Onlinewahlkampf zu den Landtagswahlen Saarland, Sachsen und Thüringen

In drei Bundesländern wird am 30. August gewählt und überall dürfte es spannend werden. Ein Grund sich die Online Aktivitäten der Parteien mal anzusehen. Sylvia Braun hat bereits im April die Internetseiten der Spitzenkandidaten angesehen und kürzlich auch die Seiten der fünf im Bundestag vertretenen Parteien bezüglich ihrer Onlinekampagnen unter die Lupe genommen. Für Homopoliticus hat sie die Ergebnisse zusammengefasst und ein Fazit gezogen.

Saarland:

FireShot capture #002 - 'CDU Saar I CDU Saar I home' - www_cdu-saar_de_content_pages_home_htmFireShot capture #003 - 'Hauptseite - Peter Müller' - www_peter-mueller_de_content_pages_home_htmFireShot capture #004 - 'PMT-Camp-09 — Das Webcamp des Peter-Müller-Teams_' - www_pmt09_de

Die CDU setzt hier ganz auf den Landesvater Peter Müller, dessen persönliche Seite als Wahlkampfplattform genutzt wird. Peter Müller ist selbst nicht in den sozialen Netzwerken zu finden, hinterlässt jedoch mit seinem Peter-Müller-Team einen durchaus dynamischen Eindruck. Dadurch bleibt er selbst im Netz zwar etwas unpersönlich, was er aber wohl im „richtigen Leben“ gut ausgleichen kann.

FireShot capture #005 - 'SPD Saar_ Wir machen's_' - www_spd-saar_deFireShot capture #007 - 'Heiko Maas_ Der neue Mann' - www_heiko-maas_de

Die SPD hat eine ganz auf Wahlkampf ausgerichtete Seite und verkauft ihren etwas spröden Kandidaten Heiko Maas recht geschickt  als James Bond Verschnitt. Dieser setzt durch sein Engagement bei Twitter, Social Networks und einem Blog  persönlich eine ganz besondere Note und lässt damit das Unnahbare fast in Vergessenheit geraten.

FireShot capture #008 - 'Politik für dich_ FDP Saar - Die Saarliberalen' - www_fdpsaar_deFireShot capture #009 - 'Christoph Hartmann will ein lebenswerteres Saarland für dich, durch sichere Arbeitsplätze, bessere Bildung und niedrigere Steuern_ Du auch_' - www_christoph-hartmann_net

Die FDP startet mit Art Memory-Seite mit (wie ich finde peinlichen) Testimonials, einigen Inhalten und Verlinkungen zum Wahlkampf. Meiner Meinung nach ist die Bedienung der Seite nur etwas für fortgeschrittene Nutzer. Auf der Seite der Partei  im klassischen Desgin wird der Wahlkampf  fast ausblendet. Zwar ist ihr Spitzenkandidat Christoph Hartmann aktiv bei Facebook und Twitter, auf den Internetseiten bekommt dies aber keinen gebührenden Platz (nicht mal der Spitzenkandidat ist verlinkt) und so wird viel Aktivität hier einfach verpuffen, weil der Multiplikator fehlt.

FireShot capture #010 - 'Grüne Saar - Homepage' - partei_gruene-saar_deFireShot capture #011 - 'Saarland Verändern' - saarland-veraendern_de

Die Grünen haben eine veraltetet Präsenz, verweisen aber gleich auf  ihre Wahlkampfseite. Diese ist viel besser, aber auch keinen großer Wurf, alles wirkt etwas verkrampft und zu sehr gewollt. Aber man hat sich an dem Auftritt der Bundespartei orientiert, wo die Einbindung von interaktiven Elementen Standard ist.

FireShot capture #012 - 'DIE LINKE_ Landesverband Saarland_ Wahlen' - www_dielinke-saar_deFireShot capture #013 - 'DIE LINKE_ Oskar Lafontaine_ Startseite' - www_oskar-waehlen_de

Die Linke hat mit Oskar Lafontaine lange für eine eigene Internetpräsenz für ihren Spitzenkandidaten gebraucht, diese auch noch mindestens einmal komplett umkonzipiert. Er hat auch erst sehr spät Verlinkungen zu sozialen Netzwerken eingebunden.

Links:
Artikel über die Spitzenkandidaten (April 09)
Artikel über die Parteiseiten (August 09)

Sachsen:

FireShot capture #014 - 'Wahlstraße' - wissen_cdu-sachsen_de_go_htmlFireShot capture #015 - 'Stanislaw Tillich' - www_stanislaw-tillich_deFireShot capture #017 - 'Unser Sachsen_ Etwas ganz besonderes' - www_sachsenstark_de

Als ich mir im April die sächsischen Seiten zum ersten Mal angesehen habe, was das einfach nur gruselig oder nicht vorhanden. Hier hat sich tatsächlich viel getan. Die CDU setzt auch voll auf Wahlkampf und hat das interessantes Konzept einer Wahlstraße umgesetzt, wo man in einer umlaufenden Grafik themenbezogene Grafiken für mehr Informmationen auswählen kann. Gut gemacht, aber sicher auch etwas für den fortgschrittenen Nutzer mit guter Technik.  Der Spitzenkandidaten Stansilaw Tillich wird als „Der Sachse“ (ist er nicht Sorbe???) mit einem eigenen Portal in Szene gesetzt. Außerdem gibt es ein Wahlkampfteam „Sachsenstark„, da sich hier wie im Saarland der Spitzenkandidat nicht persönlich ins Zeug wirft (was natürlich auch, wie bei Peter Müller, mit der aktuellen Funktion als MP zu tun haben dürfte).  Alles in allem ein rundum verbessertes Angebot mit ein paar handwerklichen Fehlern und fehlender Transparenz an manchen Stellen.

FireShot capture #018 - 'SPD Sachsen I Anpacken_ Für Sachsen_' - spdsachsen_deFireShot capture #019 - 'Thomas Jurk I Wirtschafts- und Arbeitsminister' - www_thomas-jurk_de

Die SPD hat es in Sachsen natürlich schwer, entsprechend sparsam ist auch der Online Wahlkampf ausgefallen. Man baut auf vorgegebene Strukturen und kann wenig Akzente setzten. Zwar twittert der Spitzenkandidat  Thomas Jurk, reißt aber damit nicht wirklich mit. Und die Unterstützerliste ist auch ganz schön traurig.

FireShot capture #020 - 'Homepage' - www_fdp-sachsen_de

Die FDP in Sachsen hat eine übersichtliche Seite mit der klassischen Einbindung von sozialen Netzwerken, an manchen Stellen jedoch etwas unglücklich verlinkt. Ebenso unglücklich wird die Domain des Spitzenkandidaten Holger Zastrow auf die Startseite der FDP Sachsen Seite weitergeleitet, wo sich doch als Weiterleitungsziel die Rubrik des Kandidaten angeboten hätte.

FireShot capture #022 - 'Startseite - BÜNDNIS 90_DIE GRÜNEN Sachsen' - www_gruene-sachsen_deFireShot capture #023 - 'Landtagswahl 2009 - BÜNDNIS 90_DIE GRÜNEN Sachsen' - www_gruene-sachsen_de_wahlen_ltw2009_htmlFireShot capture #024 - 'Startseite - Antje Hermenau' - www_antje-hermenau_de

Die Grünen haben auf ihrer auffällig verlinkten Wahlkampfseite ein paar wirklich witzige und interessante Aktionen zum Mitmachen (Fotoaktion) und sind gewohnt netzwerklastig verlinkt. Auch deren Spitzenkandidatin Antje Hermenau hat ihre Seite in dieser Hinsicht gut gestaltet.

FireShot capture #025 - 'DIE LINKE_ Sachsen' - www_dielinke-in-sachsen_deFireShot capture #026 - 'Dr_ André Hahn – Ministerpräsident für Sachsen «' - www_andre-hahn_eu

Die Linke hat einen Twitterfeed (allerdings ganz weit unten) eingebunden, womit sich dann aber auch schon die Interaktivität erschöpft. Der Spitzenkandidat Andre Hahn ist prominent verlinkt und bloggt fleißig, lässt aber keine Kommentare zu seinen Erlebnissen und Standpunkten zu.

Links:
Artikel über die Spitzenkandidaten (April 09)
Artikel über die Parteiseiten (August 09)

Thüringen:

FireShot capture #027 - 'Ministerpräsident Dieter Althaus_ Herzlich Willkommen' - www_dieter-althaus_deFireShot capture #028 - 'CDU - die Thüringenpartei_ CDU Thüringen' - cdu-thueringen_deFireShot capture #029 - 'TEAM THÜRINGEN' - www_team-thueringen_de

Der etwas umstrittene Landesvater Dieter Althaus hatte schon im April seine Seite im  alten „Obama-Design“ online, am Konzept der Seite hat sich in den letzten Monaten auch nicht viel geändert. Er bloggt zwar hin und wieder, doch auch hier: keine Kommentarfunktion. Die CDU Thüringen setzt bei Interaktivität ganz auf ihre Team Thüringen. Dieses Team ist leider eine geschlossene Veranstaltung, ohne Anmeldung geht hier fast nichts – und das geht gar nicht!

FireShot capture #030 - 'Christoph Matschie' - www_christoph-matschie_de_blogFireShot capture #031 - 'Neue Kraft für Thüringen_' - www_thueringen09_de

Die SPD hat genauso wie ihr Spitzenkandidat Christoph Matschie eine solide, modernen Seite im Netz, mit den klassischen Verlinkungen zu den sozialen Netzwerken und einer nett gemachten Twitterfeed-Einbindung als Sprechblase bei Matschie.

FireShot capture #032 - 'FDP Thüringen - Die Liberalen online - Aktuelle News' - www_fdp-thueringen_deFireShot capture #033 - 'Aktuelles - Uwe Barth' - www_uwe-barth-thueringen_de

Die FDP macht auf den ersten Blick einen guten Eindruck, bei näherem Hinsehen wirkt dann doch alles etwas unstrukturiert und mehr auf den Bundestagswahlkampf konzentriert. Der Spitzenkandidat Uwe Barth hat dann auch eine ganz einfache Seite, die zu der anderen nicht recht passen will und soziale Netzwerke ganz außen vor lässt.

FireShot capture #034 - 'GRÜN rein! Alt raus!' - www_sommergruen_deFireShot capture #035 - 'Astrid Rothe-Beinlich_ GRÜN rein! Alt raus!' - www_rothe-beinlich_de

Die Grünen haben mit ihrem Slogan „Alt raus – Grün rein“ gleich einen genialen Eyecatcher, der Rest ist dann aber doch etwas unglücklich geraten mit unscheinbaren Twitterfeeds und Verlinkungen zu Facebook. Der Twitterlink ist bei der Spitzenkandidatin Astrid Rothe-Beinlich schon auffälliger gelungen, damit hat sich die Interaktivität dann aber auch schon erschöpft.

FireShot capture #037 - 'Die Linke Thüringen' - www_die-linke-thueringen_deFireShot capture #038 - 'Bodo Ramelow - Ministerpräsident für Thüringen' - www_bodo-ramelow_de

Die Linke setzt im Wahlkampf ganz auf ihren Spitzenkandidaten Bodo Ramelow. Dieser hat seine Seite in dieser Form offensichtlich nicht erst kurzfristig zu Wahlkampfzwecken und ist überall vernetzt, wobei das besser verlinkt sein könnte. Sein Blog wird gut gefüttert und er lässt tatsächlich Kommentare zu und antwortet auch darauf.

Links:
Artikel über die Spitzenkandidaten (April 09)
Artikel über die Parteiseiten (August 09)

Mein Fazit…

…für alle Bundesländer (und vermutlich nicht nur für diese):
Online-Wahlkampf bedeutet nicht die Anzahl der Unterstützer in den verschiedenen Netzwerken zu zählen. Es ist der Wille zur Kommunikation mit dem Wähler. Die Netzwerke können das nur erleichtern. Noch ist der Online-Wahlkampf über den Schwerpunkt des eingleisigen Informierens nicht wirklich hinaus gekommen. Eine Kommunikation findet in den seltensten Fällen statt, aus Angst vor Kontrollverlust lässt man zum Beispiel die Kommentarfunktion in einem Blog dann doch lieber deaktiviert. Wie man allerdings auch am Beispiel des Blogs von Bodo Ramelow an den doch recht dünn gesäten Kommentaren sehen kann, ist der Bedarf beim Wähler zur Kommunikation und der damit verbundenen öffentlichen Stellungnahme auch nicht besonders groß.

Erschwerend kommt hier noch hinzu, dass es sich gerade bei diesen drei Bundesländern um Länder handelt, die in der Nonliner-Studie in fast allen Bereichen auf den hinteren Plätzen rangieren, d.h. gerade hier die Nutzerzahlen von Online-Angeboten niedriger als in anderen Bundesländern sind.  Doch wie uns die vermittelte Nähe durch das Teilhaben am Leben der Kandidaten in unserer  Wahlentscheidung beeinflussen kann, ist schwer messbar. So kann mir ein Kandidat sympathischer oder unsympathischer werden, wenn ich z.B. über Twitter ein wenig an seinem Leben teilnehmen kann. Er wird in den aller meisten Fällen menschlicher werden und macht so eine pauschale Ablehnung wegen eines Parteibuches nicht so einfach. Einen ähnlichen Effekt kann ein funktionierendes Team (ein Weg, den die CDU offensichtlich gerne – mit unterschiedlichem Erfolg – geht) haben, dessen Engagement für den Kandidaten beeindrucken kann und diesen so besser aussehen lässt.

Einen Aha-Effekt wie ansatzweise im hessischen Onlinewahlkampf hat in diesen drei Wahlkämpfen auf jeden Fall gefehlt. Die Satire auf das Getwitter von Thorsten Schäfer-Gümbel durch Martin Sonneborn war eben diesbezüglich ein Glücksfall (oder eine geschickte Strategie??). Eine Aktion dieser Art hätte dem Onlinewahlkampf vielleicht noch einen Schub geben können, aber beeinflussen wird er auch diesmal wohl wieder kaum das Wahlergebnis.

Sylvia Braun ist Autorin des Blog Politik 2.0, das sich mit der Tauglichkeit von politischen Internetseiten im Hinblick auf deren Interaktivität beschäftigt. Sie ist selbstständig tätig, berät bei der Konzeption von politischen Internetseiten und führt Website-Checks durch.

Bilder: Die jeweiligen Parteien

Parteien im Web: Barrieren für Behinderte

Für blinde und sehbehinderte Menschen ist das Internet eine wichtige Informationsquelle. Mithilfe von Screenreader, Sprachausgabe und Braillezeile ist das Surfen möglich. Aber auch die Webseiten müssen einige Voraussetzungen mitbringen. Das Stichwort hierfür ist Barrierefreiheit. Wie sieht es in Sachen Zugänglichkeit bei den Kampagnen-Seiten der Parteien aus? Auch blinde und sehbehinderte Menschen möchten sich vor der Bundestagswahl über Personen, Programme und Themen informieren. Ist das möglich? Haben die Parteien an behinderte Bürger gedacht? Zusammen mit dem Accessibility-Experten Thomas Mayer habe ich die Startseiten der Parteien getestet.

CDU

CDU.de kommt sehr unübersichtlich daher. Es gibt keine Überschriften, die der Screenreader erkennen und anspringen kann. Ich muss mir die Seite komplett vorlesen lassen, weil ich auch keine Navigationsliste finde. Mich interessiert ein Video: „Eine Antwort auf die Angriffe der SPD“. Ich kann es nicht anklicken. Bei dem Kampagnen-Portal der CDU wurde offensichtlich nicht an Barrierefreiheit gedacht. Auffällig ist das Fehlen jeglicher HTML Strukturelemente. Die Schriftgröße kann im Internet Explorer nicht individuell eingestellt werden – das wäre für sehbehinderte User aber eine große Hilfe. Wichtige Inhalte, wie die Navigationsleiste in der rechten Spalte, sind als CSS-Hintergrundgrafiken angelegt. Damit sind diese Links für Nutzer von Screenreadern unzugänglich. Die Seite ist sehr Grafik-lastig, aber immerhin sind alle Bilder mit aussagekräftigen Alternativtexten versehen.

Fazit: Ungenügend.

SPD

Obwohl Parteien nicht gesetzlich zur Barrierefreiheit verpflichtet sind, erfüllt SPD.de viele Standards. Es wird neben der Standard-Version eine barrierefreie Ansicht ohne Animationen und JavaScript-Spielereien angeboten. Beide Versionen sind gut mit Überschriften und Listen strukturiert, alles lässt sich prima mit der Tastatur steuern und die Alternativtexte für Grafiken sind aussagekräftig. Als einzige Partei bietet die SPD Sprunglinks an, die es Tastaturbenutzern ermöglichen, direkt zum Inhalt der Seite zu springen.

Fazit: Gut.

FDP

Auch FDP.de hat strukturierte Listen und Überschriften, die mein Screenreader erkennt. Manche Grafiken und Überschriften bestehen für den blinden Leser aber nur aus Zahlen-Kolonnen. Es gibt kleinere Probleme im Zusammenhang mit der Verwendung von Hintergrundgrafiken. Als einzige Partei bietet die FDP einen Styleswitcher an, mit dem die Nutzer die Schriftgröße verändern können.

Fazit: Befriedigend.

Grüne

Gruene.de begrüßt mich mit einem Link „Großbanken wie die Deutsche Bank müssen zu Transparenz gezwungen werden“. Ich erwarte aber als erstes eine übersichtliche Linkliste, so dass ich schnell die gewünschten Inhalte ansteuern kann. Diese Liste erscheint auf meiner Braillezeile aber erst ganz unten. Außerdem fehlen strukturierende Überschriften. Es werden zahlreiche Banner und Animationen eingesetzt. Bis auf einige Schaltflächen mit englischen Texten sind die Alternativtexte der Grafiken aussagekräftig. Trotzdem sind grafische Banner problematisch: Sie funktionieren nur bei einem visuellen Zugang und lassen sich nicht an individuelle Anforderungen (z.B. Schriftgröße oder Farbe) anpassen – somit können sehbehinderte User die Seite kaum nutzen. Weitere Probleme gibt es bei der Schriftvergrößerung. Die Schrift lässt sich zwar vergrößern, aber schon bei geringer Vergrößerung werden Inhalte abgeschnitten und sind nicht mehr lesbar. Auch bei den Grünen ist der Einsatz von Hintergrundgrafiken problematisch. Einige Bereiche, wie „Meine Kampagne“ oder der komplette Kopfbereich der Seite, sind dadurch unzugänglich.

Fazit: Mangelhaft.

Linke

Die-Linke.de erfüllt einige Standards der Barrierefreiheit: Überschriften und Listen sind so strukturiert, dass sie ein Navigieren vereinfachen. Grafiken haben einen Alternativtext. Die Linke verwendet für einige grafische Banner das HTML longdesc-Attribut. Dadurch sagt mein Screenreader bei einer Grafik „Drücken Sie Eingabe für lange Beschreibung“. Wenn ich das tue, kommt aber keine lange Beschreibung. Das Attribut wird falsch eingesetzt. Durch die Verwendung einer bestimmten JavaScript-Funktion in den Links der Navigation, ist das Angebot für Menschen, die keine Maus nutzen können und stattdessen mit der Tabulator-Taste durch eine Seite navigieren, im Internet Explorer praktisch nicht mehr nutzbar – somit schließt die Partei alle motorisch eingeschränkten User aus, die z. B. durch eine Spastik keine Maus benutzen können. Davon abgesehen gibt es noch Probleme mit der Schriftvergrößerung im Internet Explorer. Einige Bereiche lassen sich nicht vergrößern. Bis auf das Logo der Partei sind alle Grafiken mit Alternativtexten versehen.

Fazit: Mangelhaft.

Piraten

Piratenpartei.de kommt ohne Schnörkel daher. Für blinde und sehbehinderte Nutzer ist das erfreulicher als die Grafik- und Animationslastigen Angebote anderer Parteien. Anscheinend wird das Standard-Template des Content-Managment-Systems Drupal eingesetzt. Das ist aber kein Nachteil. Im Gegenteil, diese valide und gut strukturierte Vorlage ist eine gute Voraussetzung für eine barrierefreie Website. Es gibt eine Navigation, Grafiken sind mit Alternativtext beschriftet. Spezielle Optimierungen bezüglich der Barrierefreiheit sind aber nicht erkennbar.

Fazit: Befriedigend.

Zusammenfassung

Bis auf das Angebot der SPD hat jede Website größere und kleinere Probleme mit der Barrierefreiheit. Nur bei der SPD ist erkennbar, dass das Thema Barrierefreiheit bei der Entwicklung berücksichtigt wurde. Befriedigend sind die Auftritte der FDP und der Piratenpartei. Diese Websites wurden nicht speziell auf Barrierefreiheit optimiert. Sie profitieren aber von ihrer zeitgemäßen Umsetzung, die eine Grundversorgung in Sachen Barrierefreiheit sicherstellt. Die Grünen haben vor allen Probleme mit der individuellen Anpassbarkeit ihrer Inhalte. Die Linke disqualifiziert sich durch nur einen kleinen aber sehr schwerwiegenden Fehler. Nicht akzeptabel ist das Angebot der CDU.

Die Autoren:

Heiko Kunert (33) ist Sprecher des Blinden- und Sehbehindertenvereins Hamburg (BSVH). Er erblindete mit sieben Jahren durch einen Tumor. In seinem Blog und bei Twitter schreibt er über seine Arbeit und das blinde Leben in Hamburg.

Thomas Mayer (41) arbeitet für den BSVH als Berater im Projekt „barrierefrei informieren und kommunizieren“. BIK testet Websites auf ihre Zugänglichkeit und informiert Agenturen, Unternehmen und Behörden bei der Gestaltung ihrer Internet-Angebote.

Wahlprogramme 2009

Dialogbereitschaft der Parteien findet man nicht im Onlinewahlkampf 2009 und man hat sich schon damit abgefunden. Aber die Parteien scheitern im Netz schon daran, den Wählern von oben herab zu erklären, wofür sie eigentlich antreten.

Obwohl nicht mehr viele Wochen bis zur Bundestagswahl bleiben, scheinen die Parteien selbst ihre Wahlprogramme verstecken zu wollen. Mitten im Wahlkampf erwartet man doch einen Verweis zu den Wahlprogrammen, der prominent auf der Startseite platziert ist – doch man muss sich in einigen Fällen erst mühsam durch die halbe Internetseite klicken.

Programme nur als PDF

Leider haben die Parteien auch nicht aus den letzten Wahlen gelernt. Weiterhin sucht man vergeblich nach visualisierten oder zumindest zusammengefassten Wahlprogrammen. Stattdessen bietet man den Nutzern nur die üblichen nutzerunfreundlichen Komplettprogramme in pdf-Form.  Immerhin bieten die meisten Parteien wenigstens eine Auflistung ihrer wichtigsten Ziele an. Mal in Form einer Top 8, mal als Top 10. Die Linkspartei sowie die Piratenpartei sind die einzigen, die ihre Wahlprogramme auch in html anbieten und damit den Zugang insgesamt erleichtern.

Eine Besonderheit bietet die FDP an, die in einer Synopse die Wahlprogramme der fünf großen Parteien gegenüber gestellt hat. Das macht das Vergleichen immerhin ein bischen einfacher, auch wenn man sich durch 67 eng beschriebene Seiten arbeiten muss.

Um zumindest den Suchprozess zu vereinfachen listen wir im folgenden die Wahlprogramme von CDU, SPD, FDP, Bündnis90/Die Grünen, Linkspartei und Piratenpartei. Als Veranschaulichung haben wir von allen Parteiprogrammen Wortwolken erstellt. Um die zentralen Inhalte der Programme darzustellen, haben wir Kopf- und Fußzeilen entfernt und den reinen Text bei wordle nach seiner Gewichtung sortieren lassen.

CDU

cdu

Das Wahlprogramm der CDU als
PDF (2,5 MB) | In 10 Punkten

SPD

spd

Das Wahlprogramm der SPD als
PDF (0,5 MB) | In 8 Punkten

FDP

fdp

Das Wahlprogramm der FDP als
PDF (0,3 MB) | Video

Bündnis 90/Die Grünen

Grün

Das Wahlprogramm der Grünen als
PDF (1,2 MB) | In 10 Punkten

Linkspartei

linke

Das Wahlprogramm der Linken als
PDF (0,3 MB) | Internet

Piratenpartei

piraten

Das Wahlprogramm der Piraten als
PDF (0,4 MB) | Internet

Wahlplakate 2009

Nur noch anderthalb Monate sind es bis zur Bundeswahl und allmählich haben alle Parteien ihre diesjährigen Wahlplakate vorgestellt. Auf homopoliticus.de finden sich alle Plakatmotiven von CDU, SPD, Grünen, FDP und der Linken mit einer Analyse von Achim Schaffrinna.

Interessant ist die Verteilung von Themen- und Personenwahlkampf unter den Parteien. Die Kanzlerinnenpartei CDU stellt ihre beliebten (und manche unbeliebtere) Spitzenpolitiker rund um Angela Merkel auf. Die SPD setzt dagegen auf einen Themenwahlkampf für Frank-Walter Steinmeier, der als einziger Spitzensozialdemokrat ein eigenes Plakat erhält. Auf der anderen Seite des Spektrums setzen die Grünen durchweg auf Inhalte und werfen mit einer schon unüberschaubaren Menge an Forderungen um sich. Wer soll bei 11 Themenplakaten noch durchblicken? Die Spitzenkandidaten Trittin und Künast jedenfalls fehlen auf den Plakatmotiven (Update: Mit Dank an Till Westermayer haben wir die Personenplakate der Grünen eingefügt). Den ausgewogensten Mix zwischen Themen und Köpfen zeigt die Linkspartei, die Lafontaine und Gysi mit gleich 4 Motiven prominent neben den 6 Themenplakaten positioniert.

Für uns kommentiert Achim Schaffrinna vom Design Tagebuch die Gestaltung der Wahlplakate 2009. Vielen Dank dafür.

CDU

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Die gestalterische Qualität zeigt sich in vielen Bereichen. Das Farbkonzept ist ausgereift. Blaue Töne schaffen Vertrauen, die dank der türkisfarbenen Akzente, die mal dezent und mal stärker gesetzt sind, keine Schwere und keine Trägheit verkörpern, sondern eine lebendige Frische ausstrahlen. Orange als fester Bestandteil des Corporate Designs der CDU ergänzt das Konzept. Der variable Aufbau und die Ausrichtung der typografischen Elemente unterstreicht diese Lebendigkeit, die man in der hier gezeigten Galerie wunderbar veranschaulicht sieht. Bei der Typografie fiel die Wahl – trotz eigener Hausschrift („CDU Kievit“) – auf die Helvetica, die bauchiger ist und weiter läuft. Der enge Zeilenabstand in Kombination mit Großbuchstaben lässt die Plakate zeitgemäß erscheinen. Das Besondere an den Plakaten ist, dass sie nicht in Baukastenmanier entstanden sind – also anderer Kopf rein > neue Überschrift > fertig – sondern ausgehend von der Fotografie jeweils eine individuelle Anordnung von Text und Bild geschaffen wurde. Einzig das CDU-Logo ist als feste Konstante stets rechts unten eingebunden. Die Fotos selbst sind allesamt Momentaufnahmen und keine Porträts. Auch das unterscheidet sie von den Mitbewerbern. In Photoshop wurde nachträglich hier ein Blendenfleck und da ein Weichzeichner angelegt um den Eindruck des Flüchtigen zu unterstreichen. Das Konzept hinter den Plakaten lautet: Natürlichkeit ist Trumpf.

Fazit: Tolle Arbeit. Feine Plakate. Würde man nicht eine Partei wählen, sondern die Gestaltung der Plakate, wäre dies mein Favorit.

SPD

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Nach der mutigen, gestalterisch einzigartigen und von einigen Seiten kritisierten SPD-Kampagne zur Europawahl fallen die Plakate zur Bundestagswahl doch eher gewöhnlich aus. Aufmacher der Plakate sind Textbotschaften, die in imposanter Größe und Stärke, gesetzt in der SPD-Hausschrift „TheSans“, auch bei schneller Vorbeifahrt noch aufgeschnappt werden können. Die Aufbereitung eines Informationskonzentrats, dass leicht konsumiert werden kann, ist ein tragendes Moment solcher Wahlwerbeplakate. Statt Köpfe werden Gründe präsentiert, die sich die Bundespartei vielleicht vom Oberbürgermeister von Hannover Stephan Weil „abgeguckt“ hat. Neben der rein typografischen Serie, gibt es eine Linie, in der Menschen wie du und ich „ihren“ Grund benennen. Gutausehend sind sie. Die Attraktivität der abgebildeten Menschen soll bestenfalls in Form eines Image-Transfers auf die Partei abfärben. So jedenfalls die Philosophie hinter der Testimonial-Idee. Die Fotos sind inszeniert, wirken aber natürlich.

Fazit: Handwerklich gibt es nichts zu bemängeln. Das lässt sich auch zum Corporate Design der SPD sagen, obwohl ich mich immer noch mit dem neuen 3D-Logo der SPD schwer tue. Gestalterisch können sie nicht an die provozierende EU-Serie anknüpfen.

FDP

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Einheitskost par Excellence! Diese Art der Wahlwerbung kennen wir seit Jahrzehnten und nehmen sie kaum noch zur Kenntnis. Da hilft auch das schreiende Gelb nicht. Ein Lächeln für die Kamera. Die Deutschlandfahne dezent im Hintergrund und eine, teils schlecht gesetzte Überschrift. Das ist stereotyp, abgegriffen und ebenso einfallslos wie die Botschaft „Mehr Netto vom Brutto“. Im Plakat von Otto Solms steht das gelb gesetzte „besser“ auf gelbem Untergrund. Oh wei. Liebe FDP-Plakat-Gestalter, das geht deutlich besser. Bitte denkt doch an die Menschen, die die Botschaften lesen sollen.

Fazit: Die Gestaltung, soviel lässt sich ablesen, ist kein Schwerpunkt der FDP. Sie liefert mit weitem Abstand das konservativste Angebot zum Thema Wahlwerbung.

Grüne

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Nachdem WUMS gestalterisch eher nach hinten los ging, sind die Grünen wieder näher bei sich, wie ich meine. Die Plakate sind im rohen Graffiti-Look angelegt. Natürlich geht heute keiner mehr mit der Sprühdose los. Mit entsprechender Werkzeugspitze werden Schriftzüge und Bildelemente detailverliebt in Photoshop erstellt. Das ist handwerklich gekonnt. Ganz bewusst werden Schablonenkanten mit der Maus gesetzt, um den Eindruck zu vermitteln, man sei wild, rebellisch und authentisch. Street-Art ist ganz nah bei den Menschen. Das steckt hinter dem Konzept. Ich finde es gar nicht verwerflich, dass sich hier keiner die Finger mit Farbe schmutzig gemacht hat sondern nur der Anschein erweckt wird, man hätte die Wände besprüht. Der Aufbau nutzt, anders als SPD, FDP und Die Linke, keine Schablone. Man möchte meinen, je nach Lust und Laune wurden bildhafte Elemente und knackige Begriffe arrangiert. Grün, Gelb, Rot, Blau und Magenta erzeugen ein buntes Miteinander. Passt ja durchaus zu den Vorstellungen der Partei in Bezug auf das Zusammenleben von Menschen.

Fazit: Die Grünen präsentieren ein Design, das passt. Hinter der Unordnung steckt handwerkliche Akribi. Wer allerdings grundsätzlich die Partei nicht mag, dem wird vermutlich auch das Spröde und das Rohe in der Gestaltung nicht zusagen.

Die Linke

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Die Schriftart Helvetica findet sich bei der CDU und auch bei den Linken. Wohl eine der wenigen Gemeinsamkeiten der Parteien. Allerdings sieht man sie bei den Linken in einer sehr eng gestellten Form, die natürlich den Vorteil hat, dass man auf kleinem Raum viel unterbringen kann. Die Farbkombination Schwarz, Weiß, Rot ist alles andere als politisch unbelastet. Die schwarzen Lettern, in Kombination mit der scharf abgesetzten roten und weißen Fläche, wirken nicht nur nicht frisch und wenig natürlich, sie erscheinen aggressiv. Das Ausrufezeichen hinter jeder Überschrift ist gar nicht notwendig. Die Gestaltung selbst unterstreicht jede einzelne Forderung. Insofern ist es eigentlich eine gute Gestaltung, mögen muss man sie aber deswegen nicht. Stilistisch ist sie mir einfach zu hart, zu kompromisslos. Gerade die Bereitschaft zu Kompromissen zeichnet die Politik aus. Den Fotografien wiederum fehlt jede Stringenz und jeder Biss. Mal hängt die Unterlippe von Gisy schief und mal blickt Lafontaine offenbar vollkommen geistesabwesend in die Kamera. Das sind dann auch die einzigen Köpfe, die bei der Linken gedruckt wurden. Die anderen lassen ihren Hintern ablichten.

Fazit: Laut und wuchtig ist die Gestaltung. Hier werden keine feinen Töne angeschlagen. Auch wenn man den Stil nicht mag, so ist die Ausarbeitung der Plakate immer noch präziser als das Werk der FDP.

Soweit der Blick als Gestalter auf die Wahlplakate zur Bundestagswahl 2009. Ich fands spannend die Plakatserien der Parteien im Umfeld von Homo Politicus kommentieren zu dürfen. Überraschend ist für mich, dass die CDU in Bezug auf die Gestaltung gar nicht mal so konservativ erscheint, wie es ihrer Programatik entspricht. Sie gibt sich optisch jung, frisch und zeitgemäß. Die Grünen und die SPD liefern ansprechende Lösungen. Die Linke poltert in ihrem Erscheinungsbild und die FDP hat den Anschluss verloren und dümpelt im Design von gestern.

Achim Schaffrinna ist Diplom-Designer und Autor des Fachblogs Design Tagebuch. Lange Zeit im Agenturumfeld, arbeitet er heute als Leiter Design bei Madsack Online in Hannover und betreut dort seit Juni 2009 die digitalen Angebote des Verlagshauses Madsack.

Fotos: cdu.de, wahlkampf09.de, fdp.de, gruene.de, die-linke.de

Nicht siegen, um zu gewinnen

Wohl nur kurzfristig hat die leichte Begeisterung über den vermutlich gar nicht so unrealistischen Deutschland-Plan von Frank-Walter Steinmeier die Nachrufe auf die SPD verstummen lassen. Die aktuellen Umfragezahlen aller Institute jedenfalls sehen noch keine Spur einer Trendwende der ach so gebeutelten Sozialdemokraten.

Bertrand Benoit von der Financial Times schreibt den richtigen Beitrag in diese Zeit – mit der einfachen Botschaft, dass für die SPD keinesfalls alle Felle davon geschwommen sind. Er beschreibt zwei Fehler, die man vor allem als Beobachter aus dem Ausland machen kann; doch auch die Inländer sind davor nicht gefeit.

„There are two mistakes one can make when watching the election. The first is to think of it as a Merkel-Steinmeier confrontation. If it were, there would indeed be no doubt as to the outcome.

This is a competition between parties, and since no single grouping is popular enough to muster an outright majority in the Bundestag it is a contest between groups of parties, potential ruling alliances.“

Der erste Fehler, so Benoit, sei es, von einem Duell zwischen Merkel und Steinmeier auszugehen. Auch von einem Schlagabtausch von CDU und SPD will er nichts wissen, sondern rückt ganz pragmatisch die späteren Regierungskoalitionen beziehungsweise die Optionen dafür ins Bild. Es stehen sich also nicht Merkel und Steinmeier, nicht CDU und SPD gegenüber, sondern eine christliberale Koalition kämpft mit knappem Vorsprung gegen alles, was sie verhindern könnte. Ehrlicherweise gesteht Benoit aber sogleich ein, dass es sich dabei im wahrscheinlichsten Falle um eine große Koalition handeln muss. Für ihn allerdings kein Grund, von einer Niederlage der SPD zu reden. Ganz im Gegenteil:

„The second would be to define victory in similar terms for the CDU and SPD. As in 2005, Ms Merkel’s goal is for the CDU and the small Free Democratic party to obtain enough votes to form a coalition. Mr Steinmeier’s goal is to prevent this.

This matters because whether a re-elected Ms Merkel leads a centre-right alliance or another grand coalition would make a huge difference in areas ranging from tax policy to nuclear energy. Indeed, as grand-coalition chancellor over the past four years she implemented more measures from the SPD’s 2005 manifesto than from her own campaign pledges.“

Für Benoit ist es das logischste Wahlziel der SPD, eine erneute große Koalition anzustreben. Damit habe man die Möglichkeit, weiter an der Zukunft des Landes mitzuarbeiten. Man solle dabei nicht davon ausgehen, dass der Unterschied zwischen Schwarz-Gelb und Schwarz-Rot klein sei. Es gebe große Unterschiede in den verschiedensten Politikfeldern von Steuerpolitik bis zum Atomausstieg.

Über diesen anderen Blickwinkel auf die Wahl hinaus weist Benoit auf einige Erkenntnisse der Wahlforscher hin, die auch Jörg Schönenborn vom ARD Deutschland-Trend erwähnt. Da ist die Rede vom weitgehend ausgeschöpften Wählerpotenzial der CDU und FDP auf der einen Seite und den großen Reserven der mit der SPD sympathisierenden Nichtwählern. Benoit und Schönenborn ziehen auch beide den Vergleich zur vergangenen Wahl und den großen Kampagnenerfahrungen der SPD.

Wie auch immer der Wahlkampf in den nächsten Wochen verlaufen wird. Steinmeier muss bei der Bundestagswahl im September nicht siegen, um zu gewinnen.

Foto: flickr Stephanie Booth