfachen listen wir im folgenden die Wahlprogramme von CDU, SPD, FDP, Bündnis90/Die Grünen, Linkspartei und Piratenpartei. Als Veranschaulichung haben wir von allen Parteiprogrammen Wortwolken erstellt. Um die zentralen Inhalte der Programme darzustellen, haben wir Kopf- und Fußzeilen entfernt und den reinen Text bei wordle nach seiner Gewichtung sortieren lassen.

CDU

cdu

Das Wahlprogramm der CDU als
PDF (2,5 MB) | In 10 Punkten

SPD

spd

Das Wahlprogramm der SPD als
PDF (0,5 MB) | In 8 Punkten

FDP

fdp

Das Wahlprogramm der FDP als
PDF (0,3 MB) | Video

Bündnis 90/Die Grünen

Grün

Das Wahlprogramm der Grünen als
PDF (1,2 MB) | In 10 Punkten

Linkspartei

linke

Das Wahlprogramm der Linken als
PDF (0,3 MB) | Internet

Piratenpartei

piraten

Das Wahlprogramm der Piraten als
PDF (0,4 MB) | Internet

Wahlplakate 2009

Nur noch anderthalb Monate sind es bis zur Bundeswahl und allmählich haben alle Parteien ihre diesjährigen Wahlplakate vorgestellt. Auf homopoliticus.de finden sich alle Plakatmotiven von CDU, SPD, Grünen, FDP und der Linken mit einer Analyse von Achim Schaffrinna.

Interessant ist die Verteilung von Themen- und Personenwahlkampf unter den Parteien. Die Kanzlerinnenpartei CDU stellt ihre beliebten (und manche unbeliebtere) Spitzenpolitiker rund um Angela Merkel auf. Die SPD setzt dagegen auf einen Themenwahlkampf für Frank-Walter Steinmeier, der als einziger Spitzensozialdemokrat ein eigenes Plakat erhält. Auf der anderen Seite des Spektrums setzen die Grünen durchweg auf Inhalte und werfen mit einer schon unüberschaubaren Menge an Forderungen um sich. Wer soll bei 11 Themenplakaten noch durchblicken? Die Spitzenkandidaten Trittin und Künast jedenfalls fehlen auf den Plakatmotiven (Update: Mit Dank an Till Westermayer haben wir die Personenplakate der Grünen eingefügt). Den ausgewogensten Mix zwischen Themen und Köpfen zeigt die Linkspartei, die Lafontaine und Gysi mit gleich 4 Motiven prominent neben den 6 Themenplakaten positioniert.

Für uns kommentiert Achim Schaffrinna vom Design Tagebuch die Gestaltung der Wahlplakate 2009. Vielen Dank dafür.

CDU

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Die gestalterische Qualität zeigt sich in vielen Bereichen. Das Farbkonzept ist ausgereift. Blaue Töne schaffen Vertrauen, die dank der türkisfarbenen Akzente, die mal dezent und mal stärker gesetzt sind, keine Schwere und keine Trägheit verkörpern, sondern eine lebendige Frische ausstrahlen. Orange als fester Bestandteil des Corporate Designs der CDU ergänzt das Konzept. Der variable Aufbau und die Ausrichtung der typografischen Elemente unterstreicht diese Lebendigkeit, die man in der hier gezeigten Galerie wunderbar veranschaulicht sieht. Bei der Typografie fiel die Wahl – trotz eigener Hausschrift („CDU Kievit“) – auf die Helvetica, die bauchiger ist und weiter läuft. Der enge Zeilenabstand in Kombination mit Großbuchstaben lässt die Plakate zeitgemäß erscheinen. Das Besondere an den Plakaten ist, dass sie nicht in Baukastenmanier entstanden sind – also anderer Kopf rein > neue Überschrift > fertig – sondern ausgehend von der Fotografie jeweils eine individuelle Anordnung von Text und Bild geschaffen wurde. Einzig das CDU-Logo ist als feste Konstante stets rechts unten eingebunden. Die Fotos selbst sind allesamt Momentaufnahmen und keine Porträts. Auch das unterscheidet sie von den Mitbewerbern. In Photoshop wurde nachträglich hier ein Blendenfleck und da ein Weichzeichner angelegt um den Eindruck des Flüchtigen zu unterstreichen. Das Konzept hinter den Plakaten lautet: Natürlichkeit ist Trumpf.

Fazit: Tolle Arbeit. Feine Plakate. Würde man nicht eine Partei wählen, sondern die Gestaltung der Plakate, wäre dies mein Favorit.

SPD

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Nach der mutigen, gestalterisch einzigartigen und von einigen Seiten kritisierten SPD-Kampagne zur Europawahl fallen die Plakate zur Bundestagswahl doch eher gewöhnlich aus. Aufmacher der Plakate sind Textbotschaften, die in imposanter Größe und Stärke, gesetzt in der SPD-Hausschrift „TheSans“, auch bei schneller Vorbeifahrt noch aufgeschnappt werden können. Die Aufbereitung eines Informationskonzentrats, dass leicht konsumiert werden kann, ist ein tragendes Moment solcher Wahlwerbeplakate. Statt Köpfe werden Gründe präsentiert, die sich die Bundespartei vielleicht vom Oberbürgermeister von Hannover Stephan Weil „abgeguckt“ hat. Neben der rein typografischen Serie, gibt es eine Linie, in der Menschen wie du und ich „ihren“ Grund benennen. Gutausehend sind sie. Die Attraktivität der abgebildeten Menschen soll bestenfalls in Form eines Image-Transfers auf die Partei abfärben. So jedenfalls die Philosophie hinter der Testimonial-Idee. Die Fotos sind inszeniert, wirken aber natürlich.

Fazit: Handwerklich gibt es nichts zu bemängeln. Das lässt sich auch zum Corporate Design der SPD sagen, obwohl ich mich immer noch mit dem neuen 3D-Logo der SPD schwer tue. Gestalterisch können sie nicht an die provozierende EU-Serie anknüpfen.

FDP

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Einheitskost par Excellence! Diese Art der Wahlwerbung kennen wir seit Jahrzehnten und nehmen sie kaum noch zur Kenntnis. Da hilft auch das schreiende Gelb nicht. Ein Lächeln für die Kamera. Die Deutschlandfahne dezent im Hintergrund und eine, teils schlecht gesetzte Überschrift. Das ist stereotyp, abgegriffen und ebenso einfallslos wie die Botschaft „Mehr Netto vom Brutto“. Im Plakat von Otto Solms steht das gelb gesetzte „besser“ auf gelbem Untergrund. Oh wei. Liebe FDP-Plakat-Gestalter, das geht deutlich besser. Bitte denkt doch an die Menschen, die die Botschaften lesen sollen.

Fazit: Die Gestaltung, soviel lässt sich ablesen, ist kein Schwerpunkt der FDP. Sie liefert mit weitem Abstand das konservativste Angebot zum Thema Wahlwerbung.

Grüne

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Nachdem WUMS gestalterisch eher nach hinten los ging, sind die Grünen wieder näher bei sich, wie ich meine. Die Plakate sind im rohen Graffiti-Look angelegt. Natürlich geht heute keiner mehr mit der Sprühdose los. Mit entsprechender Werkzeugspitze werden Schriftzüge und Bildelemente detailverliebt in Photoshop erstellt. Das ist handwerklich gekonnt. Ganz bewusst werden Schablonenkanten mit der Maus gesetzt, um den Eindruck zu vermitteln, man sei wild, rebellisch und authentisch. Street-Art ist ganz nah bei den Menschen. Das steckt hinter dem Konzept. Ich finde es gar nicht verwerflich, dass sich hier keiner die Finger mit Farbe schmutzig gemacht hat sondern nur der Anschein erweckt wird, man hätte die Wände besprüht. Der Aufbau nutzt, anders als SPD, FDP und Die Linke, keine Schablone. Man möchte meinen, je nach Lust und Laune wurden bildhafte Elemente und knackige Begriffe arrangiert. Grün, Gelb, Rot, Blau und Magenta erzeugen ein buntes Miteinander. Passt ja durchaus zu den Vorstellungen der Partei in Bezug auf das Zusammenleben von Menschen.

Fazit: Die Grünen präsentieren ein Design, das passt. Hinter der Unordnung steckt handwerkliche Akribi. Wer allerdings grundsätzlich die Partei nicht mag, dem wird vermutlich auch das Spröde und das Rohe in der Gestaltung nicht zusagen.

Die Linke

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Die Schriftart Helvetica findet sich bei der CDU und auch bei den Linken. Wohl eine der wenigen Gemeinsamkeiten der Parteien. Allerdings sieht man sie bei den Linken in einer sehr eng gestellten Form, die natürlich den Vorteil hat, dass man auf kleinem Raum viel unterbringen kann. Die Farbkombination Schwarz, Weiß, Rot ist alles andere als politisch unbelastet. Die schwarzen Lettern, in Kombination mit der scharf abgesetzten roten und weißen Fläche, wirken nicht nur nicht frisch und wenig natürlich, sie erscheinen aggressiv. Das Ausrufezeichen hinter jeder Überschrift ist gar nicht notwendig. Die Gestaltung selbst unterstreicht jede einzelne Forderung. Insofern ist es eigentlich eine gute Gestaltung, mögen muss man sie aber deswegen nicht. Stilistisch ist sie mir einfach zu hart, zu kompromisslos. Gerade die Bereitschaft zu Kompromissen zeichnet die Politik aus. Den Fotografien wiederum fehlt jede Stringenz und jeder Biss. Mal hängt die Unterlippe von Gisy schief und mal blickt Lafontaine offenbar vollkommen geistesabwesend in die Kamera. Das sind dann auch die einzigen Köpfe, die bei der Linken gedruckt wurden. Die anderen lassen ihren Hintern ablichten.

Fazit: Laut und wuchtig ist die Gestaltung. Hier werden keine feinen Töne angeschlagen. Auch wenn man den Stil nicht mag, so ist die Ausarbeitung der Plakate immer noch präziser als das Werk der FDP.

Soweit der Blick als Gestalter auf die Wahlplakate zur Bundestagswahl 2009. Ich fands spannend die Plakatserien der Parteien im Umfeld von Homo Politicus kommentieren zu dürfen. Überraschend ist für mich, dass die CDU in Bezug auf die Gestaltung gar nicht mal so konservativ erscheint, wie es ihrer Programatik entspricht. Sie gibt sich optisch jung, frisch und zeitgemäß. Die Grünen und die SPD liefern ansprechende Lösungen. Die Linke poltert in ihrem Erscheinungsbild und die FDP hat den Anschluss verloren und dümpelt im Design von gestern.

Achim Schaffrinna ist Diplom-Designer und Autor des Fachblogs Design Tagebuch. Lange Zeit im Agenturumfeld, arbeitet er heute als Leiter Design bei Madsack Online in Hannover und betreut dort seit Juni 2009 die digitalen Angebote des Verlagshauses Madsack.

Fotos: cdu.de, wahlkampf09.de, fdp.de, gruene.de, die-linke.de

Erklärt mir den Weg aus der Krise

Aus der Krise hilft nur grün – mit dieser Kampagne gehen die Grünen in den Bundestagswahlkampf. Meine erste Reaktion war freundlich formuliert zurückhaltend. Aus der Krise hilft nur grün? Also erst mal haben wir ja nicht nur eine Krise. Und wie soll Grün jetzt da raus helfen? Und was genau ist grün überhaupt?

850b3185a7eb5139e887Interessanter wird der Blick auf die grüne Kampagne, wenn man sich die Themenplakate ansieht. Man kann sich über das etwas überzeichnete Retrodesign der Illustrationen wundern, aber „Klimaschutz wirkt!“ mit einem Helm auf einer Sonne zu symbolisieren, das ist gute Werbung. Nicht nur, dass die Botschaft leicht verständlich ist, das Plakat kommt auch noch mit zwei Worten und zwei Symbolen aus und ist somit auch aus der Ferne noch wirksam. Leider geht der Slogan „Aus der Krise hilft nur Grün“ als verbindendes Element etwas unter.

In jedem Fall funktioniert der Slogan „Aus der Krise hilft nur grün“ schon weit besser als das, was die Grünen selbst bisher in Interviews und Pressekonferenzen vermitteln konnten. Bei der kommenden Bundestagswahl wird es um Konzepte und Kompetenz gehen. Aus genau diesem Grund profitiert die Linke nicht von der Wirtschaftskrise und den teils dramatischen Einschnitten, die diese für die Menschen bringt. Deshalb profitiert auch eine taumelnde und ideenlose SPD nicht, sondern die Partei der Kanzlerin, die sich geschickt als Macherin positioniert. Hier könnten die Grünen als Partei mit Visionen punkten, könnten einen aktiven Gegenpart zur eher passiven Haltung von Angela Merkel stellen.

Dafür bleibt aber einiges mehr zu tun, als nur ein paar Plakate zu kleben. Auf der ganzen Linie müssen Politiker und Verbände verbreiten, was der Slogan aussagt. Aus der Krise hilft nur Grün? Dann erklärt es mir.

Bilder: gruene.de

Nichtmitglieder bevorzugt

Die Grünen mögen offensichtlich ihre parteilosen Unterstützer lieber als ihre eigenen Mitglieder. Auf die Idee könnte man jedenfalls kommen, wenn man die Sozialen Netzwerke miteinander vergleicht, die für beide Gruppen gesondert geschaffen wurden. Das Grüne „Wurzelwerk“ für diejenigen mit Parteibuch ist seit mittlerweile fast zwei Wochen wegen schwerwiegender Mängel vom Netz gestellt. Das Netzwerk für die Unterstützer heißt „Meine Kampagne“ und erschien am Freitag in bunter Farben- und Funktionspracht, ganz ohne mit lästigen technischen Problemen zu nerven.

fireshot-capture-20-bundnis-90_die-grunen-bundespartei-meine-kampagne-www_gruene_de_meine-kampagne_htmlDie Unterstützer können in der frühen Phase des Wahlkampfs schon die Wahlkämpfer-Rüstung anziehen und der Partei ihre Daten zur Verfügung stellen. Ganz gezielt können sie dabei auswählen, welche Information die Geschäftsstelle wie verwenden darf. Mit einer so detaillierten Steuerung liegt die Seite bei Datenschützern weit vorne.

Bestimmte Aktionen wie eine Unterschriftenliste für den „Green New Deal“ oder die schon bekannte „Meine Daten gehören mir“-Kampagne finden sich jetzt unter dem Dach des Netzwerks vereint. Außerdem können die Unterstützer die Informationen bestimmter Themenbereiche getrennt abonnieren und werden bei startenden Aktionen benachrichtigt.

Etwas undurchsichtig sieht noch der Community-Teil des Netzwerks aus. Wollen die Grünen wirklich auf eine Vernetzung der Unterstützer verzichten, wie es bisher den Anschein hat? Jedenfalls lassen sich in den Seiten des Unterstützernetzwerks weder Profile anlegen, noch nach andere Mitgliedern suchen oder sich in Gruppen zusammen finden.

Vielleicht liegt es ja daran, dass das Netzwerk für Unterstützer besser läuft, als das für Parteimitglieder. Vielleicht liegt die Stabilität ja schlicht darin begründet, dass das Netzwerk … gar kein Netzwerk ist.

Screenshots: gruene.de

Wurzeln wachsen langsam

Heute ging das grüne Mitgliedernetz für den Wahlkampf in diesem Jahr online. Bisher ist eine Beurteilung für Nichtmitglieder nicht möglich, nur Parteimitglieder haben in den letzten zwei Tagen ihre Zugangsdaten mit der Post bekommen. Einige Aussagen lassen sich aber auch ohne Einblick in das System treffen.

1. Nichtmitglieder müssen – vorerst – draussen bleiben

Auch wenn das „Wurzelwerk“ getaufte soziale Wahlkampfnetzwerk der Grünen heute online ging, werden Nichtmitgliedern jegliche Einblicke versagt. Grundsätzlich finde ich es einen legitimen Gedanken, weite Bereiche des Mitgliedernetz oder sogar den gesamten Zugang nur den eigenen Parteifreunden zu gewähren. Schließlich sind diese nicht nur die einzige Zielgruppe, es mangelt wohl auch nicht an internen Informationen.

Aber die Grünen wollen die Externen Besucher ja gar nicht aussperren, sondern bitten sich einfach noch einige Zeit mehr aus. Die Betreiber versprechen eine Öffnung für Besucher ab Ende nächster Woche, verschenken damit aber unnötig öffentliche Aufmerksamkeit. Für anderthalb Wochen Verzögerung riskiert man das ungute Gefühl der Intransparenz und versteckt die möglicherweise beeindruckenden neuen Möglichkeiten vor der Öffentlichkeit.

2. Auch Mitglieder kämpfen mit dem Wurzelwerk

Die Berichte über extreme Wartezeiten oder gar fehlende Erreichbarkeit des Wurzelwerks dauern schon den ganzen Tga an. Die Twitter-Suche malt ein beeindruckendes Bild davon. Lars Brücher spottet: „Logins werden sicher händisch freigeschaltet, wenn da einer eine rauchen ist, kann das ein bisschen dauern“. Till Westermayer kann auch sein Lied vom Anmeldevorgang singen: „Bisheriger Eindruck: das Login dauert über 5 Minuten. Bin noch immer nicht drinne.“ Über Fehler bei der Gruppenfunktion oder falsche Zuordnung in Landesverbände beklagen sich weitere Benutzer. Der Begriff „alpha“, also unfertige Software, macht schon die Runde.

Warum all diese technischen Probleme auch nach der langen Testphase mit einigen netzaffinenen Grünen noch immer bestehen, bleibt natürlich offen. Vermutlich sind es auch wirklich handfeste Probleme, mit denen die Betreiber zu kämpfen haben. Möglicherweise wäre aber dann doch eine spätere Veröffentlichung sinnvoll gewesen. Auch in der Natur wachsen Wurzeln eben langsam.